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VG Berlin: Handyauswertung bei Asylsuchenden kann rechtswidrig sein

21. Juni 2021

Mit Urteil vom 01.06.2021 hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin entschieden, dass das Auswerten des Handys einer Asylsuchenden rechtswidrig ist, wenn vorher mildere Mittel ergriffen werden können.

In dem konkreten Fall ging es um eine 44-Jährige Frau, die 2019 nach Deutschland einreiste. Sie gab an, afghanische Staatsangehörige zu sein. Ausweisen konnte sie sich nicht, sie legte aber bei der Stellung des Asylantrages eine afghanische Geburts- und Heiratsurkunde vor. Das Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge (BAMF) forderte sie außerdem dazu auf, ihr Handy zu übergeben und die entsprechenden Zugangsdaten zur Verfügung zu stellen. Dieser Forderung kam sie nach, sodass in ihrem Beisein ihr Handy mit einer Software ausgelesen und die Daten zu einem sogenannten Ergebnisreport verarbeitet wurden. Ein solcher Report kann im folgenden Asylverfahren verarbeitet werden. Anschließend wehrte sich die Frau gerichtlich, sie sah sich durch dieses Vorgehen in ihren Grundrechten verletzt.

Grundlage des Vorgehens des BAMF ist § 15a AsylG. Dieser räumt dem BAMF die Befugnis ein, Datenträger von Asylsuchenden (Bspw. Handys, Laptops, Tablets) auszuwerten, um die Identität und Staatsangehörigkeit festzustellen. § 15a AsylG steht seit seiner Einführung 2017 stark in der Kritik, wurde vor dem Hintergrund, dass hier besonders sensible Daten betroffen sind, sogar als verfassungswidrig bezeichnet. Keinesfalls solle eine solche Befugnis routinemäßig angewandt werden. Jedoch kritisierte die Neue Richtervereinigung (NRV) noch letztes Jahr, das Verfahren sei längst Standard und würde jährlich zehntausendfach durchgeführt.

In dem vorliegenden Fall entschied nun das VG Berlin, dass das Vorgehen des BAMF rechtswidrig war. Problematisch war, dass das BAMF nicht zunächst mit den bereitgestellten Dokumenten arbeitete, sondern schon vorher das Handy auswertete. So komme es zu einer Speicherung von Daten auf Vorrat, dies sei unzulässig. Das Auswerten der ursprünglichen Dokumente sei hier milderes Mittel gewesen und hätte vorher unternommen werden müssen. Die rechtswidrig erhobenen Daten dürfen demnach auch nicht im weiteren Asylverfahren herangezogen werden.

Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung dieses Rechtsstreites ist der Weg zum Bundesverwaltungsgericht offen. Welche Auswirkungen das Urteil des VG für die Praxis der Handyauswertung hat, bleibt abzuwarten.

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Fingerabdrücke von Asylbewerbern sollen gescannt werden

31. Mai 2017

Die Regierungskoalition beabsichtigt die geltenden Datenschutzbestimmungen anhand eines Bündels von neuen Regelungen zu ändern. Danach sollen zukünftig auch Fingerabdrücke von Asylbewerbern gescannt werden können.

Die Regierungsfraktionen bezwecken damit eine weitgehende Befugnis der zuständigen Behörden, auf deren Basis diese Fingerabdrücke von Asylbewerbern zur Identitätsprüfung abnehmen, scannen und mit den dazu im Ausländerzentralregister gespeicherten Daten abgleichen dürfen. So soll die Aufdeckung von möglichen Sozialleistungsmissbrauchsfällen leichter ermöglicht werden.

Aus Datenschutzkreisen hagelt es harsche Kritik an dem Antrag der Regierungsfraktionen der CDU/CSU und SPD. So hält die Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD) den Änderungsantrag für rechtswidrig, da einige der neuen Bestimmungen gegen Wortlaut und Sinn von EU-Vorgaben verstoßen. Das Scannen der Fingerabdrücke von Flüchtlingen werde eingeführt, ohne vorher “geeignete Garantien für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen” zu schaffen. Die Zustimmung des Antrages, welcher lediglich noch eine Formsache ist, verrate demnach den digitalen Grundrechtsschutz. Noch schärfere Worte fand der Vize-DVD-Vorsitzende, Werner Hülsmann: “Was hier im Schnelldurchgang durchgeboxt werden soll, straft jedes Lippenbekenntnis der Bundesregierung zum Datenschutz Lügen.”

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