Schlagwort: Persönlichkeitsrechte Dritter

BGH-Grundsatzurteil: Eltern dürfen auf Facebook-Konto ihrer toten Tochter zugreifen

16. Juli 2018

Was passiert mit den Inhalten eines Facebook-Nutzerkontos, wenn der Inhaber verstirbt und diesen Fall nicht vorab in seinen Einstellungen geregelt hat? Sind digitale Daten vererbbar?

Am Donnerstag, den 12. Juli, fiel in Karlsruhe ein Urteil von grundsätzlicher Bedeutung: Private Daten wie ein Facebook-Nutzerkonto fallen nach dem Tod des Nutzers grundsätzlich an seine Erben. Ein Anspruch der Erben auf Einsichtnahme in die Daten ergibt sich aus dem Nutzungsvertrag, welchen ein Kontoinhaber mit Facebook hat. Die Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag gehen auf die Erben über.

Das Urteil beendet einen langjährigen Rechtsstreit zwischen Facebook und den Eltern einer verstorbenen Nutzerin, welche sich fünfeinhalb Jahre nach dem Tod ihrer Tochter gegen den US-Konzern durchsetzen konnten. Die Eltern hatten gegen Facebook geklagt, weil sie sich durch eine Einsicht in die Facebook-Kommunikation ihrer Tochter eine Aufklärung der Todesumstände erhofften. Das Mädchen war Ende 2012 in Berlin vor eine U-Bahn gestürzt. Bis heute ist ungewiss, ob es sich um einen tragischen Unfall oder um Selbstmord handelte.

Facebook hatte das Konto nach dem Tod des Mädchens in den Gedenkzustand versetzt und somit “eingefroren”. Auch mit dem Passwort war eine Anmeldung für die Eltern nicht möglich. Das Unternehmen verweigerte eine Freigabe der Kontoinhalte, weil die Freunde des Mädchens darauf vetraut hätten, dass ihre Kommunikation privat bliebe. Diese Ansicht teilte das höchste deutsche Gericht nicht: Zwar können der Absender einer Nachricht bei Facebook darauf vertrauen, dass diese an ein spezielles Konto zugestellt werde, nicht jedoch an eine konkrete Person.

Auch wenn das Urteil Bedenken in Bezug auf die Persönlichkeitsrechte Dritter, mit welchen die Verstorbene kommuniziert hat aufwirft, so ist dieses nur konsequent: Bei Briefen und Tagebüchern bestehen hinsichtlich einer Erbschaft keine Bedenken. Warum sollten digitale Daten dann anders behandelt werden?