Chatkontrolle sei Massenüberwachung

17. Oktober 2023

Chatkontrolle sei anlasslose Massenüberwachung

Die Europäische Union plant die Einführung der sogenannten „Chatkontrolle“. Hierunter versteht man technische Maßnahmen zur Überwachung der elektronischen Kommunikation, um Kindesmissbrauch im Internet zu verfolgen oder vorzubeugen. Konkret stehen Beratungen im Rat der Europäischen Union bevor. Deswegen hat am 17. Oktober 2023 die Konferenz der unabhängigen deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) einen Entschluss zur geplanten Chatkontrolle verabschiedet. Darin fordert sie den EU-Gesetzgeber auf sich an die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zu halten.

Kindesmissbrauchsbekämpfung als Ziel

Die EU-Kommission legte den Vorschlag für eine Verordnung zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Mai 2022 vor. Anbieter von Online-Kommunikationsdiensten (z.B. E-Mail- oder Chat-Dienste wie WhatsApp) würden hierdurch verpflichtet, die Verbreitung von Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs oder den Kontakt zu Minderjährigen mittels gewisser Kriterien zu identifizieren.

Unverhältnismäßige Massenüberwachung

Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Maßnahme sieht vor, sämtliche Kommunikation, einschließlich E-Mails und Chatnachrichten, auf Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs zu überwachen. Diese Kontrolle würde unterschiedslos und verdachtsunabhängig stattfinden und auch die sensibelsten Lebensbereiche der Nutzer betreffen. Weiterhin wäre auch Ende-zu-Ende verschlüsselte Kommunikation umfasst. Dies würde, die Verschlüsselung, die in den letzten Jahren als ein Eckpfeiler der Privatsphäre etabliert wurde, aufbrechen. Durch einen solchen Abbau von Sicherheitsmechanismen erhöhe sich das ohnehin bestehende Risiko für missbräuchliche Einsichtnahme in private Kommunikation erheblich. Dies gefährde den elementaren Grundsatz der Vertraulichkeit der elektronischen Kommunikation.

Die DSK beschreibt die gewählten Mittel als „äußert zweifelhaft“. Insofern meint sie, dass es sich um eine „anlasslose Massenüberwachung“ handelt, die nicht in Einklang mit den Grundrechten der Achtung des Privat- und Familienlebens, der Vertraulichkeit der Kommunikation und des Schutzes personenbezogener Daten zu bringen ist. Durch die Chatkontrolle sammle man eine enorme Menge an persönlichen Informationen von Nutzern, ohne dass auch nur der Verdacht einer Straftat vorliege. Deswegen warnt die DSK ausdrücklich davor, den Wesensgehalt der Grundrechte zu berühren.

Fazit

Unstreitig ist die Bedeutung der Bewahrung von Kindern vor sexuellem Missbrauch. Allerdings ist es ist Aufgabe des Gesetzgebers eine Lösung zu finden, die dieses Ziel erreicht, ohne die Privatsphäre der Nutzer unverhältnismäßig einzuschränken. Wie von der DSK richtig erkannt, sind hierbei die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit zu wahren. Maßnahmen zur Bekämpfung schwerster Kriminalität müssen in einem angemessenen und verhältnismäßigen Rahmen stattfinden. In welcher konkreten Ausprägung die Verordnung schlussendlich in Kraft treten wird, bleibt abzuwarten.