EuGH: Fingerabdruckpflicht für Personalausweis rechtmäßig
Die Aufnahme von biometrischen Daten ist in Bezug auf Datenschutzrecht ein sensibles Thema. Erst kürzlich hat der EuGH entschieden, dass eine lebenslange Speicherung dieser Informationen nicht ohne weiteres zulässig ist. In einem Urteil vom 21.03.2024 stellte der EuGH nun jedoch fest, dass zumindest die Fingerabdruckpflicht für den Personalausweis rechtmäßig ist und damit mit den Grundrechten auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten vereinbar ist. Jedoch sei die hierfür herangezogene Rechtsgrundlage ungültig.
Der ursprüngliche Fall aus Wiesbaden
Im vorliegenden Fall beantragte ein Bürger einen neuen Personalausweis bei der Stadt Wiesbaden. Hierbei verweigerte er jedoch die Abgabe seiner Fingerabdrücke. Die Stadt lehnte daraufhin die Ausweisausstellung ab, da eine Fingerabdruckpflicht nach § 5 Abs. 5, 9, § 9 Abs. 3 PAuswG und Art. 3 Abs. 5 der Verordnung zur Erhöhung der Sicherheit des Personalausweises (Verordnung 2019/1157) bestehe.
Vorlagefrage des VG Wiesbaden
Im folgenden gerichtlichen Verfahren zweifelte das Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden an der Rechtmäßigkeit dieser Pflicht. Deshalb wandte es sich im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens an den EuGH und wollte von ihm wissen, ob insbesondere Art. 3 Abs. 5 der Verordnung 2019/1157 rechtens ist. Dabei ging es vor allem um die Fragen, ob die EU für solche Regelungen zuständig ist. Außerdem sollte geklärt werden, ob die Maßnahme verhältnismäßig und vereinbar mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und der Charta der Grundrechte ist.
EuGH-Urteil: Abdruckpflicht mit Datenschutz vereinbar
Der EuGH stellt in seinem Urteil (Rechtssache C-61/22) fest, dass die Fingerabdruckpflicht für den Personalausweis grundsätzlich rechtmäßig ist. Laut der Pressemitteilung des EuGH (abrufbar hier) sei eine „Aufnahme von zwei Fingerabdrücken […] mit den Grundrechten auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten vereinbar“. Das rechtfertige eine Abwägung zwischen den Grundrechten und Sicherheitsinteressen. Die Verpflichtung zur Aufnahme von Fingerabdrücken legitimiere sich durch das Ziel, „die Herstellung gefälschter Personalausweise und Identitätsdiebstahl zu bekämpfen sowie die Interoperabilität der Überprüfungssysteme zu gewährleisten“. Hinzu komme, dass die Abdrücke den Schutz des Privatlebens des Betroffenen gewährleisten. Außerdem werde sein Recht „auf Freizügigkeit und Aufenthalt“ in der EU gesichert. Ein Bild sei kein ebenso gut geeignetes Mittel, da Fingerabdrücke weitgehend unveränderlich seien.
Verordnung jedoch ungültig
Allerdings erklärte der EuGH die Verordnung 2019/1157 für ungültig. Der Gesetzgeber habe in diesem Zusammenhang mit Art. 21 Abs. 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV) die falsche Rechtsgrundlage verwendet. Infolgedessen erließ er die Verordnung im ordentlichen statt im besonderen Gesetzgebungsverfahren. Nach Ansicht des EuGH hätte man die Verordnung auf den spezielleren Art. 77 Abs. 3 AEUV stützen müssen, der für Politik im Rahmen von Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung verwendet wird. Die hierfür nötige Einstimmigkeit im Rat fehlte somit.
Fazit
Laut EuGH darf die Verordnung bis zum Inkrafttreten einer neuen, auf die richtige Rechtsgrundlage gestützten Verordnung, aufrechterhalten werden, höchstens jedoch bis zum 31.12.2026. Insofern ist es nun Sache des Gesetzgebers eine ordnungsgemäß verabschiedete Norm bis spätestens zu diesem Zeitpunkt zu erlassen.