VG Berlin: Auskunft über 5000 Seiten

8. März 2024

Das Auskunftsrecht ist essenzieller Bestandteil der Gewährleistung von Datenschutz. Dabei ist der Umfang dieses Auskunftsrecht bislang nicht abschließend geklärt. Immer wieder kommt es vor, dass Betroffene Auskunft über ihre gespeicherten Daten verlangen und Unternehmen diese aufgrund von Unverhältnismäßigkeit verweigern. Am 06.02.2024 hat das VG Berlin das Verlangen einer Auskunft trotz vorheriger erforderlicher Kontrolle von über 5000 Seiten gewährt.

Der zugrundeliegende Fall

Der Kläger ersuchte die Beklagte um Auskunft über die bei ihr gespeicherten personenbezogenen Daten sowie um eine Kopie sämtlicher hierbei relevanter Dokumente. Die Beklagte gab Auskunft über die im IT-Programm gespeicherten personenbezogenen Daten, die Datenkategorien sowie die Empfänger, an die sie diese weitergegeben hatte.

Allerdings verweigerte sie die Übergabe sämtlicher Kopien und bat den Kläger sein Auskunftsbegehren zu konkretisieren. Der Kläger benötige nicht alle Kopien zur Prüfung der Rechtmäßigkeit. Zudem stünde dem Klagebegehren ein unverhältnismäßiger Aufwand entgegen, da man vor der Herausgabe der Kopien mehr als 100 Fälle aus den letzten 20 Jahren auf Verletzung von Rechten Dritter prüfen müsse. Das bedeute eine Sichtung von weit mehr als 5000 Seiten. Demgegenüber stünde ein nur geringes Informationsinteresse. Da der Kläger der Ansicht war, dass er nur mit allen Kopien ungefiltert und effektiv die Rechtmäßigkeit prüfen und von Dritten die Löschung fordern kann, erhob er im März 2021 Klage.

Rechtlicher Hintergrund

Nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO haben von Datenverarbeitung Betroffene das Recht auf Auskunft über die verarbeiteten personenbezogenen Daten. Art. 15 Abs. 3 DSGVO bestimmt, dass auch ein Recht der Aushändigung einer Kopie dieser Daten besteht. Dieses Recht sichert das Auskunftsrecht und den Datenschutz insgesamt. Erst kürzlich hat der EuGH den Anspruch auf eine kostenlose Kopie der Patientenakte bestätigt. Dem Verantwortlichen steht jedoch ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, wenn die Erfüllung des Auskunftsverlangens unverhältnismäßig wäre oder Rechtsmissbrauch darstellt. So hatte im März 2022 etwa das Finanzgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass eine Kopie der gesamten Steuerakte nicht pauschal herausgegeben werden muss. Hier argumentiert die Beklagte, dass sie durch die Kontrolle, dass keine Rechte Dritter durch die Zurverfügungstellung der Kopie entgegen Art. 15 Abs. 4 DSGVO beeinträchtigt werden, einen unverhältnismäßigen Aufwand habe.

Die Entscheidung des VG Berlin

Das Gericht entschied mit Urteil vom 06.02.2024 (1 K 187/21) zugunsten des Klägers. Sinn des Rechts auf eine Kopie sei es gerade durch umfassende Kenntniserlangung eine Datenverarbeitung auf Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Für eine Rechtmäßigkeitskontrolle, worauf der Anspruchsinhaber hingewiesen habe, sei dies erforderlich, weshalb eine nur teilweise Auskunft auch nicht zum Erlöschen des Anspruchs führe.

Zudem könne sich die Beklagte nicht erfolgreich auf den Einwand der Unverhältnismäßigkeit oder Rechtsmissbrauchs berufen, da der Kläger ein berechtigtes Interesse an der vollständigen Auskunft habe. Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit komme nur in „eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht, beispielsweise bei einem offenkundig groben Missverhältnis zwischen den zur Erfüllung des Auskunftsanspruches erforderlichen Anstrengungen und dem Informationsinteresse des Betroffenen“. Hier hat der Kläger jedoch geltend gemacht, dass er vorrangig Auskunft begehrte, da er die Weitergabe an Dritte prüfen wollte, um bei diesen Löschung zu verlangen.

Fazit:

Indem das VG Berlin den Anspruch auf Auskunft von über 5000 Seiten gewährt, stärkt es das Betroffenenrecht auf Kopie weiter. Der Fall zeigt insgesamt, dass das Auskunftsrecht ein wichtiges Instrument ist, um Datenschutz effektiv durchzusetzen. Unternehmen sind verpflichtet, vollständige und rechtzeitige Auskünfte über gespeicherte Daten zu erteilen. Der Einwand des unverhältnismäßigen Aufwands ist nur in wenigen Ausnahmefällen rechtmäßig.

Kategorien: Auskunft · DSGVO · Rechtsprechung