Schlagwort: DSGVO

Können hypothetische Zugriffsmöglichkeiten bereits einen Datentransfer in ein Drittland i.S.v. Art. 44 DSGVO darstellen?

17. August 2022

Die Vergabekammer Baden-Württemberg hat mit einem nicht rechtskräftigen Beschluss vom 13. Juli 2022 (Az. 1 VK 23/22) für Diskussionen gesorgt. Sie ist der Auffassung, dass unzulässige Datenexporte auch dann vorliegen, wenn die entsprechende Infrastruktur durch eine europäische Tochtergesellschaft betrieben wird, welche zu einem amerikanischen Konzern gehört.

1. Sachverhalt

In einem Ausschreibungsverfahren streiten sich zwei Konkurrentinnen um einen Auftrag.  Eine Konkurrentin fordert hierin den Ausschluss der anderen aus dem Vergabeverfahren, da diese durch den Einsatz eines Rechenzentrumsbetreibers, dessen Konzernunternehmen in Drittstaaten ansässig ist, gegen die Bedingungen im Lastenheft im Kontext „Anforderungen an IT-Sicherheit und Datenschutz“ verstoße. Die Bedingungen lauten u.a. wie folgt:

“(…)

– Erfüllung der Anforderungen aus der DS-GVO und dem BDSG (…)

– Daten werden ausschließlich in einem EU-EWR Rechenzentrum verarbeitet bei dem keine Subdienstleister / Konzernunternehmen in Drittstaaten ansässig sind

(…)”

2. Vergabekammer Baden-Württemberg sieht unzulässige Übermittlung

Unter Drittländern versteht man Länder, die weder Mitglied der Europäischen Union noch des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) sind, z.B. die USA, Israel und die Schweiz. Durch die Ansässigkeit des Rechenzentrumsbetreibers in den USA sieht die Vergabekammer eine unzulässige Übermittlung in die USA. So genügt nach ihrer Auffassung schon die lediglich vorhandene Möglichkeit, auf personenbezogene Daten zugreifen zu können, unabhängig davon, ob ein solcher Zugriff am Ende erfolgt oder nicht.

3. Ausblick

Die Ansicht der Vergabekammer könnte möglicherweise eine richtungsweisende Entscheidung im Kontext einer bisher noch ungeklärten Frage darstellen. Können US-Tech-Anbieter weiterhin über eine europäische Tochtergesellschaft Dienstleistungen erbringen oder könnte dies trotz der Verwendung von Standardvertragsklauseln (Standarddatenschutzklauseln) zukünftig unzulässig sein? Es bleibt demnach spannend.

Die LDI NRW veröffentlicht Handreichung zu Online-Prüfungen an Hochschulen

2. August 2022

Seit der Covid-19 Pandemie legen Studierende ihre Prüfungsleistungen vermehrt online ab. Dabei werden personenbezogene Daten der Prüflinge verarbeitet. Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LDI NRW) veröffentlichte am 28. Juli 2022 eine Handreichung für eine DSGVO-konforme Durchführung solcher Prüfungen unter videobasierter Aufsicht.

Eine geeignete Rechtsgrundlage

Das Erfassen der Ausweisdaten und die Videoüberwachung der Prüflinge während einer Online-Klausur erfordert eine adäquate Rechtsgrundlage. Laut der LDI könne diese in Art. 6 Absatz 1 lit. c) oder e) DSGVO gefunden werden. Demnach müssten Maßnahmen erforderlich sein, um einer rechtlichen Verpflichtung oder einer Aufgabe im öffentlichen Interesse nachzukommen. Voraussetzung sei eine solche Rechtsgrundlage im materiellen Recht (Art. 6 Absatz 3 DSGVO). Diese sei mit § 64 Abs. 2 Satz 2 Hochschulgesetz NRW (HG NRW) gegeben. Hier ist festgelegt, dass Hochschulen in ihren Prüfungsordnungen entscheiden können, dass Prüfungen im elektronischen Format abgelegt werden. Dafür müssten ausreichende datenschutzrechtliche Regelungen hinsichtlich der Durchführung der Prüfung erlassen worden und die Durchführung auch im Einzelfall angemessen und erforderlich sein.

Bewertung einzelner Aufsichtsmaßnahmen der Hochschulen

Obwohl es immer einer Einzelfall-Überprüfung bedürfe, hat die LDI einige, von Hochschulen häufig zur videobasierten Aufsicht verwendeten Maßnahmen, bewertet. Maßnahmen seien immer mit der Eingriffsintensität ähnlicher Regelungen in Präsenzklausuren zu vergleichen. So sollten Prüflinge, wenn möglich, entscheiden dürfen, ob sie die Online-Prüfung in den Räumlichkeiten der Hochschule oder zu Hause absolvieren. Zudem seien Prüfungsformate ohne Aufsicht zu bevorzugen. Sofern notwendig, sei es jedoch zulässig, Prüflinge durch einen Abgleich von Lichtbildausweis und Gesicht zu authentifizieren. Die Aufzeichnung des Ausweises oder das Einsetzen von automatischen Gesichtserkennungssoftware sei jedoch unzulässig. Prüflingen dürfe die Nutzung von spezifischen Funktionen, die Betrugsversuche begünstigen, untersagt werden. Auch die ständige visuelle und akustische Sichtbarkeit des Gesichts, Oberkörpers und des Arbeitsplatzes könne gefordert werden. Die dauerhafte Aufzeichnung und Speicherung von Bild- und Tondateien sei jedoch unzulässig und könne nur ausnahmsweise durch einen konkreten Verdacht auf einen Täuschungsversuch gerechtfertigt werden. In jedem Fall unzulässig sei der Einsatz von mehreren Kameras in verschiedenen Winkeln oder die Sichtbarkeit der Aufnahmen für die Prüflinge untereinander.

Hinweise zur Verwendung von Videokonferenzanbietern

Die LDI weist darauf hin, dass sie seit den neuen Regelungen des Telekommunikationsgesetztes (TKG) und des Telekommunikations-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes (TTDSG) Videokonferenzdienste als Telekommunikationsdienste einordne und diese somit unter Aufsicht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) stehen. Die Anbieter seien selbst für die Datenverarbeitung im Rahmen ihrer Dienste verantwortlich. Die Hochschulen seien jedoch verpflichtet, solche Anbieter auszuwählen, die ein ausreichendes Datenschutzniveau gewährleisten können. Sofern die Anbieter weitere Dienste anbieten, z.B. zur Dokumenten-Bearbeitung, seien die Hochschulen für die Verarbeitung der Inhaltsdaten verantwortlich. Hier müssten dann geeignete Auftragsverarbeitungsverträge mit den Anbietern abgeschlossen werden.

Die Handreichung der LDI fügt sich in die generelle Diskussion zur Datenschutzkonformität vieler Videokonferenzanbieter ein. Auch der BfDi wies darauf hin, dass die Nutzung solcher Systeme mit Risiken für personenbezogene Daten einhergehe und dass angemessene Schutzmaßnahmen benötigt seien. In einer Untersuchung hatte die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit einige datenschutzrechtliche Mängel bei gängigen Anbietern festgestellt.

Die Debatte um Perioden-Tracker-Apps und einen möglichen Datenhandel – Teil 2

22. Juli 2022

Im ersten Teil unseres Beitrags haben wir uns letzte Woche mit Perioden-Tracker-Apps und der diesbezüglichen Rechtslage in den USA und in Europa beschäftigt.

Im zweiten Teil thematisieren wir heute das Problem des Datenhandels sowie die Frage, welche Konsequenzen sich für europäische Nutzerinnen von Perioden-Tracking-Apps ergeben.

Was ist Datenhandel und wie weit ist er verbreitet?  

Datenhandel ist ein weitverbreitetes Geschäft. Dabei sammeln Datenhändler alle möglichen Daten, die öffentlich einsehbar sind. Teilweise erwerben sie aber auch Daten von Unternehmen, die bereit sind, diese zu verkaufen. Dann verkaufen Datenhändler gewisse Daten weiter an Interessierte. Zweck dahinter ist meist zielgerichtete Werbung. Datenhandel kann aber auch für politische Kampagnen genutzt werden.   

In Europa wird Datenhandel durch die Vorgaben der DSGVO begrenzt. Ein Beispiel dafür sind die Anforderungen an eine Einwilligung. Eine solche können betroffene Personen abgeben, sodass ihre Daten dann auf Grundlage dieser Einwilligung weiter verarbeitet und gespeichert werden. In Europa ist durch die DSGVO genau vorgegeben, wie eine solche Einwilligung zu erfolgen hat. So muss die betroffene Person u.a. umfassend informiert werden. In den USA gibt es solche Voraussetzungen kaum, dort sind an eine Einwilligung viel geringere Anforderungen gesetzt. Deshalb bietet es sich für Datenhändler an, dort ihren Sitz zu haben. In den USA können Gesundheitsdaten teilweise ab § 79 von Privatpersonen erworben werden. 

  

Was hat Datenhandel mit dieser Debatte zu tun?  

Unzureichend geschützte Menstruations-Daten können von Datenhändlern gesammelt oder sogar bei den Unternehmen, die solche Daten erheben und verarbeiten selbst erworben werden. Wenn Dritte an diese Daten gelangen, kann das für die betroffenen Personen ernsthafte Konsequenzen haben. So könnten z.B. radikale Abtreibungsgegner diese Daten von Datenhändlern erwerben, um Betroffene anzuzeigen und so der strafrechtlichen Verfolgung auszusetzen.  

Beispielhaft für die persönlichen Konsequenzen, die sich durch einen solchen Datenhandel ergeben können, ist der Fall eines US-amerikanischen Priesters. Ein katholischer Newsletter erhielt von einem Datenhändler Daten der App „Grindr“, einer LGBTQ-Dating App. Beim Auswerten dieser Daten, zu denen u.a. Standortdaten der Nutzer gehörten, konnten sie ein Profil dem Priester zuordnen und aufgrund seiner Standorte nachweisen, wann er sich in welchen LGBTQ-Bars aufgehalten hatte. Der Mann wurde zwangsweise geoutet und musste zurücktreten.    

  

Fazit: Was bedeutet dies für Nutzerinnen von solchen Apps in Europa?  

Zwar besteht in Europa dank der DSGVO ein anderes Datenschutzniveau als in den USA. In Deutschland sind Schwangerschaftsabbrüche außerdem unter bestimmten Voraussetzungen bis zur 12. Woche straffrei, sodass diesbezüglich keine vergleichbare Lage herrscht. Jedoch gibt es auch in Europa Länder, in denen Frauen gut beraten sind, ihre Menstruations-Daten besonders zu schützen. So sind z.B. in Polen Abtreibungen praktisch verboten. Die Regierung möchte zudem ein landesweites „Schwangerschafts-Register“ einführen. Auch hier befürchten Kritiker eine geplante Kontrolle von Schwangerschaften und deren Länge.   

Insgesamt sind auch deutsche Nutzerinnen gut damit beraten, eine App zu verwenden, die aus der EU kommt und sich damit an die Grundsätze der DSGVO halten muss. Bei Apps aus dem EU-Ausland kann nicht ausgeschlossen werden, dass mit den dort gespeicherten Daten Handel betrieben wird.  

  

Verbraucherzentrale Bundesverband verklagt Tesla wegen Verstoß gegen die DSGVO

20. Juli 2022

Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbz) hat in einer Pressemitteilung bekannt geben, dass sie beim Landgericht Berlin Klage gegen Tesla erhoben habe. Die vzbz wirft dem Automobilhersteller vor, durch die Nutzung des sog. Wächter-Modus der Tesla-Fahrzeuge gegen die DSGVO zu verstoßen.

Der Wächter-Modus

Laut Angaben des Herstellers seien alle Tesla-Fahrzeuge mit dem Wächter-Modus ausgestattet. Im geparkten und abgeschlossenen Zustand erfassen am Fahrzeug angebrachte Kameras permanent die Umgebung. Sobald sie eine erhebliche Bedrohung erkennen, beginnen die Kameras mit der Aufzeichnung. Zusätzlich wird die Alarmanlage aktiviert und die Fahrezeughalter/innen benachrichtigt. Dabei käme es natürlich auch zur Aufzeichnung von unbeteiligten Passanten/innen, die zufällig den Erfassungsbereich der Kameras betreten. Die vzbz wirft Tesla vor, dass diese anlasslose Aufzeichnung unzulässig sei und Fahrzeughalter/innen durch die Nutzung des Wächter-Modus unwissentlich ein hohes Bußgeld für den DSGVO-Verstoß riskieren würden.

Videoüberwachung unter der DSGVO

Die Videoüberwachung ist eine Form der ganz oder teilweise automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten und folglich nach der DSGVO zu bewerten. Selbst für die Videobeobachtung in Echtzeit, bei der keine Daten gespeichert werden, ist die DSGVO einschlägig. Die Anforderungen an eine DSGVO-konforme Videoüberwachung wurden von der Datenschutzkonferenz (DSK) in einem Kurzpapier zusammengefasst. Demnach bedarf es zuerst einmal einer gültigen Rechtsgrundlage nach Art. 6 DSGVO. Bei einer Videoüberwachung durch nicht öffentliche Stellen, bei der unbeteiligte Passanten aufgenommen werden, käme hier Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO in Betracht. Demnach ist eine Verarbeitung rechtmäßig, soweit sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist. Jedoch dürfen dabei nicht die Interessen oder Grundrechte der betroffenen Personen, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Andernfalls müssen, mangels einer anderen, einschlägigen Rechtsgrundlage, die Einwilligung der betroffenen Personen erhoben werden. Die Videoüberwachung muss zudem für das Erreichen eines bestimmten Zwecks erforderlich sein und der Verantwortliche den Transparenzanforderungen aus Art. 12 ff. nachkommen. Sofern die Überwachung ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen darstellt, bedarf es zudem einer Datenschutz-Folgeabschätzung.

Der Wächter-Modus unter der DSGVO

In Bezug auf den Wächter-Modus wäre es schwer vorstellbar, dass das Interesse der Fahrzeughalter/innen an dem Schutz ihres Fahrzeugs vor Diebstahl und Beschädigung gegenüber dem Interesse der betroffenen Personen am Schutz ihrer personenbezogenen Daten überwiegen würde. Hierfür müsste der Schutz eines einzelnen Fahrzeugs vor möglichen Gefahren die weitreichende Aufzeichnung von unbeteiligten Passanten/innen rechtfertigen. Sofern dies nicht der Fall wäre, fehlte der Verarbeitung bereits eine geeignete Rechtsgrundlage. Um dann den Wächter-Modus DSGVO-konform zu verwenden, benötigten Fahrzeughalter:innen bereits im Vorfeld die Einwilligung jeder aufgezeichneten Person. Das schiere Betreten eines gekennzeichneten Erfassungsbereichs einer Kamera entspräche jedoch nicht den Anforderungen einer eindeutigen und informierten Einwilligung. Stattdessen müssten Passanten/innen vor der Aufzeichnung über die Details der Videoüberwachung aufgeklärt werden. Es bleibt abzuwarten, wie das LG Berlin den Sachverhalt bewerten wird.

Die Debatte um Perioden-Tracker-Apps und einen möglichen Datenhandel – Teil 1 

14. Juli 2022

Nach dem historischen Urteil des US Surpreme Courts vom 24.06.2022, in dem das in den USA ca. 50 Jahre lang bestehende Recht auf Abtreibung gekippt wurde, sind Debatten über sogenannte „Perioden-Tracker-Apps“ in aller Munde. Befürchtet wird, dass die in diesen Apps gespeicherten Gesundheitsdaten direkt an staatliche Institutionen in den USA oder an Datenhändler gelangen könnten. Woraus diese Befürchtungen resultieren, werden wir im Folgenden in zwei Teilen beantworten. 

Im ersten Teil beschäftigen wir uns mit Perioden-Tracker-Apps und der Rechtslage in den USA und in Europa.

Welche Daten erheben solche Apps? 

Die Perioden-Tracker-Apps sind dazu gedacht, dass Menstruierende dort Informationen zu ihrem Zyklus speichern können. So kann u.a. angegeben werden, wann eine Blutung und der Eisprung stattfinden. Auch Daten wie Körpergröße, Gewicht, Temperatur und Sexualkontakte können dort gespeichert werden. Dies soll den Nutzerinnen einen besseren Überblick über ihren Zyklus verschaffen. Solche Apps können auch die fruchtbaren Tage anzeigen, sodass sie bei der Familienplanung hilfreich sein können. 

Welche datenschutzrechtlichen Bedenken gibt es? 

Aus den gespeicherten Daten kann sich u.a. ergeben, dass eine Schwangerschaft nicht länger besteht. Es wird befürchtet, dass diese Daten von Perioden-Tracker-Apps unzureichend vor der Weitergabe an Dritte oder sonstigen Zugriffen geschützt sind. In der Vergangenheit standen solche Apps schon häufiger in der Kritik, ihre Daten nicht ausreichend zu schützen. So hatte eine Perioden-Tracker-App in der Vergangenheit bereits intime Daten an Facebook und Google weitergegeben

Künftig könnten Frauen, die eine Abtreibung vornehmen lassen über die, in solchen Apps verarbeiteten Daten, identifiziert werden. Da Abtreibungen zukünftig in einigen Staaten der USA strafbar sein werden, könnte dies zu Repressalien gegenüber der betroffenen Frau führen. Aber auch Fehlgeburten oder schlicht falsche Daten könnten Frauen zukünftig in Erklärungsnot bringen. Konkret wird befürchtet, dass die Polizei oder behördliche Einrichtungen diese Daten anfordern.  

Wie ist die Rechtslage im Datenschutz? 

In Europa sichert die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ein bestimmtes Datenschutzniveau. So gibt es beispielsweise Betroffenenrechte, die u.a. ein Recht auf Löschung von Daten gewähren. Die USA haben bisher kein bundeseinheitliches Datenschutzgesetz, ein Entwurf liegt aber mittlerweile vor. Momentan gibt es nur einzelne Regeln für bestimmte Bereiche, z.B. für Verbraucher. Spezielle Datenschutzgesetze gibt es z.B. in den Staaten Kalifornien und Virginia. In Kalifornien gibt es den Privacy Act (CCPA), der Betroffenenrechte gewährt, die der DSGVO ähnlich sind. Die meisten Bundesstaaten aber haben keinen speziellen Datenschutz. Dementsprechend haben die meisten US-Amerikaner vergleichsweise wenig Rechte über ihre Daten. 

Der zweite Teil dieses Beitrags erscheint nächste Woche und thematisiert das Problem des Datenhandels sowie die Frage, welche Konsequenzen sich für europäische Nutzerinnen von Perioden-Tracking-Apps ergeben.

Die Urlaubsverwaltung im Unternehmen datenschutzkonform gestalten

Gerade in den Sommermonaten greifen viele Unternehmen auf (digitale) Urlaubskalender zurück, um Mitarbeiterurlaube zu planen. Doch was sollte beachtet werden, damit die Urlaubsverwaltung und entsprechende Kalender datenschutzkonform verwendet werden?

Der Europäische Datenschutzbeauftragte zu der Urlaubsverwaltung

Der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDSB) weist darauf hin, auch bzgl. der Urlaubsverwaltung innerhalb der eigenen Organe und Einrichtungen, dass die Verwaltung von Mitarbeiterurlauben häufig die Verarbeitung gesundheitsbezogener Daten erfordert. Ärztliche Bescheinigungen und andere Belege, die für die Genehmigung von Sonderurlauben benötigt werden, gehören der Kategorie sensibler Daten gem. der DSGVO an und unterliegen daher einem erhöhten Schutzniveau. Folglich sei es besonders wichtig, die Qualität und Sicherheit der Daten sowie die Betroffenenrechte und andere Pflichten unter der DSGVO zu gewährleisten.

Die Anforderungen der DSGVO an Urlaubskalender

Für die rechtskonforme Verarbeitung personenbezogener Daten wird zunächst eine der Rechtsgrundlagen aus Art. 6 DSGVO benötigt. Das Anlegen eines Urlaubskalenders ermöglicht es dem Arbeitgeber, seiner Pflicht zur Erfüllung von Urlaubsansprüchen gegenüber seinen Arbeitnehmern gemäß § 1 BUrlG nachzukommen. Damit ist die Verarbeitung erforderlich für die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung und somit nach Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO rechtmäßig.  Zudem darf die Verarbeitung nur zweckgebunden stattfinden. Die betriebliche Urlaubsplanung stellt hier einen hinreichend bestimmten Zweck dar. Darüber hinaus fordert der Grundsatz der Datenminimierung, dass nur Daten verarbeitet werden, die für die Urlaubsplanung absolut erforderlich sind. Dem Prinzip der Vertraulichkeit zu Folge, muss ebenfalls eine angemessene Sicherheit der Daten durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen gewährleistet werden. Hier empfiehlt der EDSB, ärztliche Bescheinigungen und andere medizinische Daten, wenn möglich, vom ärztlichen Dienst oder Betriebsarzt bearbeiten zu lassen und nicht von der Personalabteilung. Personalmitarbeiter, die Urlaubsantragsverfahren bearbeiten, sollten zudem diesbezüglich zur Vertraulichkeit verpflichtet werden. Zudem müssen Mitarbeiter ausreichend über die Verarbeitung und Ihre Betroffenenrechte informiert werden. Daten sollten nicht länger als erforderlich gespeichert werden.

Urlaubskalender, zugänglich für alle?

Problematisch wird es, wenn die Urlaubskalender für alle Mitarbeiter einsehbar sind. Die Urlaubsverwaltung erfordert normalerweise nicht, dass Mitarbeiter die Urlaubstage ihrer Kollegen einsehen können. Ein solcher Zugriff, sofern nicht zwingend erforderlich, verstößt gegen den Grundsatz der Vertraulichkeit der Daten und ist somit nicht mehr auf die ursprüngliche Rechtsgrundlage der Verarbeitung zu stützen. Denkbar wäre es, einzelne Einwilligungen der Mitarbeiter in die Veröffentlichung ihrer Urlaubstage einzuholen. Jedoch muss eine solche Einwilligung die Ansprüche an die Freiwilligkeit gemäß Art. 4 Abs. 11 DSGVO i.V.m. § 26 Abs. 2 S. 2 BDSG erfüllen. Demnach ist eine Einwilligung eines Mitarbeiters insbesondere dann freiwillig, wenn dadurch für ihn ein Vorteil erreicht wird oder Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichgelagerte Interessen verfolgen. Hier merkt der ESDA an, dass aufgrund des Ungleichgewichts der Macht zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine solche Freiwilligkeit im Arbeitsverhältnis zumeist nicht erfüllt ist. Folglich sollte, wenn möglich, davon abgesehen werden, Urlaubskalender allen Mitarbeitern zugänglich zu machen.

Lassen sich künstliche Intelligenz (KI) und die DSGVO miteinander vereinbaren?

30. Juni 2022

Was ist KI im rechtlichen Sinne ?

Bisher gibt es keine allgemeine anerkannte Definition für KI. Die Bundesregierung versteht unter KI „ein Teilgebiet der Informatik, welches sich mit der Erforschung von Mechanismen des intelligenten menschlichen Verhaltens befasst. Dabei geht es darum, technische Systeme so zu konzipieren, dass sie Probleme eigenständig bearbeiten und sich dabei selbst auf veränderte Bedingungen einstellen können“ (BT-Drs. 19/1982, S. 2). Ähnlich wird dies von der EU-Kommission gesehen. Danach bezeichnet KI „Systeme mit einem ,intelligenten‘ Verhalten, die ihre Umgebung analysieren und mit einem gewissen Grad an Autonomie handeln, um bestimmte Ziele zu erreichen“ (COM(2018) 237, S. 1). 

Die DSGVO spricht an keiner Stelle ausdrücklich von KI,  jedoch ist Erwägungsgrund 15 DSGVO zu entnehmen, dass der Schutz natürlicher Personen technologieneutral und unabhängig von einer verwendeten Technologie sein soll. KI-Systeme als Technologie sind für deren Funktionieren auf die zugeführten Daten angewiesen. Die DSGVO ist einschlägig, sobald diese Daten personenbezogen sind. Von datenschutzrechtlicher Bedeutung ist demnach die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zweck des Trainings und der Erzeugung einer KI-Anwendung. Daneben ist die Anwendung einer bereits trainierten KI auf einen gewissen Sachverhalt relevant. Die KI könne dabei helfen, einige der größten Herausforderungen besser zu bewältigen, dabei müsse aber immer sichergestellt sein, dass Persönlichkeitsrechte, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und andere Grundrechte nicht verletzt würden.

Verarbeitungen personenbezogener Daten durch die KI müssen auf jeden Fall den in Art. 5 Abs. 1 DSGVO entsprechenden Datenschutzgrundprinzipien entsprechen, und somit insbesondere einen legitimen Zweck verfolgen, außerdem auf einer Rechtsgrundlage beruhen und zudem transparent ausgestaltet sein.

Ist bei der Anwendung von künstlicher Intelligenz eine Datenschutz-Folgenabschätzung notwendig?

Die Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) gem. Art. 35 DSGVO ist die Prüfung einer oder mehrerer Verarbeitungstätigkeiten, die einer Risikoanalyse unterzogen werden. Die DSFA ist also ein zentrales Instrument, welches seinen Zweck darin hat, zu prüfen, ob der Einsatz von KI für eine Verarbeitungstätigkeit auch geeignet ist.

Vorab muss jedoch eine Erforderlichkeitsprüfung gem. Art. 35 Abs. 1 S. 1 DSGVO durchgeführt werden. Es geht darum, ob eine Form der Verarbeitung, insbesondere bei Verwendung neuer Technologien, auf Grund der Art, des Umfangs, der Umstände und der Zwecke der Verarbeitung voraussichtlich ein hohes Risiko für Rechte und Freiheiten natürlicher Personen zur Folge hat. Weitere Anhaltspunkte ergeben sich zudem aus Erwägungsgrund 91 S. 1 DSGVO, wonach bei Verarbeitungsvorgängen von großen Mengen personenbezogener Daten ein Bedürfnis nach einer DSFA besteht.

Wird KI auf Grundlage personenbezogener Daten angewendet, ist damit in der Regel eine DSFA durchzuführen. Dafür spricht auch das Regelbeispiel in Art. 35 Abs. 3 lit. a DSGVO, das u.a. Profiling, welches häufig mit KI-bedienten Tools ausgeführt wird, nennt. Ist kein Regelbeispiel einschlägig, ist die Liste der Verarbeitungstätigkeiten, für die eine DSFA durchzuführen ist (vgl. Art. 35 Abs. 4 S. 1 DSGVO), der Aufsichtsbehörden vom 18.7.2018 zu berücksichtigen. In Nr. 11 und Nr. 13 der Liste wird der Einsatz von KI und Algorithmen genannt. Außerdem können die in den Leitlinien der Art. 29-Datenschutzgruppe aufgestellten Kriterien zur Erforderlichkeit der DSFA führen. Im Falle einer KI-Anwendung werden wohl nicht selten alle Kriterien erfüllt sein. Bleibt die Frage nach einer verpflichtenden DSFA offen, sollte eine Durchführung dennoch in Erwägung gezogen werden, da Verantwortliche von einer begleitenden DSFA immer profitieren.

Mit einer sorgfältig durchgeführten DSFA können KI-Anwendungen aus ganz unterschiedlichen Einsatzfeldern über den gesamten Entwicklungsprozess datenschutzrechtlich sicher ausgestaltet werden.

LG Berlin: Bloße Adresse stellt keinen hinreichenden Personenbezug i.S.d DSGVO dar

7. Juni 2022

Das Landgericht (LG) Berlin hat am 27.01.2022 (AZ 26 O 177/21) entschieden, dass die bloße Adresse ohne Bezugnahme auf eine Person keinen hinreichenden Personenbezug darstellt.

Die Klägerin machte zuvor Trennungs- und Kindesunterhalt gegen ihren Mann vor dem Amtsgericht (AG) Pankow/Weißensee geltend. Im Rahmen dieses Verfahrens ‚googelte‘ die Richterin die Adresse der Klägerin, um sich einen Überblick über die Wohnverhältnisse zu verschaffen. In einem Beschluss des AG heißt es dann: „[…] bei einer bei Google Maps ersichtlichen Grundfläche des Doppelhauses […]“.

Die Klägerin hatte in die Recherche mittels Google Maps nicht eingewilligt und sah darin eine Rechtsverletzung. Bei ihrer Wohnadresse handele es sich um personenbezogene Daten. Durch die Nutzung des Suchdienstes habe eine Datenübermittlung in die USA und somit in ein Drittland stattgefunden. Sie begehrt Schadensersatz i.H.v. 2.000 EUR und beruft sich auf Art. 82 DSGVO.

Diesen Anspruch wies das LG Berlin nun ab. Einen Verstoß gegen die DSGVO sah das Gericht nicht, sodass ein Schadensersatzanspruch nicht in Betracht käme. Im Ergebnis läge weder eine rechtswidrige Verarbeitung von personenbezogenen Daten nach Art. 5 DSGVO vor, noch eine Übermittlung in ein Drittland nach Art. 44 DSGVO. Dem Gericht fehlte es vor allem an einem Personenbezug i.S.d. Art. 4 DSGVO:

„Personenbezogene Daten“ sind gemäß Art. 4 Nr. 1 DSGVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden „betroffene Person“) beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann. In der bloßen Eingabe einer (puren) Adresse ist noch kein personenbezogenes Datum zu erblicken. Denn die bloße Adresse ohne Bezugnahme auf eine Person – sei es durch namentliche Nennung, sei es durch die Bezugnahme auf ein diese Adresse betreffendes Eigentums-, Besitz- oder Mietverhältnis o.ä. – stellt keinen hinreichenden Personenbezug dar.“

Auch sei kein Bezug zwischen Verfahrensbeteiligung/-stellung einer Person und der eingegebenen Adresse hergestellt worden. Vorschriften aus der DSGVO seien also nicht betroffen.

Weiterhin konnte das LG Berlin eine Amtspflichtverletzung der Richterin nicht erkennen. Die Klage wurde vollumfänglich abgewiesen.

Keine Kundendaten für private Zwecke

20. April 2022

In seinem Tätigkeitsbericht für das Jahr 2021 informierte das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) über den Missbrauch von Kundendaten zu privaten Zwecken.

Hintergrund waren die Beschwerden mehrerer Kunden, die sich an das ULD gewendet hatten. Sie wiesen darauf hin, dass verschiedene Unternehmen ihre personenbezogenen Daten nicht nur zu den vorgesehenen geschäftlichen Zwecken verwendeten. So kam es vor, dass ein Kunde beispielsweise in einem Kontaktformular seine Handynummer angab, um leichter erreichbar zu sein. Einige Mitarbeiter nutzten die angegebenen Handynummern allerdings nicht ausschließlich für geschäftliche Zwecke. Stattdessen kontaktierten sie die Kunden, um ein persönliches Kennenlernen oder privates Treffen zu arrangieren.

Beim Umgang mit Kundendaten sind die datenschutzrechtlichen Vorgaben der DSGVO zu beachten. Insbesondere sind die Grundsätze der „Integrität und Vertraulichkeit“ nach Art. 5 Abs. 1 lit. f DSGVO beachtet. Demzufolge müssen personenbezogene Daten in einer Weise verarbeitet werden, „(…) die eine angemessene Sicherheit der personenbezogenen Daten gewährleistet, einschließlich [dem] Schutz vor unbefugter oder unrechtmäßiger Verarbeitung (…)“. Laut dem ULD hat das Unternehmen die Aufgabe geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, um diesen Grundsatz bei der Datenverarbeitung zu garantieren. Dazu zählt es Mitarbeiterschulungen durchzuführen, die über den datenschutzkonformen Umgang mit Kundendaten informieren.

Das ULD stellte fest, dass in den zur Beschwerde gebrachten Fällen eine unrechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten stattfand. Daraufhin erteilte sie den Verantwortlichen einen Hinweis nach Art. 58 Abs. 1 lit. d DSGVO. Obwohl die betroffenen Unternehmen ihre Mitarbeiter bereits vor den Missbräuchen im Datenschutzrecht geschult hatten, fand eine erneute Sensibilisierung der Mitarbeiter statt. Als weitere Sanktion verhängten einige Unternehmen arbeitsrechtliche Konsequenzen. 

Sozialdatenschutz verstorbener Personen

4. März 2022

Auskunftsanspruch nach Art. 15 DS-GVO iVm § 83 SGB X

Wird der Nachlass einer Person geregelt, wird häufig außer Acht gelassen, dass auch analoge oder digitale Daten vererbt werden können. Dies führt dazu, dass Erben häufig nicht wissen, ob und wie sie auf die Daten einer verstorbenen Person zugreifen dürfen. Die DSGVO hat ermöglicht, dass die nationalen Gesetzgeber zum Datennachlass eigene Regelungen treffen dürfen. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Möglichkeit im Bereich des Sozialdatenschutzes genutzt, was den Umgang mit den vererbten Daten somit erleichtert.

1. Rechtslage unter der DSGVO

In Art. 15 DSGVO wird der Auskunftsanspruch der betroffenen Person gegenüber dem Verantwortlichen geregelt. Hiernach steht der betroffenen Person das Recht zu, erfahren zu dürfen, welche personenbezogenen Daten von ihr durch die Verantwortlichen verarbeitet werden. Verstirbt eine Person, stellt sich für die Hinterbliebenen jedoch die Frage, ob sie nach aktueller Rechtslage ein Auskunftsbegehren geltend machen können. Das könnte beispielsweise für Hinterbliebene von Interesse sein, wenn es darum geht, ein rechtliches Interesse im Namen der verstorbenen Person durchzusetzen.

Grundsätzlich ist die Datenschutz-Grundverordnung gemäß Erwägungsgrund 27 S.1 DSGVO nicht auf Verstorbene anwendbar. Verstirbt die betroffene Person, wären die Erben nach Satz 1 nicht dazu berechtigt, das Auskunftsbegehren in Hinblick auf die Daten der verstorbenen betroffenen Person geltend zu machen. Satz 2 des Erwägungsgrundes 27 DSGVO ermöglicht es den Mitgliedstaaten jedoch, Vorschriften für die Verarbeitung personenbezogener Daten von Verstorbenen zu erlassen. Der deutsche Gesetzgeber hat im Sozialdatenschutz von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. In § 35 Abs. 5 SGB I ist folglich ausdrücklich geregelt, dass die DSGVO auch für den Sozialdatenschutz Verstorbener gelten soll. Personenbezogene Daten gemäß Art. 3 Abs.1 DSGVO sind alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Weder Art. 4 Nr. 1 DSGVO noch Art. 9 DSGVO enthalten den Begriff der Sozialdaten. Allerdings wird dieser in § 67 Abs. 2 S. 1 SGB X genannt, wonach Sozialdaten: personenbezogene Daten gem. Art. 4 Nr. 1 DS-GVO sind, die von einer in § 35 SGB I genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben verarbeitet werden. Die Aufgaben werden in § 67 Abs. 3 SGB X näher definiert.

2. Wo ist das Auskunftsbegehren geregelt?

Das Auskunftsbegehren ist auch für den Sozialdatenschutz in Art. 15 DSGVO geregelt. Gemäß § 35 Abs. 2 SGB I gibt es allerdings die Möglichkeit, Ausnahmen zum Auskunftsbegehren nach Art. 15 DSGVO zu regeln. Solche finden sich in § 83 SGB X. Anspruchsgrundlage für ein Auskunftsbegehren bezogen auf Sozialdaten ist demnach Art. 15 DS-GVO iVm § 83 SGB X.

3. Voraussetzungen für ein Anspruchsbegehren

Damit ein Anspruchsbegehren geltend gemacht werden kann, müssen die folgenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sein:

a) Verantwortliche

Zunächst muss das Auskunftsbegehren gegenüber dem richtigen Verantwortlichen erfolgen. Dies folgt aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Wer Verantwortlicher ist, definiert Art. 4 DSGVO, hier gilt jedoch § 67 Abs. 4 SGB X ergänzend.

b) Angehörige und Erbenstellung

In § 35 Abs. 5 SGB I geht nicht ausdrücklich hervor, wer Ansprüche der verstorbenen Person geltend machen darf. Erwähnt werden nur die schutzwürdigen Interessen der verstorbenen Person oder den schutzwürdigen Interessen der Angehörigen. Wer Angehörige sind, ist wiederum in § 16 Abs. 5 SGB X geregelt. Die Verwendung des Begriffs der Angehörigen in § 35 Abs. 5 SGB I ist nicht damit gleichzusetzen, dass diese automatisch auch Anspruchsberechtigte sind. Art. 15 DSGVO nennt nur die betroffene Person selbst, die das Begehren geltend machen kann. Verstirbt die Person jedoch, gehen ihre Daten nach § 1922 BGB in die Erbschaftsmasse über, sodass die Erben in die Rechtsstellung der betroffenen Person eintreten und die Ansprüche geltend machen können. Diese benötigen zum Beweis ihrer Stellung beispielsweise einen Erbschein. Anspruchsberechtigt sind also die Erben, die jedoch nicht unbedingt auch gleichzeitig die Angehörigen sein müssen.

c) Rechtsgrundlage für die Verarbeitung der Daten durch den Verantwortlichen

Aus § 35 Abs. 5 S. 2 SGB I folgt, dass eine Datenverarbeitung dann erfolgen kann, wenn schutzwürdige Interessen des Verstorbenen oder seiner Angehörigen dadurch nicht beeinträchtigt werden. Danach hat eine rechtliche Abwägung stattzufinden, um dadurch zu überprüfen, ob Interessen des Verstorbenen oder seiner Angehörigen gegenüber den Interessen der Verantwortlichen überwiegen.

d) Kein entgegenstehender -mutmaßlicher- Wille der verstorbenen Person

Aus der Formulierung des § 35 Abs. 5 S. 2 SGB I, dass eine Datenverarbeitung erfolgen kann, „wenn schutzwürdige Interessen des Verstorbenen … nicht beeinträchtigt werden“, kann entnommen werden, dass die Verarbeitung nicht gegen den Willen bzw. den mutmaßlichen Willen der verstorbenen Person erfolgen darf. Ob ein solcher Wille bzw. ein mutmaßlicher Wille vorlag, muss der Sozialträger beweisen. Dies ließe sich zB durch Zeugen oder einen Urkundenbeweis belegen, dass die verstorbene Person es ausdrücklich oder mutmaßlich nicht wollte, dass ihre Daten offengelegt werden.

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