Schlagwort: SCC
20. März 2023
Im Jahr 2022 war China zum siebten Mal in Folge Deutschlands wichtigster Handelspartner. Im Zuge dessen gründen immer mehr europäische Unternehmen Konzerngesellschaften in China, um von den dortigen Marktchancen zu profitieren. Diese Expansion führt zwangsläufig zu Datentransfers von China an die europäische Hauptverwaltung.
Um den rechtlichen Anforderungen an den internationalen Datenverkehr gerecht zu werden, hat die chinesische Regierung im November 2021 ein neues Datenschutzgesetz verabschiedet. Dieses Gesetz legt ähnliche Vorgaben wie die DSGVO fest und enthält in Artikel 38 Regelungen zur Rechtmäßigkeit von Datenübermittlungen ins Ausland. Eine Möglichkeit, diese Vorgaben zu erfüllen, ist der Abschluss von Standardvertragsklauseln mit dem Datenempfänger.
Die Cyberspace Administration of China (CAC) hat im Februar 2023 die endgültige Fassung der Maßnahmen für die Standardvertragsklauseln für die grenzüberschreitende Übermittlung personenbezogener Daten (SCC-Maßnahmen) veröffentlicht. Die chinesischen Standardvertragsklauseln sind in diesen Maßnahmen enthalten. Diese neuen Vorgaben treten am 1. Juni 2023 in Kraft. Unternehmen haben bis zum 30. November 2023 Zeit, um Maßnahmen zur Einhaltung der SCC-Maßnahmen zu ergreifen.
Um die Vorgaben einzuhalten, müssen Unternehmen unter anderem sicherstellen, dass die vertraglich vereinbarten technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten eingehalten werden. Unternehmen sollten auch die nationalen Gesetze und Vorschriften beider Länder sorgfältig prüfen, um zu vermeiden, dass sie gegen Datenschutzgesetze verstoßen.
Datenübermittlung aufgrund SCC außerhalb Chinas
Die Übermittlung von Daten aus China ins Ausland kann nicht immer aufgrund der SCC (Standard Contractual Clauses) erfolgen. Laut Art. 4 der SCC-Maßnahmen können die SCC nur verwendet werden, wenn alle vier Bedingungen erfüllt sind, darunter die Verarbeitung von persönlichen Informationen von weniger als einer Million Menschen, die Durchführung von grenzüberschreitenden Übertragungen von weniger als 100.000 allgemeinen persönlichen Informationen und weniger als 10.000 sensiblen persönlichen Informationen seit dem 1. Januar des vorangegangenen Jahres sowie die Nicht-Zugehörigkeit zum Betreiber kritischer Informationsinfrastrukturen. Diese Schwellenwerte entsprechen den Schwellenwerten für grenzüberschreitende Datenübertragungen, die einer von der CAC durchgeführten Sicherheitsbewertung bedürfen. Unternehmen dürfen die Datenübertragungen nicht aufteilen, um den Sicherheitsbewertungsmechanismus der CAC zu umgehen, und müssen die jährliche Gesamtmenge der zu übertragenden Daten schätzen.
Model der chinesischen SCC
Die chinesischen SCC bestehen im Gegensatz zu den EU-Standardvertragsklauseln aus einem universellen Modul, welches für alle Datenexporteure (Verarbeiter) Chinas und Datenimporteure im Ausland gilt, unabhängig von ihrer Rolle und Funktion. Es ist zu beachten, dass es auch für solche Datenexporteure gilt, die zwar nicht in China ansässig sind, jedoch nach Art. 3 Abs. 2 PIPL für die betreffende Verarbeitung der PIPL unterliegen. Nach Art. 3 Abs. 2 PIPL findet das Gesetz Anwendung auf Verarbeitungen persönlicher Daten natürlicher Personen außerhalb des Gebiets der Volksrepublik China, wenn bestimmte Umstände vorliegen, wie zum Beispiel die Verarbeitung zum Zweck, natürlichen Personen innerhalb des chinesischen Gebiets Waren oder Dienstleistungen anzubieten oder das Verhalten natürlicher Personen innerhalb des chinesischen Gebiets zu analysieren oder zu bewerten.
Bußgelder
Die Provinz-Aufsichtsbehörde kann Korrekturen bei grenzüberschreitendem Datentransfer verlangen und hat einen Meldemechanismus für Verstöße eingerichtet. Verstöße gegen das chinesische Gesetz zum Datenschutz können zu administrativen, zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen führen. Die Höchststrafen betragen 50 Millionen RMB oder 5 % des Vorjahresumsatzes, je nachdem, welcher Betrag höher ist. Das PIPL sieht auch persönliche Haftung vor und es können Geldstrafen von bis zu einer Million Yuan sowie Verbote für bestimmte Positionen verhängt werden.
Kernklauseln der chinesischen SCC
Deutsche Unternehmen sollten insbesondere folgende Pflichten beachten: Der Datenimporteur darf personenbezogene Daten nur gemäß den Bedingungen verarbeiten, die im Anhang I aufgeführt sind, und darf die Daten nicht über den vereinbarten Umfang hinaus verarbeiten. Der Importeur muss die Rechte und Interessen der betroffenen Person minimal beeinflussen und die Sicherheit der Datenverarbeitung durch technische und organisatorische Maßnahmen gewährleisten. Im Falle von Datenschutzverletzungen muss der Importeur Maßnahmen zur Abhilfe ergreifen, den Verarbeiter benachrichtigen und die Aufsichtsbehörden informieren. Eine weitere Übermittlung von personenbezogenen Daten durch den ausländischen Empfänger ist nur unter bestimmten Bedingungen gestattet.
Fazit
Die chinesischen SCC ähneln im Allgemeinen den EU-Standardvertragsklauseln. Im Gegensatz zu den EU-SCC gibt es jedoch keine Unterscheidung zwischen Übertragungen von Controller zu Prozessor und von Controller zu Controller in den chinesischen SCC. Stattdessen gibt es ein einziges Modul mit vielen Bestimmungen, die dem Controller-zu-Prozessor-Modul der EU-SCC ähneln
7. Juni 2021
Die EU-Kommission hat am 04.06.2021 neue Standardvertragsklauseln für den internationalen Datentransfer (auch “Standard Contractual Clauses” – kurz ‚SCC’) angenommen und veröffentlicht. Bei den SCC handelt es sich um Musterverträge, die eine geeignete Garantie nach Art. 46 DSGVO für den Transfer von personenbezogenen Daten in Drittstaaten darstellen können. Als Drittstaaten gelten solche, die sich außerhalb der EU/des europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) befinden, z.B. die USA.
Hintergrund
Die neuen Klauseln wurden lange erwartet, da die jetzigen Standardvertragsklauseln über 10 Jahre alt sind und somit weder die Voraussetzungen hinsichtlich Drittstaatentransfers der DSGVO noch das bedeutende Schrems II-Urteil vom 16.07.2020 berücksichtigen konnten. So war der Drittstaatentransfer problematisch geworden und nicht erst in letzter Zeit von den Aufsichtsbehörden, auch in Deutschland, ins Visier von Untersuchungen genommen worden (wir berichteten).
Was hat sich geändert?
Neu an den jetzt präsentierten SCC ist vor allem der Aufbau. So sind die verschiedenen Varianten der Datentransfers nicht länger auf zwei verschiedene SCC-Muster verteilt, sondern sie finden sich in einem Dokument wieder. Insofern werden sie in vier verschiedene „Module“ gegliedert. Dies soll eine flexible Vertragsgestaltung ermöglichen. Dafür soll das entsprechende Modul gemäß dem Verhältnis der Parteien ausgewählt werden. Folgende Module sind in den neuen SCC enthalten:
Modul 1: Übermittlung von personenbezogenen Daten zwischen zwei Verantwortlichen
Modul 2: Übermittlung von personenbezogenen Daten vom Verantwortlichen an den Auftragsverarbeiter
Modul 3: Übermittlung von personenbezogenen Daten zwischen zwei Auftragsverarbeitern
Modul 4: Übermittlung von personenbezogenen Daten vom Auftragsverarbeiter an den Verantwortlichen
Inhaltlich neu ist darüber hinaus insbesondere eine Pflicht zur Datentransfer-Folgenabschätzung. Dabei handelt es sich um die Pflicht, sich davon zu überzeugen, dass der entsprechende Vertragspartner aus dem Drittstaat in der Lage ist, seinen Pflichten aus den aktuellen SCC nachzukommen.
Ebenfalls neu enthalten sind die Pflicht zur Abwehr von Regierungsanfragen, die den Anforderungen der Standardschutzklauseln widersprechen und das Informieren der zuständigen Aufsichtsbehörden über die Anfragen. Die Datentransfer-Folgenabschätzung muss dokumentiert und den Aufsichtsbehörden auf Verlangen vorgelegt werden.
Ausblick
Die veröffentlichten Dokumente sind die finalen Arbeitsdokumente. Mit der offiziellen Veröffentlichung der SCC wird in den nächsten Tagen im Amtsblatt der Europäischen Union zu rechnen sein. Ab diesem Zeitpunkt und innerhalb einer Frist von 18 Monaten müssen die bestehenden Verträge mit Partnern aus Drittstaaten, insbesondere bspw. Microsoft oder Amazon, um die neuen SCC ergänzt werden.
Aber auch bei Verwenden der neuen SCC bleibt eine Einzelfallprüfung des Datenschutzniveaus unumgänglich, denn die neuen Klauseln allein werden in der Regel nicht ausreichen, um den Anforderungen des EuGH aus dem oben genannten Urteil gerecht zu werden. Bei einer solchen Einzelfallprüfung müssen vor allem der Vertragstext und das tatsächliche Datenschutzniveau überprüft werden. Letzteres sollte durch einen Fragenkatalog an den Verarbeiter im Drittstaat geschehen.
Es ist demnach nicht damit getan, die neuen SCC einfach zu unterschreiben, sondern der Verantwortliche muss weitergehend tätig werden, um einen sicheren Datentransfer in Drittländer zu ermöglichen.
Bei der Umsetzung der Einzelfallprüfung oder bei anderen Rückfragen bieten wir Ihnen jederzeit gerne unsere Unterstützung an.
UPDATE vom 09.06.2021: Mittlerweile wurden die neuen SCC im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und sind hier zu finden.
24. November 2020
Im Anschluss an die Schrems II-Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (wir berichteten) und den neuen Empfehlungen des Europäischen Datenschutzausschusses (wir berichteten) reagierte Microsoft nun mit neuen Vertragsklauseln. Diese sollen es ermöglichen, personenbezogene Daten in Drittländer – insbesondere die USA – exportieren zu können.
Mit diesem Schritt wolle man über die aktuellen Richtlinien hinausgehen. Zusätzlich erhoffe man sich, dass dieser Schritt bei den Kunden zusätzliches Vertrauen schaffen werden.
Rechtsweg und Informationspflichten
Microsoft verpflichte sich, gegen jede nicht rechtmäßige Anordnung auf Herausgabe von personenbezogenen Daten vorzugehen und ggf. den entsprechenden Rechtsweg einzuschlagen. Darüber hinaus wolle man alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um die Anfragen Dritter so umzuleiten, dass die Daten direkt vom Kunden angefordert werden müssten. Des Weiteren sollen Kunden, sofern dies im konkreten Fall rechtlich möglich sei, unverzüglich benachrichtigt werden. Sollte die Benachrichtigung untersagt sein, verpflichte man sich, alle rechtlichen Mittel einzusetzen, um das Verbot anzugreifen und den Kunden sobald wie möglich zu informieren.
Anspruch auf Schadensersatz
Personen die durch die nach der DSGVO unrechtmäßige Datenverarbeitung einen materiellen oder immateriellen Schaden erleiden, erhalten einen Anspruch auf Schadensersatz. Dabei trage der Betroffene die Beweislast. Diese Verpflichtung übertreffe die aktuellen Empfehlungen des Europäischen Datenschutzausschusses.
Ausblick
Ob weitere Unternehmen diesem Beispiel folgen werden, ist zurzeit noch nicht ersichtlich. Es bleiben auch weiterhin viele Fragen offen. Die neuen Ergänzungen lösen nicht den Kern des bisherigen Problems. Die vom Europäischen Gerichtshof als unverhältnismäßig beanstandeten Zugriffsmöglichkeiten der US-Geheimdienste auf personenbezogene Daten können auch weiterhin nicht unterbunden werden. Nach den neuen Klauseln existiert eine rechtliche Grundlage für eine Anfechtung auch nur dann, wenn das Herausgabeverlangen nach dem nationalen Recht rechtswidrig wäre. Das ist bei Geheimdienstanfragen innerhalb der Vereinigten Staaten nur sehr selten der Fall.
17. November 2020
Im Anschluss an die Veröffentlichung des Europäischen Datenschutzausschusses bezüglich neuer Empfehlungen bei Drittstaatentransfers (wir berichteten), veröffentlichte die EU-Kommission am 12. November 2020 einen Entwurf neuer Standardvertragsklauseln (SCC). Die neuen Standartvertragsklausen setzen sich dabei aus einem Kommissionsbeschluss und den konkreten Vertragsklauseln zusammen. Aufgrund der Schrems-II-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (wir berichteten) wurde es zuletzt zunehmend schwieriger, personenbezogene Daten an Drittstaaten zu übermitteln. Die neuen Klauseln sollen nun dazu beitragen, personenbezogene Daten unter Einhaltung europäischer Datenschutzstandards, sicher an Drittstaaten transferieren zu können.
Zwei neue Übertragungsarten
Die wohl wichtigste Neuerung ist die Einführung zwei neuer Übertragungsarten. Bisher gab es die Schutzklauseln lediglich für das Verhältnis Verantwortlicher-Auftragsverarbeiter und Verantwortlicher-Verantwortlicher. Die neuen Klauseln decken zusätzlich das Verhältnis Auftragsverarbeiter-Auftragsverarbeiter und Auftragsverarbeiter-Verantwortlicher ab, wodurch auch Unterauftragsverhältnisse mit abgedeckt werden. Durch die neue „Docking Clause“ können nun auch Dritte zuvor geschlossenen Verträgen beitreten.
Garantien
Darüber hinaus sehen die neuen Klauseln Garantien vor. Eine Übermittlung bleibt auch weiterhin nur zulässig, wenn die nationalen Gesetze den Klauseln nicht entgegenstehen. Liegt ein rechtsverbindlicher Antrag auf Datenherausgabe einer Behörde vor, müssen Betroffene unverzüglich darüber informiert werden. Des Weiteren muss der Datenimporteur sich gegen das Zugriffsbegehren mit rechtlichen Mitteln zur Wehr setzen, sofern die gesetzlichen Bestimmungen dafür vorliegen.
Ausblick
Die EU-Kommission hat dazu aufgerufen, Stellungnahmen einzureichen. Die öffentliche Konsultation läuft noch bis zum 10. Dezember 2020. Sobald die neuen Standardvertragsklauseln in Kraft treten, müssen die alten Standardvertragsklauseln innerhalb eines Jahres durch die neuen Klauseln ersetzt werden.