Schlagwort: Art. 13 DSGVO

BGH legt EuGH erneut Frage zu Klagerechten von Verbraucherschützern vor

11. November 2022

Mit Beschluss vom 10.11.2022 (Az. I ZR 186/17) hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dem  Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob eine Rechtsverletzung „infolge einer Verarbeitung“ im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DSGVO geltend gemacht wird, wenn ein Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen seine Klage darauf stützt, die Rechte einer betroffenen Person seien verletzt, weil die Informationspflichten gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DSGVO in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO über den Zweck der Datenverarbeitung und den Empfänger der personenbezogenen Daten nicht erfüllt worden seien.

Sachverhalt

In dem Verfahren, das durch den BGH nun bis zur Entscheidung des EuGHs über die Vorlagefrage ausgesetzt wurde, geht es um eine Auseinandersetzung zwischen der Meta Platform Ireland Limited (Meta) und dem Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer (VZBV). Meta betreibt das soziale Netzwerk „Facebook“. Dieses hat in seinem Netzwerk im Jahr 2012 ein sog. „App-Zentrum“ installiert, über welches Nutzer Online-Spiele anderer Anbieter spielen können. In diesem Rahmen wurde auch auf die erfolgende Datenverarbeitung hingewiesen und eine Einwilligung der Nutzer eingeholt. Unter dem Button „Sofort spielen“ waren folgende Hinweise zu lesen: „Durch das Anklicken von Spiel spielen (oben) erhält diese Anwendung: Deine allgemeinen Informationen, Deine-Mail-Adresse, Über Dich, Deine Statusmeldungen. Diese Anwendung darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr.“ Bei einem Spiel endeten die Hinweise mit dem Satz: „Diese Anwendung darf Statusmeldungen, Fotos und mehr in deinem Namen posten.“ Die Einwilligung beurteilte der Verbraucherschutzverband als nicht datenschutzkonform und machte wegen des Vergehens wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG und § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG geltend. Auch sei der abschließende Hinweis bei einem Spiel eine den Nutzer unangemessen benachteiligende Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB).

Unterlassungsansprüche und Betroffenheit für den BGH problematisch

Das Verfahren beschäftige sich mit der grundsätzlichen Frage, ob ein Verstoß des Betreibers eines sozialen Netzwerks gegen die datenschutzrechtliche Informationspflicht, die Nutzer dieses Netzwerks über Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung ihrer Daten zu unterrichten, wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche begründen kann. Des Weiteren stelle sich die Frage, ob Verbraucherschützer auch ohne einen Auftrag konkret Betroffener vor Gericht ziehen dürften. Der BGH zieht in dieser Sache nun zum zweiten Mal den EuGH zurate. 

Erste Vorlage an den EuGH (wir berichteten)

Mit Beschluss vom 28.05.2020 (Az. I ZR 186/17) hatte der BGH ursprünglich entschieden, dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob unter Anderem Verbraucherschutzverbände berechtigt seien, Datenschutzverstöße gerichtlich geltend machen zu können. Der EuGH hatte dann entschieden, dass Verbraucherzentralen auch ohne Auftrag und unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte betroffener Personen klagen können.

Neue Entscheidung für BGH „unerwartet“

Der BGH vertrete die Ansicht, dass Verbraucherschutzverbände nicht automatisch klagebefugt seien. Man wolle konkret wissen, ob in dem Fall aus Sicht des EuGHs die Voraussetzung erfüllt sei, dass die Rechte einer betroffenen Person gemäß der DSGVO „infolge einer Verarbeitung“ verletzt worden seien. Es sei fraglich, ob diese Voraussetzung erfüllt sei, wenn – wie im Streitfall – die sich aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO ergebenden Informationspflichten verletzt worden seien. Die Entscheidung sei wichtig für eine Fülle anhängiger Verfahren.  

„Angesichts der massenhaften Datenschutzverstöße auf den großen Digitalplattformen sei es enttäuschend, dass sich dieses schon sehr lange laufende Grundsatzverfahren wieder verzögere“, so der Leiter des Teams Rechtsdurchsetzung beim VZBV, Heiko Dünkel.

Meta gab bisher noch kein offizielles Statement zu der erneuten Vorlage ab. Der Anwalt des Konzerns, Christian Rohnke, hatte bei der Verhandlung am BGH jedoch betont, dass Facebook das fragliche Vorgehen inzwischen geändert habe.

OLG Stuttgart: Verletzung von Informationspflichten (Art. 13 DSGVO) als Wettbewerbsverstoß nach UWG

4. März 2020

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat mit seinem Urteil vom 27.02.2020 (2 U 257/19) dazu Stellung genommen, ob der Verstoß gegen die Informationspflichten aus Art. 13 DSGVO einen Wettbewerbsverstoß im Sinne des UWG darstellen und somit einen Unterlassungsanspruch nach § § 8 Abs. 1 UWG i.V.m. §§ 3, 3a UWG begründen kann. Dies wurde durch das Gericht bejaht.

Voraussetzung für diesen Unterlassungsanspruch ist eine unzulässige geschäftliche Handlung im Sinne des § 3 UWG. Eine solche begeht, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln und wenn der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Erforderlich ist also ein Marktbezug der Vorschrift, gegen welche verstoßen wurde. Dies wurde durch das Gericht mit Blick auf Art. 13 DSGVO, insbesondere deswegen bejaht, weil den Informationen über den Verantwortlichen eine verbraucherschützende Funktion zukomme. Aber auch die Angaben etwa über Zwecke und Dauer der Verarbeitung schützten Informationsinteresse sowie Entscheidungs-und Verhaltensfreiheit der Verbraucher in Bezug auf die Marktteilnahme und begründeten daher einen Marktbezug der Norm.

Des Weiteren befasste sich das Gericht ausführlich mit der Frage, ob den Ansprüchen und Sanktionsmechanismen der DSGVO ein abschließender Charakter zukommt, sodass der Unterlassungsanspruch des UWG von diesen verdrängt wird. Dies verneinte das Gericht und verwies darauf, dass der erforderliche abschließende Charakter insoweit weder aus dem Wortlaut noch aus der Entstehungsgeschichte der Verordnung zu schließen sei. Die Rechtsdurchsetzung bei Verstößen gegen die DSGVO sei demnach auch mittels des wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch möglich.

Mit dieser Entscheidung bewegt sich das OLG Stuttgart im Fahrwasser der bisher überwiegenden Rechtsprechung (etwa OLG Hamburg, Urt. v. 25.10.2018 – 3 U 66/17, LG Würzburg, Beschluss vom 13.9.2018 – 11 O 1741/18 UWG, OLG Naumburg, Urt. v. 7.11.2019 – 9 U 39/18 zur unwirksamen Einwilligung). Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage wurde die Revision zugelassen. Insofern ist die weitere Entwicklung aufmerksam zu verfolgen, ist die Streitfrage doch von enormer Relevanz in der unternehmerischen Praxis.

Apps übermitteln Gesundheitsdaten an Facebook

26. Februar 2019

Das Wall Street Journal hat herausgefunden, dass Apps wie Menstruationskalender und Herzfrequenzmesser sensible Daten an Facebook weitergeben. Davon wissen die meisten Nutzer jedoch nichts. Facebook sieht sich nicht in der Verantwortung, da die App-Entwickler selbst entscheiden, welche Angaben über bereitgestellte Tools übermittelt werden. Zweck dieser Datenübermittlung ist es, personalisierte Facebook-Werbung zu ermöglichen.

Mithilfe einer Software haben die Journalisten untersucht, welche Daten 70 populäre Apps aus dem Apple Store weitergeben. Elf davon übermitteln sensible Daten, ohne dass der Nutzer darüber gemäß Art. 13 DSGVO informiert wurde. Laut Experten verstößt diese Praxis gegen die DSGVO.

Die App Flo, mit der Frauen ihre Menstruationszyklen festhalten können, sendet die gesammelten Daten, wie etwa zum Eisprung, welche die Nutzerin eingibt.

Facebook reagiert auf die Recherchen und teilt mit, dass diese Apps gegen die Vorgaben von Facebook verstoßen und fordert die Betreiber auf, die Daten nicht mehr an Facebook zu übermitteln.