Schlagwort: Eu-Standardvertragsklauseln

EU-Kommission veröffentlicht neue Standardvertragsklauseln (SCC) für den internationalen Datentransfer

7. Juni 2021

Die EU-Kommission hat am 04.06.2021 neue Standardvertragsklauseln für den internationalen Datentransfer (auch “Standard Contractual Clauses” – kurz ‚SCC’) angenommen und veröffentlicht. Bei den SCC handelt es sich um Musterverträge, die eine geeignete Garantie nach Art. 46 DSGVO für den Transfer von personenbezogenen Daten in Drittstaaten darstellen können. Als Drittstaaten gelten solche, die sich außerhalb der EU/des europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) befinden, z.B. die USA.

Hintergrund

Die neuen Klauseln wurden lange erwartet, da die jetzigen Standardvertragsklauseln über 10 Jahre alt sind und somit weder die Voraussetzungen hinsichtlich Drittstaatentransfers der DSGVO noch das bedeutende Schrems II-Urteil vom 16.07.2020 berücksichtigen konnten. So war der Drittstaatentransfer problematisch geworden und nicht erst in letzter Zeit von den Aufsichtsbehörden, auch in Deutschland, ins Visier von Untersuchungen genommen worden (wir berichteten).

Was hat sich geändert?

Neu an den jetzt präsentierten SCC ist vor allem der Aufbau. So sind die verschiedenen Varianten der Datentransfers nicht länger auf zwei verschiedene SCC-Muster verteilt, sondern sie finden sich in einem Dokument wieder. Insofern werden sie in vier verschiedene „Module“ gegliedert. Dies soll eine flexible Vertragsgestaltung ermöglichen. Dafür soll das entsprechende Modul gemäß dem Verhältnis der Parteien ausgewählt werden. Folgende Module sind in den neuen SCC enthalten:

Modul 1: Übermittlung von personenbezogenen Daten zwischen zwei Verantwortlichen

Modul 2: Übermittlung von personenbezogenen Daten vom Verantwortlichen an den Auftragsverarbeiter

Modul 3: Übermittlung von personenbezogenen Daten zwischen zwei Auftragsverarbeitern

Modul 4: Übermittlung von personenbezogenen Daten vom Auftragsverarbeiter an den Verantwortlichen

Inhaltlich neu ist darüber hinaus insbesondere eine Pflicht zur Datentransfer-Folgenabschätzung. Dabei handelt es sich um die Pflicht, sich davon zu überzeugen, dass der entsprechende Vertragspartner aus dem Drittstaat in der Lage ist, seinen Pflichten aus den aktuellen SCC nachzukommen.

Ebenfalls neu enthalten sind die Pflicht zur Abwehr von Regierungsanfragen, die den Anforderungen der Standardschutzklauseln widersprechen und das Informieren der zuständigen Aufsichtsbehörden über die Anfragen. Die Datentransfer-Folgenabschätzung muss dokumentiert und den Aufsichtsbehörden auf Verlangen vorgelegt werden.

Ausblick

Die veröffentlichten Dokumente sind die finalen Arbeitsdokumente. Mit der offiziellen Veröffentlichung der SCC wird in den nächsten Tagen im Amtsblatt der Europäischen Union zu rechnen sein. Ab diesem Zeitpunkt und innerhalb einer Frist von 18 Monaten müssen die bestehenden Verträge mit Partnern aus Drittstaaten, insbesondere bspw. Microsoft oder Amazon, um die neuen SCC ergänzt werden.

Aber auch bei Verwenden der neuen SCC bleibt eine Einzelfallprüfung des Datenschutzniveaus unumgänglich, denn die neuen Klauseln allein werden in der Regel nicht ausreichen, um den Anforderungen des EuGH aus dem oben genannten Urteil gerecht zu werden. Bei einer solchen Einzelfallprüfung müssen vor allem der Vertragstext und das tatsächliche Datenschutzniveau überprüft werden. Letzteres sollte durch einen Fragenkatalog an den Verarbeiter im Drittstaat geschehen.

Es ist demnach nicht damit getan, die neuen SCC einfach zu unterschreiben, sondern der Verantwortliche muss weitergehend tätig werden, um einen sicheren Datentransfer in Drittländer zu ermöglichen.

Bei der Umsetzung der Einzelfallprüfung oder bei anderen Rückfragen bieten wir Ihnen jederzeit gerne unsere Unterstützung an.

UPDATE vom 09.06.2021: Mittlerweile wurden die neuen SCC im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und sind hier zu finden.

Brexit und Datentransfers: Einigung auf Übergangsregelungen

5. Januar 2021

Zum 01.01.2021 wurde der Brexit nun “endlich” offiziell vollzogen, und noch rechtzeitig vor Ablauf der Übergangsfrist konnten sich die EU und das Vereinigte Königreich (UK) auf ein Handels- und Kooperationsabkommen einigen. Dieses ist zwar bisher lediglich provisorisch in Kraft – es fehlt noch die Bestätigung der verschiedenen Institutionen und Mitgliedsstaaten – jedoch dürfte es sich dabei nur noch um eine Formalie handeln.

Vereinigte Königreich nun ein “Drittstaat”

Mit dem Austritt aus der EU ist das Vereinigte Königreich aus datenschutzrechtlicher Sicht nun ein sog. Drittstaat. Dies bedeutet, dass Datentransfers ins Vereinigte Königreich besonders gerechtfertigt werden müssen. Zu diesem Zweck kommt ein Angemessenheitsbeschluss der Kommission in Betracht (Art. 45 DS-GVO), durch welchen bestätigt wird, dass die Datenschutzbestimmungen des Vereinigten Königreichs ein angemessenes Schutzniveau für die übermittelten Daten gewährleisten. Fehlt es an einem solchen Beschluss, kommen die in Art. 46 Abs. 2 DS-GVO genannten Möglichkeiten zur Rechtfertigung in Betracht. Hier würde wie bei Datentransfers in die USA wohl überwiegend auf die sog. Standardvertragsklauseln zurückgegriffen werden, wobei angesichts der Schrems-II-Entscheidung (wir berichteten) fraglich sein könnte, ob diese allein ausreichend sind.

Angemessenheitsbeschluss in Arbeit

Für Rechtssicherheit auf Seiten der betroffenen Unternehmen – und auch für bürokratische Entlastung – würde demnach ein Angemessenheitsbeschluss sorgen. Bereits seit März 2020 arbeitet die Kommission nach eigenen Angaben an einem solchen Beschluss, bisher wurde dieser jedoch noch nicht erlassen. Selbst wenn die Kommission den Beschluss zeitnah erlässt, würde für zusätzliche Verzögerung sorgen, dass dieser auch noch durch den Europäischen Datenschutzausschuss (EDSA) sowie durch die 27 Mitgliedsstaaten bestätigt werden muss.

Weil zwischen dem Ausstritt des Vereinigten Königreichs und dem (möglichen) Erlass des Angemessenheitsbeschlusses eine Lücke entstanden ist, wurde in das Handels- und Kooperationsabkommen eine Übergangsregelung aufgenommen. Diese ermöglicht für die kommenden vier Monate, dass personenbezogene Daten auch ohne ein in den Art. 45 ff. DS-GVO genanntes Instrument übermittelt werden können. Sofern erforderlich und falls keine der beiden Parteien widerspricht, kann sich die Übergangsfrist um weitere zwei Monate – also bis zum 01.07.2021 – verlängern. Bis zu diesem Zeitpunkt ist also für Rechtssicherheit gesorgt.

Und nach Ablauf der Übergangsregelungen?

Was aber passiert, wenn bis zu diesem Datum kein Angemessenheitsbeschluss erlassen wurde? Unmöglich erscheint dies nicht, berücksichtigt man die durch den EuGH gestellten Anforderungen an die Wirksamkeit eines solchen Beschlusses. Auch scheint fraglich, ob die Kommission ein erneutes Szenario wie beim Privacy-Shield riskieren will, also das Abkommen durch den EuGH gekippt wird und dies für erhöhte Rechtsunsicherheit sorgt. Insofern sollten sich die betroffenen Unternehmen auch auf den Worst Case vorbereiten: Dass ab dem 01.07.2021 Instrumente wie die Standardvertragsklauseln herangezogen werden müssen, um Datentransfers in das Vereinigte Königreich rechtfertigen zu können.

Erste Bußgelder wegen fehlerhafter Datenübermittlung in die USA

8. Juni 2016

Nachdem der Europäische Gerichtshof Ende vergangenen Jahres das Safe-Harbor-Abkommen , auf dessen Rechtsgrundlage bis dahin der Datenaustauch zwischen den USA und Staaten der EU fußte, für ungültig erklärt hatte, waren deutsche Unternehmen dazu angehalten, eine alternative Rechtsgrundlage zu finden oder de facto den Datentransfer in die USA einstellen. Die meisten Unternehmen sind dazu übergegangen, ihren Datenaustausch auf die (freilich nicht unumstrittenen) EU-Standardvertragsklauseln zu stützen.

Dass dem Erfordernis einer alternativen Rechtsgrundlage nach dem Fall von Safe-Harbor nicht alle betroffenen Unternehmen nachgekommen sind, kommt nun den ersten teuer zu stehen. Drei Hamburger Firmen wurden zu Bußgeldzahlungen in (verhältnismäßig glimpflicher) Höhe zwischen 8.000 € und 11.000 € belangt, weil sie noch nicht auf eine rechtssichere Alternative umgestellt hatten, wie heise online mitteilt.

Laut Spiegel Online handelt es sich bei den drei Firmen um Adobe, Punica und Unilever. Die Bußgelder fielen vor allem deshalb verhältnismäßig gering aus, weil alle drei Unternehmen noch während des Bußgeldverfahrens das gerügte Versäumnis nachgeholt und die rechtliche Grundlage ausgebessert hatten. Zudem kam ihnen zu Gute, dass sie die Ersten waren, die von der Datenschutzbehörde negativ geprüft wurden. Unternehmen, die jetzt noch nicht auf eine rechtssichere Alternative umgestellt haben, werden mit deutlich höheren Bußgeldern rechnen müssen, sagt Prof. Dr. Johannes Caspar, Landesdatenschutzbeauftragter in Hamburg. Laut Gesetz sind sogar bis zu 300.000 € möglich; weitere Verfahren wurden bereits eröffnet.

Artikel-29-Datenschutzgruppe: Beurteilung internationaler Datenübermittlungen

4. Februar 2016

Nach einer am gestrigen Tag veröffentlichten Stellungnahme der Artikel-29-Datenschutzgruppe sind Übermittlungen personenbezogener Daten in die USA auf Grundlage von EU-Standardvertragsklauseln (Standard Contractual Clauses, SCC) oder Binding Corporate Rules (BCR)  bis zu einer weiteren Benachrichtigung – jedenfalls aber bis Ende April dieses Jahres – als zulässig anzusehen.

Die Artikel-29-Datenschutzgruppe hat die EU Kommission aufgerufen, alle Dokumente, die das neue EU-US Privacy Shield betreffen, bis Ende Februar vorzulegen. Nur dann sei man in der Lage, eine abschließende rechtliche Würdigung und verbindliche Entscheidung zum Umgang mit Datenübermittlungen in die USA – im Speziellen auf Grundlage von EU-Standardvertragsklauseln und Binding Corporate Rules – zu tätigen.

Praktische Konsequenzen:

1) Datenübermittlungen in die USA auf Basis von EU-Standardvertragsklauseln oder Binding Corporate Rules gelten noch immer als zulässig.
2) Jede Intervention von einzelnen Aufsichtsbehörden bezüglich einer Datenübermittlung in die USA ist nicht zu erwarten.
3) Beschwerden oder Rechtsstreitigkeiten wegen Datenübermittlungen in die USA auf Grundlage von EU-Standardvertragsklauseln oder Binding Corporate Rules sollten bis zu einer abschließenden Beurteilung der Artikel-29-Datenschutzgruppe zurückgestellt werden.
4) Die derzeit bestehende Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die Zulässigkeit von Datenübermittlungen in die USA besteht fort. Die nächste Prüfung wird voraussichtlich März dieses Jahres erfolgen. Bis Ende April soll entschieden werden, wie der internationale Datenumgang insgesamt zu beurteilen ist – sei es im Hinblick auf das EU-US Privacy Shield, im Hinblick auf EU-Standardvertragsklauseln oder im Hinblick auf Binding Corporate Rules.

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Bei Fragen, wie mit internen Policies zum Datenschutz umzugehen ist, wie Datenübermittlungen in Drittländer zu bewerten sind oder wie man sich schon jetzt als Unternehmen auf die Neuregelungen der EU-Datenschutzgrundverordnung vorbereitet, kontaktieren Sie uns jederzeit gern für eine individuelle Beratung!

EU-Standardvertragsklauseln für die Microsoft Cloud

30. Mai 2012

Nach einer Meldung von heise.de hat Microsoft angekündigt, dass künftig die EU-Standardvertragsklauseln auch für den Cloud-Dienst „CRM-Online“ verfügbar seien. Neben Office 365 ist dies der zweite Cloud-Dienst von Microsoft, für den die Vertragsklauseln aus der Feder der EU-Kommission herangezogen werden können. Unternehmen in Europa ist auf ihrer Grundlage gestattet, Daten in Länder ohne angemessenes Datenschutzniveau zu transferieren, wenn sich der Vertragspartner zur Einhaltung der Standardvertragsklauseln verpflichtet hat. Sie stellen nach einer Orientierungshilfe zum Cloud-Computing der Konferenz der Datenschutzbeauftragten von Bund Ländern vom Septemer 2011 die Mindestanforderungen für internationales Cloud-Computing dar, wenn die Anbieter keine Safe-Harbor-Zertifizierung vorweisen können.