Rechtsmissbrauch in Auskunftsansprüchen nach Art. 15 DSGVO: Aktuelle Entwicklungen und Urteile

4. September 2023

Ein bedeutender Aspekt der DSGVO ist das Recht auf Auskunft, das in Art. 15 der DSGVO verankert ist. Dieses Recht ermöglicht es den betroffenen Personen, Informationen über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu erhalten. In der Praxis hat sich dabei eine interessante Frage ergeben: Kann dieses Auskunftsrecht missbraucht werden, um Informationen zu erhalten, die zwar legitime Zwecke verfolgen, aber nicht unmittelbar mit dem Datenschutz zu tun haben? Zum Beispiel könnten Personen Auskunft über ihre Daten verlangen, um unrechtmäßig erhobene Bankgebühren oder zu Unrecht gezahlte Versicherungsprämien zurückzufordern. Diese Frage des sogenannten “Rechtsmissbrauchs” in Bezug auf Auskunftsansprüche beschäftigt die Rechtsprechung und hat in jüngster Zeit zu verschiedenen Urteilen geführt.

Die Vorlage des BGH an den EuGH

Der Bundesgerichtshof hat diese Frage in einem Beschluss vom 29. März 2022 dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt (BGH, EuGH-Vorlage vom 29. März 2022 – VI ZR 1352/20 –). Der BGH äußerte auch Zweifel, ob in solchen Fällen tatsächlich ein Rechtsmissbrauch vorliegt, da der Wortlaut von Art, 15 der DSGVO keine solche Beschränkung vorsieht.

In einem aktuellen Urteil hat sich auch das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 03.05.2023, Az. 20 U 146/22) mit der Frage des Rechtsmissbrauchs im Zusammenhang mit Auskunftsansprüchen nach Art. 15 DS-GVO befasst. Der Fall drehte sich um Prämienanpassungen in einer privaten Krankenversicherung. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO abgeleitet werden kann. Das Gericht erkannte zwar an, dass einige der angeforderten Informationen personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Abs. 1 DS-GVO darstellen. Dennoch stand der Beklagten nach Art. 12 Abs. 5 S.2 lit. b DSGVO ein Weigerungsrecht zu. Obwohl die Vorschrift häufige Wiederholungen als Beispiel für “exzessive” Anträge nennt, betonte das Gericht, dass sie auch andere rechtsmissbräuchliche Anträge abdecken soll.

Schutzzweck des DSGVO

Bei der Beurteilung, was als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist, ist der Schutzzweck der DSGVO zu berücksichtigen. Der Sinn und Zweck des Auskunftsrechts nach Art. 15 DSGVO besteht darin, betroffenen Personen die Möglichkeit zu geben, sich bewusst zu werden, wie ihre personenbezogenen Daten verarbeitet werden, und die Rechtmäßigkeit dieser Verarbeitung zu überprüfen. In diesem Fall verfolgte der Kläger jedoch nicht dieses datenschutzrechtliche Interesse. Vielmehr diente seine Auskunftsanfrage ausschließlich der Überprüfung von möglichen formellen Mängeln in Bezug auf Prämienanpassungen. Ein solcher Zweck entspricht nicht dem Schutzzweck der DSGVO.

Fazit

Es bleibt abzuwarten, wie der Europäische Gerichtshof auf die Vorlage des BGH reagieren wird und ob weitere Klarstellungen zu diesem Thema erwartet werden können. Bis dahin sollten Unternehmen und Betroffene gleichermaßen die Entwicklungen aufmerksam verfolgen und sich bewusst sein, dass das Auskunftsrecht nach der DSGVO nicht grenzenlos ist, sondern bestimmten Schutzzwecken dient.