Schlagwort: Quick Freeze

EuGH kippt anlasslose Vorratsdatenspeicherung

12. Oktober 2022

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hält die anlasslose Vorratsdatenspeicherung in Deutschland für rechtswidrig – und für einen Verstoß gegen die Grundrechte. So ist das allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 GG iVm. Art. 1 Abs. 1 GG betroffen, und darüber die informationelle Selbstbestimmung.

Dies entschied der EuGH in seiner Entscheidung vom 20. September 2022. Sie stellt eine äußerst bedeutende Entscheidung für den zukünftigen Kurs der Bundesregierung dar. Somit wird im Kontext der digitalen Strafverfolgung, anhand spezifischer Kommunikationsdaten verdächtigter Bürger, wohl ein anderes Vorgehen unvermeidlich sein.

Bundesjustizminister stellt sogenanntes „Quick-Freeze-Verfahren” vor

Mit diesem Verfahren soll eine anlasslose Speicherung von Kontaktdaten durch Unternehmen vermieden- und stattdessen ein sinnbildliches Einfrieren von Verkehrsdaten ermöglicht werden. Es handelt sich dabei um einen Zugriff auf noch im Unternehmen vorhandene Daten.
Klärend muss an dieser Stelle erläutert werden, dass es sich bei den nun einzufrierenden Telekommunikationsdaten („Verkehrsdaten“) nicht um anlasslos gespeicherte Daten handelt. Die betroffenen Daten liegen aufgrund unternehmenseigener Agenden schlichtweg noch vor.

Das „Quick-Freeze-Verfahren“ in zwei Schritten

Im ersten Schritt soll Ermittlungsbehörden, bei Verdacht auf eine Straftrat mit erheblicher Bedeutung hin, ein agiles Einfrieren möglicher relevanter Verkehrsdaten beim Unternehmen möglich gemacht werden. Provider dürften sodann vorhandene korrelierende- sowie neu anfallende Daten nicht mehr löschen.
Im zweiten Schritt erst würde eine Übermittlung der Daten an die Ermittler erfolgen. Auch hierfür wäre wieder ein Gerichtsbeschluss unter der Voraussetzung, dass die eingefrorenen Daten auch wirklich ermittlungsrelevant wären, notwendig.

Fazit

Mit der Entscheidung des EuGH geht der Kurs der Bundesregierung unweigerlich in eine Richtung die zugunsten der Grundrechte ausfällt. Ein stetiges Gefühl von Überwachung hat in einer demokratischen Gesellschaft schlichtweg keinen Platz. Auch die Ermittlungsbehörden haben durch diese Entscheidung keine Nachteile. Das „Quick-Freeze-Verfahren“ könnte sich möglicherweise als ein agiles Instrument zur zuverlässigen Bekämpfung von Kriminalität erweisen.

EU-Kommission verlangt Vorratsdatenspeicherung in Deutschland innerhalb vier Wochen

21. März 2012

Soviel Zeit bleibt Deutschland, um eine Klage der Europäischen Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof abzuwenden. Dieser Schritt wurde gleichzeitig mit der vierwöchigen Frist angekündigt, sollte Deutschland die vom Bundesverfassungsgericht 2010 kassierte Vorratsdatenspeicherung nicht wieder einführen. Im schlimmsten Fall droht ein Zwangsgeld durch das höchste europäische Gericht.

Grund ist die 2006 beschlossene EU-Richtlinie, nach der sich alle Mitgliedstaaten zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung verpflichtet haben. In der konkreten Ausgestaltung sind die Staaten frei, sodass eine erstmalige Regelung in Deutschland aus dem Jahr 2007 von dem Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt werden konnte. Seitdem besteht im Bundestag keine Einigkeit, wie die Neuregelung ausgestaltet werden soll. Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger favorisiert das „Quick-Freeze“-Modell, wonach Daten nur bei konkretem Anlass von Providern eingefroren und nicht wie üblich schon nach kurzer Zeit gelöscht werden. Andere Stimmen fordern die ausnahmslose Speicherung aller Daten für sechs Monate auf Vorrat.