Schlagwort: Beleidigung

Gesetz gegen digitale Gewalt und seine Kritik

17. April 2023

Vergangene Woche veröffentlichte das Bundesministerium der Justiz (BMJ) seine Eckpunkte zum Gesetz gegen digitale Gewalt. Ziel des Vorhabens sei es betroffenen Personen digitaler Gewalt, beispielsweise von Beleidigungen auf Internetplattformen bei der Durchsetzung ihrer Rechte und dem Schutz vor weiteren Rechtsverletzungen zu helfen. Das Vorhaben blieb allerdings nicht ohne Kritik.

Konkrete Vorschläge

Mit dem neuen Gesetz gegen digitalisierte Gewalt will das BMJ effektiver gegen beleidigenden Äußerungen und diffamierende Inhalten im Internet vorgehen. Diese Aufgabe sollte bisher das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) übernehmen. Dieses soll allerdings durch den Digital Service Acts ab dem Zeitpunkt seiner Geltungswirkung ersetzt werden.

Nach dem Eckpunkte-Papier des BMJ sieht das Gesetz gegen digitale Gewalt zwei wesentliche Änderungen vor. Erstens solle es möglich sein, dass betroffene Personen digitalisierter Gewalt einen besseren Auskunftsanspruch über den Verfasser des rechtsverletzenden Textes erhielten. Außerdem sollte den betroffenen Personen künftig ein Anspruch auf Sperrung eines Accounts zustehen, der besonders häufig Rechtsverletzungen begehe.

Konkret sei es das Ziel des BMJ, dass das Gesetz gegen digitale Gewalt das Auskunftsverfahren verbessere. Demnach könne eine betroffene Person, die Opfer einer Beleidigung oder anderen Straftat sei, umfangreichere Nutzungsdaten bei dem Betreiber sozialer Medien erfragen. Statt lediglich der Name und der E-Mail-Adresse sei so ein Auskunftsanspruch auf Erhalt der IP-Adresse möglich. Die Durchsetzung des Auskunftsanspruch sollte kostenlos vor Gericht erfolgen.

Außerdem bekämen die betroffenen Personen die Möglichkeit bei schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzungen die Sperrung des verursachenden Accounts zu veranlassen.

Kritik

Insbesondere der Chaos Computer Club (CCC) reagierte mit Kritik auf die Vorschläge des BMJ. Grund für die Kritik ist u.a. die Absicht des BMJ Dienstleister Sozialer Medien dazu zu verpflichten, die Bestands- und Nutzungsdaten der Verfasser von rechtswidrigen Inhalten zu speichern. Demnach sollten die Dienstleister im Falle eines Auskunftsverfahrens verpflichtet sein, die entsprechenden Daten abzusichern.

Der CCC sieht darin eine „Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür“. Aus Sicht des Clubs sei es problematisch, dass die Ziele des BMJ nur erreicht werden könnten, wenn Dienstleister Sozialer Medien eine Vielzahl von Daten speicherten. Allerdings würden einmal gespeicherte Daten häufig für andere, nicht vorhergesehene Zwecke genutzt werden. Außerdem sei es besonders bedenklich, dass die Pflicht zur Speicherung eine mögliche Profilbildung für verpflichtete Dienstleister erleichtere. Demnach könnten sie bereits vorhandene Daten mit Identifikationsdaten kombinieren. Die Folge seien erhebliche Risiken für die informationelle Selbstbestimmung.

Fazit

Bereits in ihrem Koalitionsvertrag von 2021 hatte die Ampelregierung ihre Absicht festgelegt, ein Gesetz gegen digitale Gewalt zu verabschieden. Es bleibt abzuwarten, ob die veröffentlichten Eckpunkte, so wie sie derzeit vorliegen Eingang in einen Gesetzesentwurf finden werden.

BGH regelt Haftung von Hostprovidern für Persönlichkeitsrechtsverletzungen

26. Oktober 2011

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom Dienstag entschieden, wann Hostprovider für Inhalte der bei ihnen gespeicherten Blogs haften müssen (Urt. v. 25.10.2011, Az. VI ZR 93/10).

In dem zugrundeliegenden Verfahren standen sich ein Unternehmer aus Deutschland und Google gegenüber. Der kalifornische Internetgigant bietet als Hostprovider Webspeicher und die nötige Software an, um einen Blog, so genannte Web-Tagebücher, zu betreiben. Auf einem solchen Blog tauchten Aussagen auf, die der Deutsche für unwahr und ehrverletzend hielt.

Dass Google in das Verfahren gezogen wurde, lag an der Anonymität des mutmaßlichen Ehrverletzers. Nur der Hostprovider selbst kann eine Schmähung aus dem Netz verbannen, wenn deren Urheber nicht mehr greifbar ist.

Der BGH bestätigte zunächst die Vorinstanzen in der Annahme, dass deutsches Recht anwendbar sei. In der Sache haben die Karlsruher Richter aber nicht entschieden, sondern an das Oberlandesgericht Hamburg zurück verwiesen. Weichen haben sie trotzdem gestellt, indem sie für künftige Fragen der Haftung eines Hostproviders eine mehr oder weniger klare Linie gezogen haben.

Die Bundesrichter haben in dem Urteil die Voraussetzungen festgelegt, nach denen ein Hostprovider als Störer für Äußerungen eines Dritten in einem Blog auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. Denn zunächst müsse der Betroffene den Hostprovider konkret auf den Rechtsverstoß hinweisen. Erst dann sei der Provider gefordert, an den für den Blog Verantwortlichen heranzutreten und zur Stellungnahme aufzufordern.

Schweigt der Blogger über einen gewissen Zeitraum, sei davon auszugehen, dass die Beschwerde des Betroffenen berechtigt sei und der Eintrag im Blog gelöscht werden müsse. Sollte aber der Blog-Betreiber die Beanstandung „substantiiert in Abrede“ stellen und der Hostprovider Zweifel bekommen, sei der Betroffene aufzufordern, seinerseits für Nachweise zu sorgen. Der Provider müsse weiter prüfen und bei bestätigter Verletzung des Persönlichkeitsrechts schließlich löschen.

Provider müssen also künftig immer reagieren, wenn sie Beschwerden oder Hinweise von möglicherweise Betroffenen erhalten und prüfen, ob die Hinweise und Beschwerden genug Substanz aufweisen – nur so lässt sich nämlich feststellen, ob die nunmehr vom BGH verlangten Schritte der Klärung, nämlich ob es sich um eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts handelt oder nicht, vollzogen werden müssen. (ssc)