Kategorie: Datenschutz in der Arztpraxis
30. August 2023
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) schlägt einen bedeutenden Paradigmenwechsel in der Datenschutzaufsicht im Gesundheitswesen vor. Im Referentenentwurf des Gesetzes zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (Gesundheitsdatennutzungsgesetz – GDNG) wird eine Neuregelung des § 9 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) vorgeschlagen, die auf eine Zentralisierung der Datenschutzaufsicht abzielt.
Ein neuer Absatz für eine breitere Zuständigkeit
Der Referentenentwurf des GDNG sieht vor, einen neuen Absatz 3 in § 9 BDSG einzuführen. In diesem Absatz wird dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) die exklusive Zuständigkeit für die Aufsicht über Stellen übertragen, die gesundheitsbezogene Sozialdaten im Sinne des § 67 SGB X verarbeiten. Diese Zuständigkeit erstreckt sich auch auf die Kranken- und Pflegekassen, den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztlichen Vereinigungen und weitere relevanten Einrichtungen.
Die Motivation für diese Änderung liegt laut der Begründung des Entwurfs darin, eine einheitliche Datenschutzpraxis sicherzustellen. Die unterschiedliche Auslegung durch verschiedene Aufsichtsbehörden hat bisher die Entwicklung einer konsistenten Datenschutzpraxis erschwert.
Ausbau der Zuständigkeit des BfDI
Mit dieser vorgeschlagenen Änderung würde der BfDI eine erweiterte Zuständigkeit erhalten. Bisher war der BfDI nur für bundesunmittelbare Krankenkassen verantwortlich, die in mehreren Bundesländern tätig sind. Doch nun würde der BfDI die Aufsicht über sämtliche Krankenkassen übernehmen, einschließlich derjenigen, die nur in einem Bundesland tätig sind, sowie Betriebskrankenkassen von Unternehmen.
Dies hätte zur Konsequenz, dass die Aufsicht innerhalb eines Konzerns oder einer Unternehmensgruppe fragmentiert würde. Eine Übersicht aller gesetzlichen Krankenkassen findet man beim GKV. Der BfDI wäre somit für sämtliche gesetzliche Krankenkassen alleinig zuständig.
Brisante Ausweitung der Zuständigkeit
Besonders brisant ist nicht nur die geplante Ausweitung der Zuständigkeit auf Krankenkassen, sondern auch der Vorschlag zur alleinigen Zuständigkeit für „Stellen, die gesundheitsbezogene Sozialdaten im Sinne des § 67 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch verarbeiten“. Diese Definition schließe eine Vielzahl von Einrichtungen ein, wie Jobcenter, Rentenversicherungen, Unfallversicherungen und Jugendämter, wie die Landesdatenschutzbehörden in ihrer Stellungnahme darauf hinweisen.
Fazit: Weitreichende Änderungen in der Datenschutzaufsicht
Die vorgeschlagene Neuregelung des § 9 BDSG im Referentenentwurf des GDNG signalisiert einen bedeutsamen Wandel in der Datenschutzaufsicht im Gesundheitswesen. Die Zentralisierung der Zuständigkeit beim BfDI könnte dazu beitragen, eine einheitlichere Datenschutzpraxis zu etablieren. Allerdings stellen sich auch Fragen bezüglich der praktischen Umsetzbarkeit und der Fragmentierung der Aufsicht innerhalb von Konzernen und Unternehmensgruppen. Die geplante Ausweitung der Zuständigkeit auf Stellen, die gesundheitsbezogene Sozialdaten verarbeiten, erweitert den Einflussbereich des BfDI erheblich. Die genauen Auswirkungen und Implikationen dieser Änderungen auf die Datenschutzaufsicht im Gesundheitswesen bleiben abzuwarten.
21. Februar 2023
Am 20. Januar 2023 erließ das Oberlandesgericht Hamm ein Urteil zugunsten eines Klägers über 100 Euro Schadensersatz i.S.v. Art. 82 Abs. 1 Alt. 2 DSGVO.
Sachverhalt
Im August 2021 kam es im Impfzentrum der Stadt Essen zu einem menschlichen Fehler, von jedoch großem datenschutzrechtlichem Ausmaß. Anstelle einer E-Mail zur Terminverschiebung der Impfung wurden Excel-Tabellen mit Daten der besonderen Kategorien von mehr als 13.000 Essener Bürgerinnen und Bürgern verschickt. Rund 1.200 Essener sollen auf diesem Weg statt eines neuen Termins sensible Gesundheitsinformationen von ihren Mitbürgern erhalten haben. Neben der Information, wann wer mit welchem Impfstoff geimpft werden sollte, wurden auch Adressen und Telefonnummern preisgegeben.
Die Berufung des Klägers gegen das am 02.06.2022 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Essen wies das Oberlandesgericht Essen zurück. Das Gericht kam in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass der Fehlversand der Excel-Tabellen einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorgaben darstelle. Neben einem Verstoß gegen die Grundsätze der Datenverarbeitung i.S.v. Art. 5 DSGVO liege auch ein Verstoß gegen den Schutz von besonderen Kategorien personenbezogener Daten nach Art. 9 DSGVO vor. Die Stiftung Datenschutz berichtet, dass das Oberlandesgericht Hamm einen Verstoß gegen die Verpflichtung zu technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Datensicherheit offenließe. Dies hatte die Vorinstanz allerdings bejaht. Das OLG Hamm lehnt eine Bagatellgrenze beim Schmerzensgeld ab und betont die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldanspruchs sowie dessen generalpräventive Wirkung zur Rechtfertigung der Höhe des Schmerzensgeldes.
Fazit
Selbst das höchste Maß technisch-organisatorischer Maßnahmen kann Bedienfehler menschlicher Natur nicht immer ausschließen. Obwohl es sich im beschriebenen Sachverhalt um einen Verstoß gegen die Grundsätze der Verarbeitung personenbezogener Daten handelt und auch Gesundheitsdaten betroffen sind, lässt das Oberlandesgericht Hamm das Bußgeld durchaus milde, aber verhältnismäßig sowie abschreckend ausfallen. Dennoch sollten Verantwortliche sowie Auftragsverarbeiter die Mitarbeitenden , welche sich mit personenbezogenen Daten auseinandersetzen, umfangreich schulen. Ein gut geschultes Bewusstsein für Fehlerquellen kann langfristig die Häufigkeit von Datenschutzvorfällen schmälern.
10. Januar 2023
Seit dem 1. Januar 2021 können alle gesetzlich Versicherten eine elektronische Patientenakte (ePA) ihrer Krankenkassen erhalten. Darin befinden sich medizinische Befunde und Informationen aus vorhergehenden Untersuchungen und Behandlungen über Praxis- und Krankenhausgrenzen hinweg, die umfassend gespeichert werden können. Ähnlich wie bei der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (wir berichteten) stellen sich auch bei der ePA datenschutzrechtliche Fragen.
So steht der Bundesdatenschutzbeauftragter (BfDI) Ulrich Kelber der Umsetzung der ePA kritisch gegenüber: Ein solches Opt-out System sei in der DSGVO „grundsätzlich nicht angelegt“.
Diesen Informationen ist ein besonders hohes Schadens- und Diskriminierungspotenzial immanent mit der Folge, dass die ePA-Daten daher – sowohl bezüglich des „Ob“ als auch des „Wie“ der Verarbeitungsmodalitäten – äußerst strikten Vorgaben unterliegen.
Wer hat Zugriff auf die Daten
Ein bedeutender Aspekt ist die Frage der Zugriffsgestaltung auf die ePA. Dafür ist am 20. Oktober 2020 das Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG) in Kraft getreten. Es enthält umfängliche Regelungen zur elektronischen Patientenakten. Mit dessen konkreten Ausgestaltungen zum Zugriffsmanagement – insbesondere für Versicherte, die kein geeignetes Endgerät besitzen oder nutzen wollen – verstößt es laut dem BfDI gegen die Datenschutz-Grundverordnung.
Umsetzung der ePA in vier Stufen geplant
Die Umsetzung des Berechtigungsmanagements soll in vier Stufen vorgenommen werden:
- Auf der ersten Stufe erhalten Patient*innen automatisch eine ePA.
- In der zweiten Stufe wird die digitale Akte sodann durch die Ärzte mit Informationen bestückt.
- Die dritte Stufe ermöglicht den behandelnden Mediziner*innen, die Akte einzusehen.
- Als letzte und vierte Stufe wird die Möglichkeit eröffnet, persönliche Gesundheitsdaten anonym zu Forschungszwecken zu spenden.
Offen ist allerdings noch, auf welcher Stufe Patienten der ePA widersprechen können.
Fazit
Das im PDSG normierte Zugriffsmanagement der ePA verstößt laut Kelber gegen die DSGVO und die Grundrechte der Versicherten. Der BfDI kommt so zu dem Schluss, dass eine Umsetzung der elektronischen Patientenakte ausschließlich nach den Vorgaben des nationalen Gesetzes europarechtswidrig sei.
19. Dezember 2022
Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) wird bald eingeführt, um Papier zu sparen sowie die Arbeit zu erleichtern. Dadurch müssen gesetzlich Versicherte ihrem Arbeitgeber grundsätzlich keine Bescheinigung mehr aushändigen, wenn sie arbeitsunfähig sind. Der Hinweis an den Arbeitgeber, dass er erkrankt ist, und die voraussichtliche Dauer genügt.
Wie funktioniert die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?
Der Arzt erstellt die eAU in seinem Praxisverwaltungssystem (PVS), signiert sie mit einer Qualifizierten Elektronischen Signatur (QES) und verschickt sie Ende-zu-Ende-verschlüsselt mit dem KIM-Dienst (Kommunikation im Medizinwesen) an die Krankenkasse des erkrankten Arbeitnehmers. Ärtze sind bereits seit Oktober 2021 zum Versenden der eAU verpflichtet. Welche Systeme den eAU-Versand ermöglichen, lässt sich im TI-Score der für die Digitalisierung zuständigen Gematik GmbH sehen.
Sobald die eAU an die Krankenkasse verschickt wurde, gelangt sie zu einer zentralen Sammelstelle der gesetzlichen Krankenkassen. Somit sind jetzt die gesetzlichen Krankenkassen zum Nachweis verpflichtet. Der Arbeitgeber kann die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung über das Entgeltabrechnungsprogramm bei der Sammelstelle anfragen und sie abrufen, sobald sie dort bereitsteht: Eine Abfrage ist frühestens ab dem Folgetag der Arbeitsunfähigkeit sinnvoll. Bleibt der Arbeitgeber drei Tage lang ohne Krankschreibung von der Arbeit, empfiehlt die AOK eine Abfrage frühestens ab dem fünften Tag der Arbeitsunfähigkeit. Außerdem wird der Arbeitgeber informiert, sobald die AU bereitsteht.
Die Änderungen durch die eAU für gesetzlich Versichertete
Ab Januar 2023 müssen gesetzlich Versicherte ihren Arbeitgeber nur noch über ihre Erkrankung informieren, vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Nur wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage dauert und es im Arbeitsvertrag nicht anders geregelt ist, kann der Arbeitgeber eine Anfrage bei einer dafür eingerichteten Stelle bei den gesetzlichen Krankenkassen stellen. Grundsätzlich müssen Arbeitnehmer demnach keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mehr an die Krankenkasse oder den Arbeitgeber senden.
Die Änderungen für Arbeitgeber
Arbeitgeber dürfen ab Januar 2023 von ihren gesetzlich Versicherten in der Regel keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mehr verlangen. Dazu muss der Arbeitgeber verschiedene Angaben übermitteln, etwa den Namen, das Geburtsdatum, die Versichertennummer und die Betriebsnummer des Beschäftigungsbetriebs. Ist die Versichertennummer des Arbeitnehmers nicht bekannt, muss diese mit dem Abrechnungsprogramm bei der Datenstelle der Rentenversicherung abgefragt werden. Wenn das nicht möglich ist, müssen zusätzlich Geburtsname und Geburtsort des Arbeitnehmers zur eindeutigen Identifikation angegeben werden.
Praxistipp bei technischen Störungen
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Übergang zur eAU nicht ohne Probleme funktionieren wird. Das bedeutet also, dass die behandelnden Ärzte den Versicherten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die dem Arbeitgeber vorgelegt werden kann, wohl weiter in Papierform aushändigen.
Gerade zu Beginn des elektronischen Meldeverfahrens ist es laut einer Sprecherin des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS)„wichtig, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Nachweis für ihre Arbeitsunfähigkeit erhalten, den sie bei Bedarf gegebenenfalls selbst ihrem Arbeitgeber vorlegen können, wenn dieser beispielsweise irrtümlich von unberechtigten Fehlzeiten ausgeht und arbeitsrechtliche Konsequenzen (Lohnkürzung, Abmahnung, Kündigung) erwägt“. Daher sei es laut BMAS wichtig, dass Ärztinnen und Ärzte den Versicherten übergangsweise eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für Arbeitgeber in Papierform aushändigen. Gesetzlich Versicherte sollten demnach auch darauf „achten und gegebenenfalls ausdrücklich darauf bestehen, dass ihnen diese Bescheinigung weiterhin ausgestellt wird“.
16. September 2022
Letzte Woche ging es in Teil 1 um allgemeine Fragen über die eGK.
In Teil 2 geht es heute um den Datenschutz auf der eGK und darum, wie man künftig mit der eGK E-Rezepte abholen kann.
Wie werden die Daten auf der eGK geschützt?
Der Datenaustausch über die eGK findet über die sog. Telematikinfrastruktur (TI) statt. Für diese ist die gematik zuständig. In der TI werden die Gesundheitsdaten zu jedem Zeitpunkt verschlüsselt. Dadurch soll verhindert werden, dass Unbefugte die Daten lesen können. Ein Signaturverfahren schützt die Daten vor unberechtigter Veränderung und stellt die Urheberschaft der Daten sicher.
Zugriff auf die Daten der eGK hat nur ein gesetzlich festgelegter Personenkreis, z.B. (Zahn-)Ärztinnen und (Zahn-) Ärzte.
Möchten diese auf die gespeicherten Gesundheitsdaten des eGK zugreifen, erfolgt dies nach dem sog. „2-Schlüssel-System“. Die Versicherten müssen ihre Daten zunächst mit dem ersten „Schlüssel“ freischalten und dazu einen PIN eingeben. Dann müssen die Ärztinnen und Ärzte ihren zweiten „Schlüssel“ eingeben, dieser besteht aus ihren Heilberufsausweis und ebenfalls einer PIN.
Sollte der eGK einmal verloren gehen, muss dies der Krankenkasse gemeldet werden, damit der Versicherte eine neue eGK bekommt. Die auf dem Chip gespeicherten Daten sind durch ihre Verschlüsselung aber trotzdem vor unbefugten Zugriffen geschützt.
Wie kann man seine E-Rezepte zukünftig mit der eGK abholen?
Wenn man diese Funktion nutzen möchte, kann man zukünftig seine eGK in der Apotheke vorzeigen. Diese wird dann – wie in einer Arztpraxis- eingelesen. Dabei wird geprüft, ob die Karte auch nicht gesperrt und das Authentisierungszertifikat gültig ist. Ist dies gegeben, können die Versichertenstammdaten eingesehen werden. Auch offene Rezepte werden dann angezeigt, die in der Apotheke dann eingelöst werden können.
Für diese Verfahren soll die Eingabe einer PIN nicht erforderlich sein, damit auch Vertretungsfälle (Versicherter bittet z.B. Angehörigen, das Rezept einzulösen) möglich sind.
9. September 2022
Nachdem das neue, elektronische Rezept (auch E-Rezept) in den letzten Wochen aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken zum Übermittlungsvorgang bereits Gesprächsstoff war, gibt es dazu eine neue Ankündigung. So veröffentlichte die gematik (Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte, Nationale Agentur für Digitale Medizin) eine Pressemitteilung, nach der Patientinnen und Patienten künftig auch mit ihrer elektronischen Gesundheitskarte (eGK) E-Rezepte für verschreibungspflichtige Arzneimittel einlösen können.
Wie die eGK eigentlich genau funktioniert und wie man damit seine E-Rezepte abholen soll, erläutern wir im Folgenden in einem zweiteiligen Beitrag.
In Teil 1 werden wir diese Woche zunächst allgemeines über die eGK erklären.
Was genau ist die eGK?
Die elektronische Gesundheitskarte gilt seit dem 01.01.2015 als Berechtigungsnachweis für gesetzlich Versicherte. Sie werden von den jeweiligen Krankenkassen an ihre Versicherten ausgeteilt. Sie dient als Ausweismöglichkeit in einer Arztpraxis oder einem Krankenhaus. Auf ihr können außerdem persönliche Daten gespeichert werden.
Welche Daten werden auf der eGK gespeichert?
Auf der Vorderseite der eGK selbst sind der Name des Versicherten und seine Versichertennummer, sowie ein Lichtbild abgedruckt.
In der Karte befindet sich ein Mikroprozessor-Chip. Auf diesem sind zunächst administrative Daten der Versicherten z.B. Name, Geburtsdatum, Anschrift und Angaben zur Krankenversicherung (Krankenversichertennummer und Versichertenstatus) gespeichert. Diese Daten werden auch Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) genannt. Diese Daten auf dem Chip zu speichern ist Pflicht.
Auf Wunsch des Versicherten können zusätzlich Notfalldaten (NFDM) auf der eGK gespeichert werden. Dazu gehören z.B. Informationen zu Arzneimittelunverträglichkeiten, Allergien und chronischen Erkrankungen, sowie Kontaktdaten zu behandelnden Ärzten und zu Angehörigen.
Auch der elektronische Medikationsplan (eMP) und die elektronischen Patientenakte (ePA) können auch Wunsch der Versicherten genutzt werden.
Wie funktioniert die eGK?
Die eGK wird vor ärztlichen Behandlungen eingelesen, wobei die Praxen dann die auf dem Chip gespeicherten, administrativen Daten abrufen können. Bei Bedarf können die Praxen diese Daten aktualisieren. Dadurch wird geprüft, ob ein gültiges Versicherungsverhältnis besteht.
Neue Karten sind außerdem mit einer Near Field Communication (NFC) – Funktion versehen. Dadurch ist mit einem PIN ein kontaktloser Datenaustausch möglich.
Die Rückseite der eGK kann von den Krankenkassen als “Europäische Krankenversicherungskarte” verwendet werden und macht somit eine unbürokratische Behandlung innerhalb Europas möglich.
In Teil 2 geht es dann nächste Woche um den Datenschutz auf der eGK und darum, wie man künftig mit der eGK E-Rezepte abholen kann.
23. August 2022
Das elektronische Rezept, welches ab dem 01. September 2022 bundesweit eingeführt werden soll, wurde in Schleswig-Holstein aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken, gestoppt.
Was ist das elektronische Rezept?
Das elektronische Rezept (auch „E-Rezept“) ist ein Rezept, dass ausschließlich digital erstellt und signiert wird. Es soll laut Bundesgesundheitsministerium das Gesundheitswesen digitalisieren und Abläufe vereinfachen. Auch wer als Patient eine Videosprechstunde in Anspruch nimmt, soll sich danach den Weg in die Praxis für das Rezept-Abholen sparen können. Gleichzeitig soll das E-Rezept Behandlungen auch sicherer machen. Das E-Rezept soll auch weitere Anwendungen ermöglichen, z.B. eine Medikationserinnerung und einen Medikationsplan mit eingebautem Wechselwirkungscheck. Patienten können das Rezept über eine E-Rezepte-App verwalten und digital an die gewünschte Apotheke ihrer Wahl senden. Wer die App nicht nutzen möchte, kann sich die für die Einlösung des Rezeptes erforderlichen Zugangsdaten als Papierausdruck in der Arztpraxis aushändigen lassen. Das E-Rezept enthält einen Rezeptcode und ist ohne händische Unterschrift gültig (hier können Sie so einen Ausdruck sehen). Eingelöst werden können die E-Rezepte dann in jeder Apotheke oder Online-Apotheke. E-Rezepte sollen 100 Tagen nach der Einlösung automatisch gelöscht werden (weitere Fragen zur App werden hier beantwortet).
Warum wurde es in Schleswig-Holstein gestoppt?
In Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe wurden in einer Testphase Pilotprojekte des E-Rezeptes in ausgewählten Praxen und Krankenhäusern betrieben. Ab dem 01. September 2022 soll die „Rollout-phase“ beginnen und nach einem regional und zeitlich gestuften Verfahren nach und nach bundesweit das E-Rezept eingeführt werden.
Nun hat sich die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) vorerst aus der Einführung des E-Rezeptes zurückgezogen. Grund dafür ist laut einer Pressemitteilung des Datenschutzbeauftragten Schleswig-Holstein (ULD), dass die KVSH vorgeschlagen hatte, die E-Rezepte per SMS oder E-Mail an Menschen ohne E-Rezepte-App zu versenden. Dies lehnte der ULD ab und verwies darauf, dass es sich bei dem E-Rezept um sensible Gesundheitsdaten handle. Diese per E-Mail zu versenden, stelle eine Übermittlung dieser Daten dar. Das Verfahren sei dafür zu unsicher. Die KVSH sieht durch diese Untersagung eine Alltagstauglichkeit des E-Rezeptes nicht mehr gegeben.
Die Rezepte-App selbst wurde vom ULD nicht geprüft. Ob der Rückzug der KVSH einen Einfluss auf die Einführung des E-Rezeptes haben wird, bleibt abzuwarten.
10. September 2021
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber weist vier große gesetzliche Krankenkassen an, die neue elektronische Patientenakte (ePa) mit weiteren Datenschutzfunktionen zu erweitern. Anderenfalls verstoße die digitale Patientenakte gegen die DSGVO, so Kelber am Donnerstag. Es sollen noch weitere Anweisungen an andere Kassen erfolgen.
Kelber verlangt, dass die Versicherten selbst bestimmen können, wer was zu sehen bekommt. „Dem Versicherten muss das Recht eingeräumt werden, welches Dokument er welchem Dritten (Arzt, Therapeut etc.) zur Kenntnis geben möchte”, heißt es in dem Schreiben an die Krankenkassen, dass der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Ein “Alles-oder-Nichts-Prinzip” entspreche nicht dem Stand der Technik und verstoße gegen die DSGVO.
Zudem stört Kelber, dass die ePA von den Versicherten nur mit einem geeigneten Smartphone eingesehen und verwaltet werden kann. “90 Prozent der Versicherten mit mobilen Endgeräten werden ab 2022 Einblick nehmen und den Zugriff auf die Inhalte steuern können.” Den anderen zehn Prozent solle das verwehrt bleiben. “Dabei kann man das natürlich organisatorisch auch für diese zehn Prozent umsetzen.” Es gebe zwar die Möglichkeit, Dritten eine Vollmacht zur Einsichtnahme und Bearbeitung auszustellen und damit “die eingeschränkte Datensouveränität zu lindern, vollständig wiederherstellen vermag sie die eingeschränkte Souveränität jedoch nicht.”
Die Vollmacht-Lösung geht nach Einschätzung Kelbers auch nicht auf Bedenken gegen eine Verarbeitung von Gesundheitsdaten auf privaten Endgeräten ein. Hier sei vorstellbar, dass die Krankenkassen in ihren Filialen beispielsweise einen Tablet Computer in einem geschützten Netz vorhalten, auf dem sich die Versicherten einloggen und ihre persönliche Patientenakte verwalten können.
Der Streit um die Freigabe in der ePA dürfte in einen Rechtsstreit enden. Experten gehen davon aus, dass quasi alle Krankenkassen gegen Weisungen des Bundesbeauftragten klagen werden. Der Barmer-Vorstandsvorsitzende Christoph Straub hat sich bereits für rechtliches Vorgehen ausgesprochen. Gegen die Anweisung Kelbers kann beim Sozialgericht Köln Klage erhoben werden.
26. April 2021
Der Impfausweis ist momentan ein so reges Gesprächsthema wie selten zuvor. Noch vor ein paar Tagen warnte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf Twitter davor, Fotos vom Eintrag der Covid-19-Impfung im Impfausweis in sozialen Netzwerken zu posten. Dies erfolgt vor dem Hintergrund, dass es sich bei den abgebildeten Informationen um sensible, persönliche Gesundheitsdaten handelt, die von Kriminellen missbraucht werden können. Auch können mithilfe solcher Fotos Fälschungen von Impfpässen angefertigt werden, ein Umstand der in den letzten Wochen für Aufsehen sorgte.
Dementsprechend könnte man sich fragen, ob nicht etwa ein digitaler Impfpass sicherer wäre. Die EU-Staaten planen etwa ein einheitliches “digitales, grünes Zertifikat” für den kommenden Sommer. Ein solches soll Geimpfte, Genesene und solche mit negativem Testergebnis ausweisen und so vor allem Reisen einfacher möglich machen. Der Nachweis soll aus einem QR-Code und einer Signatur bestehen und auf einem mobilen Gerät gespeichert werden können. Technisch soll das Ganze möglich sein, indem jede ausstellende Stelle einen eigenen Signaturschlüssel bekommt. Diese Schlüssel werden in einer EU-weiten, sicheren Datenbank gespeichert. Personenbezogene Daten sollen dabei, laut Europäischer Kommission, nicht übermittelt werden.
Trotzdem kommt Kritik an dem Vorhaben auf. Problematisch scheint hier vor allem, ob wirklich ein umfassender Datenschutz gewährleistet werden kann. So betonte der Europäische Datenschutzbeauftragte Wojciech Wiewiórowski in einer Stellungnahme des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA), dass es keine Datenbank mit personenbezogenen Daten auf EU-Ebene geben dürfe. Auch müsse klar geregelt werden, welche Daten wann und wie lange verwertet werden dürfen.
Eine Positionierung des europäischen Parlamentes diesbezüglich wird am 29.04. erwartet. Dabei sollten auch offene, datenschutzrechtliche Fragen geklärt werden.
Die entsprechenden Systeme für den Ausweis müssen auf nationaler Ebene von den Mitgliedsstaaten eingerichtet werden. Auf deutscher Ebene soll dieser Nachweis als Modul in die Corona-Warn-App integriert werden. Der analoge Ausweis soll durch einen digitalen nur ergänzt und nicht ersetzt werden, wie das BMG betont. Ob ein solcher digitaler Ausweis in der Praxis dann tatsächlich mehr Vorteile bringt als der analoge, wird abzuwarten sein.
8. April 2021
Die Europäische Kommission verfolgt das Thema Cybersecurity mit hoher Priorität. In diesem Zuge wurde im Dezember 2020 ein Vorschlag für eine neue Richtlinie zur Netz- und Informationssicherheit (NIS-Richtlinie) vorgelegt. Diese soll die bestehende Richtlinie ablösen.
Die Erneuerung der NIS-Richtlinie stellt eine Reaktion auf vergangene Sicherheitsvorfälle öffentlicher und privater Einrichtungen auf dem Gebiet der Cybersicherheit dar. Der Vorschlag beinhaltet eine neue Cybersicherheitsstrategie, welche die Resilienz und Reaktion innerhalb der EU verbessern soll. Auch umfasst ist einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Abwehr von Angriffen durch Betreiber wesentlicher Dienste, die physische Bedrohungen von diesen Betreibern abwenden soll.
Praktische Auswirkung wird der Entwurf auch für Unternehmen des Gesundheitssektors entfalten. Der Vorschlag sieht in diesem Bereich deutlich verschärfte Pflichten vor. So sollen Unternehmen des Gesundheitssektors technische und organisatorische Maßnahmen ergreifen, die dem Stand der Technik entsprechen und damit ein angemessenes Sicherheitsniveau für die IT-Systeme gewährleisten. Dazu definiert der Entwurf einige Mindestanforderungen an das Risikomanagement, in dem etwa Datenverschlüsselung, Risikobewertungen und eine besondere Berücksichtigung der Lieferkette vorgesehen sind. Durch die Einführung solcher Mindeststandards könnten in Zukunft Vorfälle, wie der durch einen Hackerangriff verursachten Todesfall im Universitätsklinikum Düsseldorf, vermieden werden.
Mit der Erneuerung der NIS-Richtlinie reagiert die EU mithin auch auf die wachsende digitale Verantwortung, welche sich insbesondere in der COVID-19-Pandemie drastisch erhöht hat.