Schlagwort: EDSA
23. Mai 2023
Meta, der Mutterkonzern von Facebook, hat erneut eine Rekordstrafe in Höhe von 1,2 Milliarden Euro aufgrund eines Verstoßes gegen die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) erhalten. Die irische Datenschutzbehörde DPC verkündete diese Strafe in Dublin. Das Verfahren betrifft die Beteiligung von Facebook an der Massenüberwachung durch angloamerikanische Geheimdienste, die vor zehn Jahren von Edward Snowden, einem US-Whistleblower, aufgedeckt wurde. Max Schrems, ein Datenschutz-Aktivist aus Österreich, reichte damals eine Beschwerde gegen Facebook ein.
Verfahren kann sich in die Länge ziehen
Das von der DPC verhängte Bußgeld übertrifft die bisherige Rekordstrafe von 746 Millionen Euro, die gegen Amazon.com in Luxemburg verhängt wurde. Zudem ist Meta nun dazu verpflichtet, jede weitere Übermittlung europäischer personenbezogener Daten in die Vereinigten Staaten zu unterbinden, da das Unternehmen weiterhin den US-Überwachungsgesetzen unterliegt.
Meta hat bisher keine Stellungnahme zu der Rekordstrafe abgegeben. Experten gehen jedoch davon aus, dass der US-Konzern gegen die Entscheidung rechtliche Schritte einlegen wird. Die Gerichtsverfahren können sich jedoch über einen längeren Zeitraum erstrecken. In der Zwischenzeit könnte ein neuer Datenpakt zwischen der Europäischen Union und den USA in Kraft treten, um den transatlantischen Datenverkehr neu zu regeln. Meta hatte zuvor mehrfach damit gedroht, sich vollständig aus der EU zurückzuziehen, falls ein dauerhafter transatlantischer Datentransfer nicht möglich sein sollte.
Irische Datenschutzbehörde ging nicht gegen Meta vor
Schrems betonte, dass das verhängte Bußgeld deutlich höher hätte ausfallen können: “Die Höchststrafe liegt bei über vier Milliarden Euro. Und Meta hat über einen Zeitraum von zehn Jahren wissentlich gegen die DSGVO verstoßen, um Gewinne zu erzielen.” Schrems erklärte weiter, dass Meta nun wahrscheinlich seine Systeme grundlegend umstrukturieren müsse, wenn sich die US-Überwachungsgesetze nicht ändern.
Die irische Datenschutzbehörde DPC hatte sich jahrelang geweigert, gegen Facebook in dieser Angelegenheit vorzugehen. Schließlich wurde die DPC durch den Europäischen Datenschutzausschuss (EDSA) dazu verpflichtet, eine Strafe gegen das soziale Netzwerk zu verhängen. Der aktuelle Beschluss betrifft ausschließlich Facebook und nicht andere Dienste wie Instagram oder WhatsApp, die zum Meta-Konzern gehören. Bereits im Januar hatte die DPC Meta jedoch zu einer Strafe in Höhe von 390 Millionen Euro verurteilt, weil Facebook- und Instagram-Nutzer gezwungen wurden, personalisierter Werbung zuzustimmen.
Seit Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung vor fünf Jahren wurden für Meta insgesamt Bußgelder in Höhe von vier Milliarden Euro verhängt. Meta ist nun sechsmal in der Liste der zehn höchsten Bußgelder vertreten, was zu einer Gesamtstrafe von 2,5 Milliarden Euro führt.
Übrigens: Das höchste Bußgeld in Deutschland betrug 35 Millionen Euro und wurde im Jahr 2020 von der Modekette H&M wegen einer unzureichenden Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung in ihrem Onlineshop gezahlt.
17. April 2023
Am 4. April 2023 hat der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) die überarbeiteten Richtlinien zur Meldung von Datenschutzverletzungen veröffentlicht. Die Aktualisierung betrifft Unternehmen, die zwar nicht in der EU ansässig sind, aber dennoch gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in deren Anwendungsbereich fallen. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Updates des EDSA und beleuchtet die rechtlichen Aussagen.
Die ehemaligen WP29 Leitlinien
Vor dem Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hatte die damalige Artikel-29-Datenschutzgruppe (WP29) am 3. Oktober 2017 allgemeine Richtlinien zur Meldung von Datenschutzverletzungen verabschiedet, in denen die relevanten Abschnitte der DSGVO analysiert wurden. WP29 empfahl darin, dass Datenschutzverletzungen der Aufsichtsbehörde im Mitgliedstaat gemeldet werden sollten, in dem der Vertreter des Verantwortlichen in der EU niedergelassen ist. Als Nachfolger der WP29 bestätigte der EDSA diese Richtlinien am 25. Mai 2018 formell.
EDSA: Aktualisierung zu Meldepflichten
Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) hat seine Leitlinien zur Meldung von Datenschutzverletzungen für nicht in der EU niedergelassene Unternehmen aktualisiert. Das Feedback für diese Aktualisierung wurde im Rahmen einer öffentlichen Konsultation bis zum 29. November 2022 eingeholt. Der EDSA hat klargestellt, dass die bloße Anwesenheit eines Vertreters in der EU nicht das “One-Stop-Shop”-Prinzip auslöst, sondern nicht in der EU niedergelassene Unternehmen sich bei Datenschutzverletzungen, die Personen in mehreren Mitgliedsstaaten betreffen, an alle zuständigen Aufsichtsbehörden der jeweiligen Mitgliedsstaaten wenden müssen. Nach der öffentlichen Konsultation wurde dieser Abschnitt nun angenommen. Es sollten jedoch auch einige Klarstellungen des EDSA berücksichtigt werden, die zwar nicht direkt mit dieser Aktualisierung zusammenhängen, aber dennoch relevant sind.
Meldung an Aufsichtsbehörde
Nach Artikel 33 Absatz 1 DSGVO ist der Verantwortliche verpflichtet, im Falle einer Datenschutzverletzung unverzüglich und möglichst innerhalb von 72 Stunden nach Kenntnis der Verletzung diese der zuständigen Aufsichtsbehörde gemäß Artikel 55 DSGVO zu melden, es sei denn, dass die Verletzung voraussichtlich kein Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen darstellt.
Meldepflicht beim Verantwortlichen
Der Verantwortliche ist für die Meldepflicht bei Datenschutzverletzungen verantwortlich. Bei gemeinsam Verantwortlichen sollten die vertraglichen Vereinbarungen gemäß Artikel 26 der DSGVO klarstellen, welcher Verantwortliche die führende Rolle bei der Meldung von Datenschutzverletzungen übernimmt. Auftragsverarbeiter müssen Datenschutzverletzungen unverzüglich dem Verantwortlichen melden, jedoch nicht direkt bei der Aufsichtsbehörde.
Risikobewertung
Bei einer Datenschutzverletzung ist eine Risikobewertung wichtig. Gemäß EDSA-Leitlinien sollten dabei verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, wie die Art der Verletzung, die Art und Sensibilität der betroffenen Daten, Identifizierbarkeit der betroffenen Personen, Schwere der Folgen, besondere Eigenschaften von betroffenen Personen und dem Verantwortlichen, sowie die Anzahl der betroffenen Personen und allgemeine Aspekte wie Empfehlungen von ENISA. In den Leitlinien 9/2022 werden auch Beispiele für Risikobewertungen genannt, z.B. könnte eine Verletzung als Risiko betrachtet werden, wenn sensible personenbezogene Daten betroffen sind, während eine Verletzung als kein Risiko betrachtet werden könnte, wenn die Daten verschlüsselt waren und Datensicherungen existieren.
Meldung an Aufsichtsbehörde
Gemäß Artikel 33 Absatz 1 DSGVO ist der Verantwortliche verpflichtet, im Falle einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten die Meldung unverzüglich und möglichst innerhalb von 72 Stunden nach Kenntnis der Verletzung an die gemäß Artikel 55 zuständige Aufsichtsbehörde zu erstatten. Es sei denn, es ist wahrscheinlich, dass die Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten keine Risiken für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen mit sich bringt.
Wann wird eine Datenpanne “bekannt”?
Gemäß Leitlinie 9/2022 gilt eine Datenschutzverletzung einem Verantwortlichen als “bekannt”, wenn er ausreichend sicher ist, dass ein Sicherheitsvorfall eingetreten ist, der zu einer Beeinträchtigung des Schutzes personenbezogener Daten geführt hat. Es ist nicht erforderlich, dass die Datenschutzverletzung tatsächlich stattgefunden hat. Zum Beispiel wird einem Verantwortlichen der Verlust eines unverschlüsselten USB-Sticks, auf dem personenbezogene Daten gespeichert sind, bekannt, wenn er den Verlust bemerkt. Wenn ein Dritter dem Verantwortlichen mitteilt, dass er versehentlich personenbezogene Daten erhalten hat und Belege für die unbefugte Offenlegung vorliegen, ist der Vorfall zweifelsfrei bekannt.
Empfehlung: Interne Richtlinien
Es wird empfohlen, dass nicht in der EU ansässige Unternehmen, die unter den Anwendungsbereich der DSGVO fallen, interne Richtlinien und Prozesse zur Meldung von Datenschutzverletzungen gemäß den Vorgaben des EDSA beachten. Die Meldung von Datenschutzverletzungen an mehrere Behörden kann zeitaufwändig sein. Interne Richtlinien und Prozesse zur Handhabung von Datenschutzvorfällen sind daher ratsam, um den Melde- und Benachrichtigungspflichten rechtzeitig nachzukommen. Effektive und regelmäßig überprüfte Prozesse zur Bewältigung von Datenschutzvorfällen sind entscheidend für eine schnelle Meldung von Datenschutzverletzungen und die Einhaltung von Fristen.
12. April 2023
Vor knapp einem Monat startete die europaweite Prüfaktion der europäischen Datenschutzaufsichtsbehörden, in welcher die zahlreichen Datenschutzbeauftragten inspiziert werden sollen. Mehr als 500.000 Organisationen in ganz Europa haben laut IAPP Datenschutzbeauftragte im Rahmen der Datenschutz-Grundverordnung registriert. Koordiniert durch den Europäischen Datenschutzausschuss widmet sich die Prüfaktion der Stellung und den Aufgaben der Datenschutzbeauftragten. Diese stellen einen der Eckpfeiler des Datenschutzes in Unternehmen und Behörden dar, der sich als zentrale Neuerung mit der Datenschutz-Grundverordnung nun auch in den übrigen Mitgliedstaaten etabliert hat.
Der europäische Datenschutzbeauftragte erklärte, dass 26 Datenschutzbehörden an der koordinierten Aktion teilnehmen werden. Es soll sich primär auf die Benennung und Stellung von Datenschutzbeauftragten konzentriert werden. Grundsätzlich wird beurteilt, ob die behördlichen Datenschutzbeauftragten über die in den Artikeln 37-39 der EU-Datenschutzgrundverordnung geforderte organisatorische Stellung und die für ihre Arbeit erforderlichen Ressourcen verfügen.
Die Prüfung soll mit Hilfe von Fragebögen der teilnehmenden Behörden erfolgen. In diesen sollen unter anderem Fragen zur Benennung, zum Wissen und zur Erfahrung der Datenschutzbeauftragten, zu ihren Aufgaben und Ressourcen oder zu ihrer Rolle sowie der Position in ihrer jeweiligen Organisation enthalten sein.
Es bleibt abzuwarten zu welchen Ergebnissen die Überprüfungen führen werden. In Einzelfällen könnten gegebenenfalls auch Sanktionen zu erwarten sein. Hauptziel dieser Aktion soll jedoch stets ein Mehrwert für die Stellung von Datenschutzbeauftragten sein.
8. März 2023
Seitdem im Jahr 2020, mit dem Urteil Schrems II, der bis dahin geltende Angemessenheitsbeschluss (Privacy Shield) für ungültig erklärt worden ist, gilt die USA als ein unsicheres Drittland für Datenübermittlungen. Ein großes Problem in diesem Kontext war unter anderem die nachrichtendienstliche Datenerhebung in den USA. Diese war gewissermaßen anforderungslos für Geheimdienste möglich. Nachdem die US-Regierung gezwungen war, im Oktober 2022 Maßnahmen zu ergreifen, folgte ein Beschlussentwurf der Europäischen Kommission. Die genannten Maßnahmen sollten die zwei Hauptprobleme der fehlenden Verhältnismäßigkeit und dem Fehlen wirksamer Rechtsbehelfe im Bezug auf Überwachungsmaßnahmen lösen. So soll insbesondere die Exekutivverordnung über die Verbesserung der Garantien für US-Signalspionagetätigkeiten nun in die Richtung eines neuen Angemessenheitsbeschlusses führen.
Der Europäische Datenschutzausschuss heißt die Einführung von Anforderungen an Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit für die nachrichtendienstliche Datenerhebung in den USA für gut. Außerdem begrüßt er den neuen Rechtsbehelfsmechanismus für betroffene Personen aus der EU. Dennoch liegt nicht nur ein reiner Zustimmungsgedanke vor. Zu bestimmten Rechten betroffener Personen, der Weiterübermittlung personenbezogener Daten, dem Umfang der Ausnahmen sowie der vorübergehenden Massenerfassung von Daten und der praktischen Funktionsweise des Rechtsbehelfsmechanismus bleiben Fragen offen. Auch die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder unterstützt die Position des Europäischen Datenschutzausschusses ausdrücklich.
Es bleibt nun lediglich abzuwarten, wie sich ein neuer Angemessenheitsbeschluss für die Übermittlung von Daten in die USA entwickeln wird.
5. Januar 2023
Nur kurze Zeit nach dem letzten Millionenbußgeld hat die irische Datenschutzbehörde Data Protection Commission (DPC) erneut gegen den Meta-Konzern Sanktionen verhängt. Der Gesamtbetrag von 390 Millionen Euro setzt sich aus Bußgeldern gegen Facebook (210 Millionen Euro) und Instagram (180 Millionen Euro) zusammen.
Rechtsgrundlage Vertrag statt Einwilligung?
Anstoß für die Untersuchung der DPC gaben die Beschwerden eines Österreichers und eines Belgiers am 25. Mai 2018, dem Tag des Inkrafttretens der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Nach einer Änderung der Nutzungsbedingungen sollten die personenbezogenen Nutzerdaten nicht mehr auf Basis einer Einwilligung, sondern auf vertraglicher Basis verarbeitet werden. Dazu zählte auch die Nutzung für personalisierte Werbung.
Meta argumentierte, dass mit der Annahme der aktualisierten Nutzungsbedingungen ein Vertrag mit dem Nutzer zustande gekommen sei. Die Verarbeitung der Nutzerdaten im Zusammenhang mit der Bereitstellung ihrer Facebook- und Instagram-Dienste sei für die Erfüllung dieses Vertrags, einschließlich der Bereitstellung personalisierter Dienste und verhaltensorientierter Werbung, erforderlich, sodass diese Verarbeitungen gemäß Artikel 6 Abs. 1 lit. b DSGVO (die „vertragliche“ Rechtsgrundlage für die Verarbeitung) rechtmäßig gewesen seien.
Dagegen vertraten die Beschwerdeführer die Meinung, dass Meta sich weiterhin auf die Einwilligung als Rechtsgrundlage berufe. Indem Meta den Zugang zu seinen Diensten von der Zustimmung der Nutzer zu den aktualisierten Nutzungsbedingungen abhängig mache, zwinge es sie faktisch dazu, der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten für verhaltensbezogene Werbung und andere personalisierte Dienste zuzustimmen.
Jahrelange Entscheidungsfindung
In einem Beschlussentwurf vom Oktober 2021 hatte die DPC eine Geldbuße zwischen 28 und 36 Millionen Euro für angemessen erachtet. Meta habe demnach gegen seine Transparenzpflichten verstoßen, indem Nutzer nicht ausreichend über die Verarbeitungsprozesse informiert worden seien. Metas Vorgehen hinsichtlich der Rechtsgrundlage sei jedoch zulässig gewesen.
Die im Rahmen des Kooperations- und Kohärenzverfahrens beteiligten Datenschutzbehörden waren mit der Entscheidung der DPC nicht einverstanden, sodass schließlich der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) beteiligt wurde. Dieser widersprach der Rechtsauffassung der DPC. Er befand, dass Meta im Rahmen der personalisierten und verhaltensbezogenen Werbung nicht auf einen Vertrag als Rechtsgrundlage zurückgreifen könne.
Laut der Datenschutzorganisation noyb habe die DPC während des Verfahrens mit Meta eng zusammengearbeitet. Meta habe sogar argumentiert, dass die DPC das Vorgehen abgesegnet habe.
Wie geht es nun weiter?
Neben dem Bußgeld hat die DPC Meta dazu verpflichtet, innerhalb von drei Monaten nachzuweisen, dass die Verarbeitungstätigkeiten entsprechend der Vorgaben angepasst wurden. Wie diese Umsetzung aussehen soll, ist noch unklar. Voraussichtlich wird Meta gerichtlich dagegen vorgehen.
Darüber hinaus hat die DPC angekündigt, gegen den EDSA zu klagen. Dieser hatte ihr aufgetragen, eine weitere Untersuchung gegen Facebook und Instagram hinsichtlich der Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten einzuleiten. Der EDSB habe keine allgemeine Aufsichtsfunktion, die mit der der nationalen Gerichte in Bezug auf nationale unabhängige Behörden vergleichbar sei. Es stehe dem EDSB nicht frei, eine Behörde anzuweisen, unbefristete und spekulative Untersuchungen durchzuführen.
19. Oktober 2022
Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen (LDI NRW) genehmigte am 7. Oktober 2022 erstmalig die Kriterien eines Unternehmens für die Zertifizierung von Auftragsverarbeitern. Mit dem Zertifikat „European Privacy Seal“ („EuroPriSe“) sollen Unternehmen zukünftig ihre DSGVO-konformen Auftragsverarbeitungen nachweisen können.
Bedeutung
Die EuroPriSe GmbH ist europaweit das erste Unternehmen, das eine Genehmigung für seinen Kriterienkatalog erhalten hat. Im Genehmigungsverfahren hat die LDI NRW „gemäß dem europäischen Datenschutzrecht geprüft, ob die Kriterien, nach denen die Zertifikate an Auftragsverarbeiter erteilt werden sollen, tatsächlich die Einhaltung der DSGVO bei der Verarbeitung personenbezogener Daten sicherstellen – und damit die Persönlichkeitsrechte wahren.“
Allerdings befreit ein Zertifikat weder die Verantwortlichen und Auftragsverarbeiter noch die Aufsichtsbehörden von ihren Pflichten aus der DSGVO. Die Zertifizierung bleibt ein freiwilliges Instrument (vgl. Art. 42 Abs. 3 DSGVO), welches lediglich für einen Zeitraum von drei Jahren mit Aussicht auf Verlängerung erteilt werden kann (vgl. Art. 42 Abs. 3 S. 1 DSGVO).
Zertifizierungsverfahren nach Art. 42 DSGVO
Das Zertifizierungsverfahren nach Art. 42 DSGVO ist aufwendig und erfordert die Zusammenarbeit der Deutschen Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) und der zuständigen Aufsichtsbehörde. Für eine Zertifizierung muss zudem die Empfehlung des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) eingeholt und umgesetzt werden, damit eine einheitliche Anwendung der DSGVO in der EU gewährleistet werden kann.
Bewertung und Ausblick
Die Vorteile eines solchen Zertifikats sind vielfältig und beschränken sich nicht nur auf Marketing-Zwecke. Anwendungsbereiche werden von der DSGVO an verschiedenen Stellen explizit erwähnt. So kann ein Zertifikat für den Nachweis der DSGVO-Anforderungen beispielsweise bei der Beurteilung der Erfüllung der Pflichten des Verantwortlichen, Garantien des Auftragsverarbeiters, Datenübertragungen an ein Drittland oder auch bei der Datenschutz-Folgenabschätzung als Faktor herangezogen werden. Eine Zertifizierung kann Verantwortlichen und Auftragsverarbeitern also in vielen Bereichen den Nachweis der Pflichterfüllung erleichtern. Laut LDI NRW sei ein zentrales Ziel Transparenz, da Zertifikate als bewährtes Instrument den Markteilnehmenden einen „raschen Überblick über das Datenschutzniveau einschlägiger Produkte und Dienstleistungen“ lieferten.
Es bleibt abzuwarten, wie die Aufsichtsbehörden solche Zertifikate in Zukunft bei ihren Bewertungen von Verarbeitungsvorgängen einfließen lassen werden und ob sich die erhoffte Vereinfachung des Nachweises für Datenverarbeiter auch tatsächlich einstellt. Für den Markt bedeutet diese erste Genehmigung jedenfalls einen Meilenstein, der voraussichtlich den Weg für weitere Zertifizierungen nach Art. 42 DSGVO ebnen wird.
3. August 2022
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) Prof. Ulrich Kelber kritisierte in einer Stellungnahme einen neuen Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission zur Prävention und Bekämpfung sexuellen Missbrauchs von Kindern. Aus seiner Sicht biete die Verordnung keinen wirklichen Schutz für Kinder und ermögliche zugleich die anlasslose und flächendeckende Überwachung der privaten Kommunikation.
Die neue Verordnung
Anlass der neuen Verordnung ist die hohe Anzahl an verschicktem Bildmaterial, das sexuellen Missbrauch von Kindern beinhaltet. Bisher müssen Online-Dienste, nicht melden, wenn ihre Nutzer entsprechendes Bildmaterial verbreiten. Die neue Verordnung soll sie jetzt stattdessen zum Löschen und Melden von einschlägigem Bildmaterial verpflichten. Außerdem sollen künftig die Chats der Online-Dienste besser kontrolliert werden. Die Dienste sollen dafür neue Technologien einsetzen, um den Missbrauch von Kindern aufdecken zu können. Insbesondere könnte es, mit Einführung der neuen Verordnung, dazu kommen, dass die verschlüsselte Kommunikation in Chats aufgehebelt wird.
Scharfe Kritik
In seiner Stellungnahme empfahl der BfDI, dass die Europäische Kommission den Verordnungsentwurf noch einmal überarbeiten solle. Mit der jetzigen Version der Verordnung bestehe ein Risiko für den Schutz der in der EU-Grundrechte Charta garantierten Freiheitsrechte. Der Gesetzgeber müsse insbesondere den Schutz des Fernmeldegeheimnisses und ebenso des Datenschutzrechts wahren. Dabei kritisierte der BfDI ausdrücklich die geplanten Chatkontrollen. Außerdem seien die einzusetzenden Technologien anfällig für Fehler und bieten keine angemessene Bekämpfungsmaßnahme. Stattdessen können diese selbst eine Sicherheitslücke darstellen, wenn beispielswiese Kriminelle sie missbräuchlich nutzen.
In einer gemeinsamen Stellungnahme hatten zuvor der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDSB) und der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) bereits die Wichtigkeit des Rechts auf Privatleben und des Datenschutzes hervorgehoben. Zugleich betonten EDSB und EDSA, dass sexueller Missbrauch an Kinder ein schwerwiegendes und abscheuliches Verbrechen sei. Jegliche Maßnahmen zur Bekämpfung dieses Verbrechens müssen allerdings erforderlich und angemessen sein. Die neue Verordnung bringe die Gefahr eines allgemeinen und wahllosen Scannens von Inhalten auf Online-Plattformen mit sich.
Hierzu sagte der BfDI, dass man die anlasslose Massenüberwachung „(…) ansonsten nur aus autoritären Staaten (…)“ kenne.
20. Mai 2022
Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) hat neue Leitlinien zur Berechnung von Bußgeldern veröffentlicht. Aktuell befinden sich diese noch in der „Public Consultation“-Phase. Ziel sei es, die Methodik bei der Berechnung der Bußgelder zu vereinheitlichen.
Die Leitlinien richten sich an die Aufsichtsbehörden. Diese sollen demnach die Bußgelder künftig über eine standardisierte, fünfstufige Methodik berechnen. Sie ergänzen somit die Leitlinien für die Anwendung und Festsetzung von Bußgeldern (2016/679 (WP253)), die sich auf die Umstände konzentrieren, unter denen eine Geldbuße überhaupt verhängt werden kann.
Grundsätzlich liegt die Berechnung der Höhe der Geldbuße im Ermessen der Aufsichtsbehörde, vorbehaltlich der Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). In diesem Zusammenhang schreibt die DSGVO vor, dass die Höhe der Geldbuße wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein muss (Art. 83 Abs. 1 DSGVO). Zusätzlich müssen die Aufsichtsbehörden bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße eine Liste von Umständen berücksichtigen, die sich auf bestimmte Merkmale des Verstoßes (die Schwere) oder des Verursachers bezieht (Art. 83 Abs. 2 DSGVO).
Einstufung der Schwere des Verstoßes
Der EDSA erstellte eine aus fünf Schritten bestehende Methodik für die Berechnung von Bußgeldern für Verstöße gegen die DSGVO. Grundlage für die Höhe der Strafen ist laut der Verordnung der Umsatz des betroffenen Unternehmens.
- Zunächst müssten die relevanten Verarbeitungsprozesse ermittelt und die Schwere des Verstoßes bewertet werden (Kapitel 3).
- Anschließend müsste der Ausgangspunkt für die weitere Berechnung der Höhe der Geldbuße festgelegt werden (Kapitel 4). Dies erfolge durch die Einstufung des Verstoßes, gemessen an den vorliegenden DSGVO-Verstößen, der Schwere des Verstoßes im Lichte der Umstände des Falles sowie an der Bewertung des Umsatzes des Unternehmens.
- Der dritte Schritt beschreibt die Bewertung der belastenden und mildernden Umstände, die sich auf das frühere oder gegenwärtige Verhalten des für die Verarbeitung Verantwortlichen/Auftragsverarbeiters beziehen sowie die Erhöhung oder Herabsetzung der Geldbuße (Kapitel 5).
- Schritt vier erläutert dann die Ermittlung der einschlägigen gesetzlichen Höchstbeträge für die verschiedenen Verstöße. Die in den vorhergehenden oder nachfolgenden Schritten angewandten Erhöhungen dürfen diesen Höchstbetrag nicht überschreiten (Kapitel 6).
- Im letzten Schritt sei zu prüfen, ob der berechnete Endbetrag die Anforderungen an die Wirksamkeit, Abschreckung und Verhältnismäßigkeit erfüllt. Die Geldbuße könne dann noch entsprechend angepasst werden (Kapitel 7), jedoch ohne den jeweiligen gesetzlichen Höchstbetrag zu überschreiten.
Hohe Geldbußen möglich
Ausschlaggebend ist somit der Ausgangsbetrag. Dieser bildet den Maßstab für die Berechnung. Die Verstöße lassen sich demnach in drei Kategorien einordnen.
- Verstöße von geringer Schwere: Ausgangsbetrag zwischen 0 und 10 Prozent des geltenden gesetzlichen Höchstbetrags
- Verstöße mittlerer Schwere: Ausgangsbetrag zwischen 10 und 20 Prozent des geltenden gesetzlichen Höchstbetrags
- Schwerwiegende Verstöße: Ausgangsbetrag zwischen 20 und 100 Prozent des geltenden gesetzlichen Höchstbetrags
So könnte ein mittelschwerer Verstoß theoretisch schon früh zu sehr empfindlichen Geldbußen führen. Bei allen vorgenannten Schritten sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Berechnung einer Geldbuße keine rein mathematische Angelegenheit darstelle. Vielmehr seien die Umstände des konkreten Falles ausschlaggebend für die endgültige Höhe. In den Guidelines befinden sich auch einige Beispiele mit Fällen zur Bußgeldbemessung.
Darüber hinaus werde man die Leitlinien und die darin vorgeschlagene Methodik fortlaufend überprüfen.
9. Dezember 2021
Am 19.11.2021 hat der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) neue Leitlinien zum Zusammenspiel zwischen der Anwendung von Art. 3 DSGVO und den Bestimmungen über internationale Datenübermittlungen im Kapitel V (Art. 44 – 50 DSGVO) veröffentlicht. Die Leitlinien sollen den für die Verarbeitung Verantwortlichen und den Auftragsverarbeitern in der EU in Zukunft dabei helfen, festzustellen, ob eine Verarbeitung einen internationalen Datentransfer darstellt und somit besondere Pflichten auslöst. Vor allem seit dem Urteil des EuGH vom 16.7.2020 zum EU-US-Privacy-Shield in der Rechtssache Schrems II ist das Schaffen von Rechtsklarheit in diesem Bereich besonders bedeutsam.
Allgemeine Grundsätze der Datenübermittlung gemäß Art. 44 ff. DSGVO
Nach Art. 44 DSGVO ist eine Übermittlung personenbezogener Daten für deren Verarbeitung nur zulässig, wenn Verantwortliche und Auftragsverarbeiter die Bedingungen aus Art. 44 bis 50 DSGVO einhalten. Datentransfers in Länder, für die kein Angemessenheitsbeschluss nach Art. 45 DSGVO vorliegt, können dazu führen, dass Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter zusätzliche Schutzmaßnahmen ergreifen müssen. Fraglich ist, wann von einer Übermittlung personenbezogener Daten auszugehen ist, denn hierzu enthält die DSGVO keine Konkretisierungen. Vor diesem Hintergrund widmen sich die Leitlinien dem Zusammenspiel von Art. 3 DSGVO und Kapitel V der DSGVO.
Die Leitlinien stellen für die Ermittlung, ob ein solcher Transfer personenbezogener Daten an ein Drittland oder eine internationale Organisation vorliegt, drei Kriterien auf:
1. Der Datenexporteur unterliegt den Vorschriften der DSGVO. Dies ergibt sich aus Art. 3 DSGVO. Der EDSA verweist hierbei konkretisierend auf die Leitlinien 3/2018 zum territorialen Anwendungsbereich der DSGVO hin.
2. Der Datenexporteur übermittelt die personenbezogenen Daten an den Datenimporteur oder stellt sie ihm zur Verfügung. Relevant ist dabei, dass der EDSA bei diesem Kriterium betont, dass, wenn die Erhebung von Daten direkt bei betroffenen Personen in der EU auf deren eigene Initiative hin erfolgt, nicht von einem Datentransfer im Sinne der Art. 44 bis 50 DSGVO auszugehen ist. Denn hierbei gebe es keinen veranlassenden „Exporteur“.
3. Der Datenimporteur befindet sich (geografisch) in einem Drittland oder ist eine internationale Organisation.
Der EDSA macht deutlich, dass der Exporteur nicht in der EU oder dem EWR ansässig sein muss. Wichtig ist lediglich, dass der Empfänger der Daten (der Importeur) zwingend in einem Drittland ansässig sein muss. Für eine Anwendung der Vorschriften in Kapitel V der Datenschutz Grundverordnung ist es gerade keine Voraussetzung, dass der Exporteur unbedingt in der EU ansässig sein muss.
Liegen die Kriterien sodann gemeinsam vor, haben sich Verantwortliche und Auftragsverarbeiter an die besonderen Pflichten für Datentransfers in Art. 44 bis 50 DSGVO zu halten. Ferner nennt der EDSA bespielhaft weitere Sicherungsinstrumente wie den Rückgriff auf Standardvertragsklauseln und Zertifizierungsmechanismen. Die Leitlinien sollen insbesondere mehr Normenklarheit für Anwender und mehr Kohärenz innerhalb der Auslegung durch die verschiedenen nationalen Datenschutzbehörden in der EU schaffen. Die öffentliche Konsultation läuft bis Ende Januar 2022.
7. Oktober 2021
Am 27. September 2021 gab der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) bekannt, dass er eine “Cookie-Banner” Task Force eingerichtet hat. Ziel und Aufgabe dieser Task Force ist, die Beschwerden, die die Organisation None of Your Business (NOYB) im Zusammenhang mit Cookie-Bannern auf Webseiten bei mehreren EU-Datenschutzbehörden eingereicht hat und daraus resultierenden Antworten, zu koordinieren,.
Im Mai 2021 hatte NOYB über 500 Beschwerdeentwürfe und formelle Beschwerden an Unternehmen in der EU bezüglich der Verwendung ihrer Cookie-Banner geschickt. Die Beschwerden scheinen sich bei den meisten Webseiten auf das Fehlen einer Schaltfläche “Alle ablehnen” zu konzentrieren sowie auf die Art und Weise, wie Cookie-Banner ein trügerisches Design verwenden, um die Betroffenen dazu zu bringen, der Verwendung von nicht notwendigen Cookies zuzustimmen. Ein weiterer häufig genannter Beschwerdegrund ist die Schwierigkeit, Cookies abzulehnen, im Gegensatz zu der einfachen Möglichkeit, ihnen zuzustimmen.
Der EDPB erklärte, dass die Task Force in Übereinstimmung mit Art. 70 (1) (u) DSGVO eingerichtet wurde und das Ziel verfolgt, die Zusammenarbeit, den Informationsaustausch und die besten Praktiken zwischen den Datenschutzbehörden zu fördern. Die Einsatzgruppe soll sich über rechtliche Analysen und mögliche Verstöße austauschen, die Aktivitäten auf nationaler Ebene unterstützen und die Kommunikation vereinfachen.