Schlagwort: Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen

Nach Rechtsstreit: neuer Datenschutzbeauftragter für Niedersachsen

18. September 2023

Vergangene Woche verwarf das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg per Beschluss eine Beschwerde (Az. 5 ME 55/23) der ehemaligen Landesdatenschutzbeauftragten Niedersachsen, Barbara Thiel. Mit ihrer Beschwerde hatte sie sich gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Hannovers (Az. 13 B 3358/23) gewendet. Per Verfahren vor dem VG Hannover wollte die ehemalige Datenschutzbeauftragte, Thiel die Ernennung des neuen Datenschutzbeauftragten des Landes Niedersachsen, Denis Lehmkemper verhindern.

Das Verfahren

Bereits im Mai hatte der Landtag Niedersachsen einen neuen Datenschutzbeauftragten des Landes gewählt. Mit der Entscheidung entschied sich der Landtag gegen Thiel, die sich für eine weitere Amtszeit offen zeigte.

Das VG Hannover sah in der Ernennung des neuen Landesdatenschutzbeauftragten keine Rechtsverletzung der ehemaligen Landesdatenschutzbeauftragten. Insofern habe kein Verstoß gegen das Transparenzgebot der DSGVO bestanden. Auch eine Ausschreibung für die Stelle als Landesdatenschutzbeauftragter sei nach den Regelungen der DSGVO nicht erforderlich gewesen. Dem fügte das OVG Niedersachsen hinzu, dass das nach Art. 53 DSGVO geltenden Transparentgebot für die Ernennung von Datenschutzbeauftragten keine subjektiven Rechte garantiere. Die Norm schütze allein das öffentliche Interesse an einem transparenten Benennungsverfahren.

Das OVG Niedersachsen stellte außerdem fest, dass auch eine Verletzung von Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG) nicht vorgelegen habe. Die Norm garantiert den Zugang zu öffentlichen Ämtern für „jeden Deutschen“. Laut dem OVG sei Art. 33 Abs. 2 GG allerdings in diesem Fall nicht anwendbar. Sofern eine Stelle durch eine Wahl besetzt werde, greife sie nicht. Das Demokratieprinzip und somit die Legitimität der Wal habe ihr Vorrang.

Fazit

Grundsätzlich verfügt jedes Bundesland über einen Datenschutzbeauftragten. Jeder Datenschutzbeauftragte erfüllt dabei zunächst eine beratende Funktion. Wenn der Landtag ein neues Gesetz verabschiedet, dass ggf. datenschutzrechtliche Belangen tangieren könnte, überwacht der Beauftragte die Einhaltung des Datenschutzes. Außerdem sind die Landesdatenschutzbeauftragten eine Anlaufstelle für die Bürger. Neben der Möglichkeit Beschwerden bei Datenschutzverstößen einzureichen, richtet sich der Service der Landesbeauftragten auch an Unternehmen, die Unterstützung bei der Umsetzung des Datenschutzes benötigen.

Sind Gesundheitsdaten im Arbeitsgerichtsprozess verwertbar ?

16. März 2022

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat kürzlich klargestellt, dass auch Gesundheitsdaten in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren von der Gegenseite vorgetragen werden können (VG Wiesbaden, Urteil vom 19.01.2022 – 6 K 361/21.W). Die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung von Gesundheitsdaten in Gerichtsprozessen beurteilt sich nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO iVm Art. 9 DSGVO. Lässt sich ein rechtlicher Anspruch nur unter Verarbeitung von Gesundheitsdaten durchsetzen, so dürfen diese auch genutzt werden.

Hintergrund

Der Kläger war längere Zeit krankgeschrieben, sodass er seine Arbeitgeberin um ein Gespräch zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) nach § 167 SGB IX bat. Hiernach soll insbesondere nach längerer Krankheit die Rückkehr in die Arbeit erleichtert werden. Der Kläger schlug mehrere Teilnehmer für das BEM Verfahren vor, darunter ein Mitglied des Betriebsrats und der Schwerbehindertenvertretung, seinen Vorgesetzten und seinen Bruder. Aus dem Gespräch resultierten jedoch keine Lösungen, sodass beide Parteien zu keinem Ergebnis kamen.

Erfolglose Klage auf behindertengerechte Beschäftigung

Daraufhin klagte der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht Hannover gegen seine Arbeitgeberin auf eine behindertengerechte Beschäftigung und Schadensersatz. Die Rechtsanwältin seiner Arbeitgeberin trug in den Gerichtsterminen sowie in eingereichten Schriftsätzen an das ArbG Inhalte aus dem Gespräch, welches der Kläger für das BEM-Gespräch hielt, vor. Dadurch seien sensible private und vertraulich ausgesprochene personenbezogene Daten wissentlich der Öffentlichkeit preisgegeben worden. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, da ein Anspruch auf schwerbehindertengerechte Beschäftigung wegen des fehlenden Präventionsverfahren nach § 167 SGB IX nicht gegeben sei.

Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde

Der Kläger wandte sich daraufhin an die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen (LfD). Er beklagte, dass die Rechtsanwältin seiner Arbeitgeberin rechtswidrig Zugang zu der BEM-Akte erhalten und sogar vor Gericht wörtlich daraus zitiert habe. Es gehe folglich um die unbefugte Erhebung, Speicherung und Verwendung seiner höchstpersönlichen personenbezogenen, insbesondere gesundheitlichen und seine Schwerbehinderung betreffende Daten. Die LfD teilte daraufhin dem Kläger mit, dass die Datenverarbeitung durch die Anwältin nicht zu beanstanden gewesen sei.
Rechtsanwälte sind ein unabhängiges Organ der Rechtspflege, § 1 BRAO. Rechtsanwälte sind berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten, § 3 Abs. 1 BRAO. In dieser Eigenschaft verarbeiten sie regelmäßig personenbezogene Daten auf Grund eines Mandats. Der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt dabei auf der berufsständisch verankerten unabhängigen Tätigkeit. Rechtsanwälte sind daher datenschutzrechtlich selbst als Verantwortlicher einzuordnen.

Klage vor dem Verwaltungsgericht

Dies nahm der Arbeitnehmer zum Anlass vor dem Verwaltungsgericht Klage gegen die LfD zu erheben, damit diese verurteilt werde, gegen die Anwältin vorzugehen.  Die Frage, ob vorliegend eine Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung durch die Rechtsanwältin besteht, bejaht das Gericht und verweist dazu auf Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO iVm Art. 9 DSGVO. Zunächst stellte das Gericht fest, dass die Anwältin ein berechtigtes Interesse hatte, die von ihrer Mandantin, der Arbeitgeberin des Klägers, gemachten Angaben zu verarbeiten, indem diese im Prozess mitgeteilt wurden. Das berechtigte Interesse ergebe sich aus den vertraglichen Verpflichtungen zwischen der Rechtsanwältin und ihrer Mandantin. Die Verarbeitung von Gesundheitsdaten des Klägers nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO ist zulässig, denn sie erfüllt die für eine Datenverarbeitung durch den Vortrag und die Speicherung im Prozess geltenden Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 2 lit. f DSGVO.

Zwar ist vom Grundsatz her die Verarbeitung von Gesundheitsdaten einer natürlichen Person untersagt, aus Art. 9 Abs. 2 lit. f DSGVO ergibt sich jedoch, dass dieses Verbot dann nicht gilt, wenn die Verarbeitung zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen oder bei Handlungen der Gerichte im Rahmen ihrer justiziellen Tätigkeit erforderlich ist.