Kategorie: Allgemein

Aus für § 26 BDSG?

11. April 2023

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entschied (Rs. C-34/21) vor rund 2 Wochen, dass der § 23 Abs. 1 S. 1 HDSIG nicht die Anforderungen einer spezifischeren Vorschrift iSd Art. 88 DSGVO erfülle. Die Entscheidung über diese landesrechtliche Norm wirft für die Anwendung des gleichlautenden § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG einige Fragen auf.

Hintergründe

Grundlage des Verfahrens vor dem EuGH war eine Klage des Hauptpersonalrates der Lehrerinnen und Lehrer beim Hessischen Kultusministerium beim Verwaltungsgericht Wiesbaden. Dabei war fraglich, ob im Rahmen des Unterrichtes per Videokonferenz eine Einwilligung der Lehrkräfte erforderlich sei. Zwecks Unterricht per Videokonferenz habe das Hessische Kultusministerium für die erfolgende Datenverarbeitung die Einwilligung aller betroffenen Schülerinnen und Schülern eingeholt. Für die betroffenen Lehrkräfte habe das Einwilligungserfordernis nicht gegolten. Stattdessen sei die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten auf Grundlage des § 23 HDSIG erfolgt.

Was ist eine “Spezifischere Norm”?

Im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens vor dem EuGH stand nun in Frage, welche Voraussetzungen eine spezifischere Vorschrift iSd Art. 88 DSGVO erfüllen müsse.

Art. 88 DSGVO enthält eine sog. Öffnungsklausel. Die DSGVO erlaubt den Mitgliedstaaten der europäischen Union demnach eine nationale Vorschrift zu erlassen, die der Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten im Beschäftigungskontext dient. § 23 HDSIG und § 26 BDSG sollen eine solche nationale, spezifische Regelung sein.

Aus Sicht des Gerichtshof sei bei der Umsetzung der Öffnungsklausel in nationales Recht Art. 88 Abs. 2 DSGVO zu beachten. Demnach setzte die DSGVO der nationalen Norm eine Grenze. Sie müsse geeignete und besondere Maßnahmen zur Wahrung der menschlichen Würde, der berechtigten Interessen und der Grundrechte der betroffenen Person umfassen. Außerdem sei es erforderlich, dass der Regelungsgehalt der nationalen Norm auf „(…) den Schutz der Rechte und Freiheiten von Beschäftigten bei der Verarbeitung ihrer personenbezogene Daten im Beschäftigtenkontext abziele (…)“ (EuGH, Urteil vom 30.03.2023, C-23/21, Rn. 65).

Zusätzlich könne die spezifischere Norm nicht lediglich die Vorgaben der DSGVO wiederholen. Sie müsse eine Regelung aufstellen, die eine Konkretisierung im vorgesehenen Bereich darstelle.

Anwendbarkeit des § 23 HDSIG

Darüber hinaus war es fraglich, welcher Folge eintrete, wenn eine nationale Norm die Anforderungen der DSGVO nicht erfülle. Aus Sicht des Gerichtshof sei dies insbesondere im Hinblick auf § 23 HDSIG fraglich. Dieser setzte voraus, dass ein Verantwortlicher personenbezogene Daten zum Zwecke des Beschäftigtenverhältnisses verarbeite. Dies entspräche der Verarbeitung zur Erfüllung eines Vertrages nach Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO.

Demnach sei eine Norm, die die Voraussetzungen des Art. 88 Abs. 1 und 2 DSGVO nicht erfülle nicht anzuwenden. Alternativ könne die nationale Norm lediglich eine Rechtsgrundlage nach Art. 6 Abs. 3 DSGVO darstellen. Ob dies der Fall ist, prüfte der EuGH nicht.

Fazit

Nach der Entscheidung des EuGH muss nun das VG Wiesbaden die Vorgaben des EuGH umsetzen. Für die Entscheidung ist § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG grundsätzlich nicht relevant. Ob die Rechtsmäßigkeit dieser Norm künftig aber tangiert wird, bleibt abzuwarten.

Verbot für ChatGPT

6. April 2023

Vergangene Woche teilte die italienische Datenschutzbehörde mit, dass das Chat-Tool „ChatGPT“ in Italien künftig verboten sei. Aufgrund verschiedener datenschutzrechtlicher Bedenken sei es nicht mehr möglich die Internetseite, über die ChatGPT zur Verfügung gestellt wird, in Italien aufzurufen.

Wenige Informationen und kein Jugendschutz

Als Grund für das Verbot nannte die italienische Datenschutzbehörde verschiede Gründe. Ausschlaggebend für das Aus sei zunächst ein Mangel an Informationen. Demnach informieren ChatGPT im Rahmen seiner Anwendung den Nutzer nicht darüber, welche personenbezogenen Daten sie sammele und zu welchem Zweck dies geschehe. Aus Sicht der Behörde sei es eindeutig, dass ChatGPT personenbezogene Daten der Nutzer zusammentrage und speichere. Allerdings sei es unklar, was mit den Daten geschehe und ob das hinter ChatGPT stehende Unternehmen „Open AI“ diese ggf. weiterveräußere.  Außerdem gebe das Unternehmen nicht an, auf welcher Rechtsgrundlage es personenbezogene Daten verarbeite.

Darüber hinaus dürfen nur Nutzer, die über 13 Jahre alt seien ChatGPT verwenden. Allerdings bestehen derzeit keine Kontrollmöglichkeit, mit der das Alter der Nutzer überprüft werde. Folglich sei es möglich, dass Kinder und Jugendliche auf Inhalte Zugriff erhielten, die für sie nicht bestimmt seien.

Des Weiteren könne es dazu kommen, dass über ChatGPT falsche Informationen verbreitet werden. Demnach antworte der Chat nicht immer richtig, sodass ungenaue personenbezogene Daten verarbeitet werden.

Verbot in Deutschland?

In Deutschland kann die Chat-Anwendung derzeit noch genutzt werden. In einem Kommentar  betonte eine Vertreterin des Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI), dass ChatGPT auf seine datenschutzrechtliche Konformität hin überprüft werden solle. Insoweit warte man auf Informationen der italienischen Datenschutzbehörde, damit sich die Datenschutzbehörden der Bundesländer genauer mit dem Verbot auseinandersetzen können.

Grundsätzlich bleibt abzuwarten, wie die Verwendung von ChatGPT in Deutschland künftig aussehen wird und ob OpenAI datenschutzrechtliche Nachbesserungen treffen wird.

Russland bereitet laut Medienberichten Cyberangriffe vor

31. März 2023

Nach umfassenden Recherchen durch mehrere Medien aus acht verschiedenen Ländern, darunter der Spiegel, das ZDF, der Guardian und die Washington Post, wurde bekannt, dass russische Geheimdienste in Zusammenarbeit mit einer Moskauer IT-Firma weltweit Cyberangriffe auf Einrichtungen der kritischen Infrastruktur planen.

Die „Vulkan-Files“, die aus den Jahren 2016 bis 2021 stammen, wurden von einem anonymen Whistleblower veröffentlicht, der über den Krieg Russlands in der Ukraine verärgert war.

Gezielte Angriffe auf die Infrastruktur

Offiziell gibt sich NTC-Vulkan als ein Beratungsunternehmen für Cybersicherheit aus. Das Unternehmen ist allerdings Teil des militärisch-industriellen Komplexes in Russland. Ein kürzlich aufgetauchtes Leck vertraulicher Dateien hat aufgedeckt, dass sie an der Förderung von Putins Cyberwarfare-Fähigkeiten beteiligt sind. Diese durchgesickerten Dokumente, die Tausende von Seiten umfassen, zeigen, wie die Vulkan-Ingenieure mit dem russischen Militär und den Geheimdiensten zusammenarbeiten. Ihre Arbeit umfasst die Unterstützung von Hacking-Operationen, die Ausbildung von Agenten für Angriffe auf die nationale Infrastruktur, die Verbreitung von Desinformationen und die Kontrolle über bestimmte Teile des Internets. Die Verbindung des Unternehmens mit dem föderalen Geheimdienst Russlands (FSB), den operativen und nachrichtendienstlichen Abteilungen der Streitkräfte (GOU und GRU) und dem Auslandsgeheimdienst (SVR) wurde durch diese Dokumente nachgewiesen.

Sowohl NTC-Vulkan als auch der Kreml wurden mehrfach um eine Stellungnahme gebeten, dort wollte man sich jedoch nicht zu den Enthüllungen äußern. Die Echtheit der Vulkan-Dateien wurde allerdings von fünf westlichen Geheimdiensten bestätigt. Die durchgesickerten Dokumente enthalten auch Beispiele für potenzielle Ziele, darunter eine Karte mit Punkten, die Orte in den USA markieren, sowie Details über ein Kernkraftwerk in der Schweiz.

Verbindungen zu westlichen Konzernen

Nachdem sie NTC-Vulkan verlassen hatten, arbeiteten mehrere ehemalige Mitarbeiter für große westliche Unternehmen wie Amazon und Siemens. Beide Unternehmen haben die Beschäftigung dieser ehemaligen Vulkan-Mitarbeiter eingeräumt, aber erklärt, dass ihre internen Kontrollen einen unbefugten Zugang zu sensiblen Informationen verhinderten. Einige dieser ehemaligen Mitarbeiter leben nun in EU-Ländern, darunter Deutschland, und arbeiten nach Angaben verschiedener Medien für globale Technologieunternehmen. Das Sicherheitsrisiko, das von diesen ehemaligen Vulkan-Ingenieuren ausgehe, sei unklar, ebenso wie die Frage, ob sie die Aufmerksamkeit westlicher Spionageabwehrbehörden auf sich gezogen haben oder nicht.

Bedrohungen auf dem Vormarsch

Die Enthüllungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem die Bedrohung durch Cyberangriffe auf die kritische Infrastruktur und die Spannungen mit Russland zunehmen. Eine solche Infrastruktur umfasst wichtige Systeme wie Stromnetze, Wasserwerke, Krankenhäuser und Transportnetze, die von Regierungen und Unternehmen auf der ganzen Welt betrieben werden.

Die potenziellen Auswirkungen solcher Angriffe auf die kritische Infrastruktur sind enorm. Sie könnten nicht nur die betroffenen Einrichtungen lahmlegen, sondern auch zu einer Kaskade von Problemen führen, die sich auf andere Bereiche ausbreiten können. Zum Beispiel könnte ein Angriff auf das Stromnetz in einer Stadt dazu führen, dass Krankenhäuser ohne Strom bleiben und lebenswichtige medizinische Geräte nicht mehr funktionieren. Die Entdeckung der Vulkan Files ist ein alarmierendes Zeichen dafür, dass solche Angriffe immer gezielter und aggressiver werden.

Wie können sich Regierungen und Unternehmen vor diesen Bedrohungen schützen?

Insgesamt sind die Vulkan Files ein alarmierendes Beispiel für die Bedrohung durch Cyberangriffe auf die kritische Infrastruktur und verschärfen zusätzlich den Konflikt mit Russland. Die Sicherheitsmaßnahmen müssen verstärkt werden, um Angriffe zu verhindern oder schnell darauf reagieren zu können. Das bedeutet, dass ein stärkeres Bewusstsein für Cyber-Sicherheitsrisiken in allen Bereichen geschaffen werden muss. Regierungen müssen sicherstellen, dass ihre kritische Infrastruktur ausreichend geschützt ist, und Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Netzwerke sicher und robust sind.

Datenschutzbeschwerde wegen Microtargeting gegen politische Parteien

23. März 2023

Die österreichische Organisation „None of your business“ (noyb) reichte diese Woche mehrere Beschwerden gegen deutsche Parteien bei der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit ein. Grund für die Beschwerden sei, dass die Parteien während des Bundestagswahlkampfes 2021 das sog. Microtargeting auf der Social-Media-Plattform „Facebook“ einsetzten, um Wählerstimmen zu gewinnen.

Recherchen des ZDF Magazin

In einem am 24.September 2021 veröffentlichten Beitrag befasste sich das ZDF Magazin Royale mit den Ergebnissen seiner Recherche zum Thema Microtargeting. Diese stammten aus einer Zusammenarbeit mit der Transparenzinitiative „Who Targets Me“.  Im April 2024 hatte das ZDF Magazin Royale seine Zuschauer dazu aufgerufen bei den Recherchen behilflich zu sein. Dafür sollten die Zuschauer eine Browser-Erweiterung installieren über die ausgelesen und gespeichert werden konnte, ob bei dem Besuch der Webseite Facebook Microtargeting erfolgt. Im Ergebnis konnte analysiert werden, dass alle größeren politischen Parteien Microtargeting auf Facebook betreiben.

Was ist Microtargeting?

Nach den Recherchen des ZDF Magazin Royals werde Microtargeting im Rahmen des Wahlkampfes eingesetzt, um zielgerichtete Werbung schalten zu können. Zu diesem Zwecke sammle und analysiere Facebook die Daten und das Verhalten seiner Nutzer. Die Beschwerdeführende Organisation noyb betonte, dass unklar sei, wie Facebook den Parteien Microtargeting ermögliche. Im Ergebnisse zeige Facebook jedem Nutzer individualisierte Wahlwerbung an. Allerdings richte sich diese Werbung nach den Interessen des Nutzern. Demnach könne eine Partei mit zwei verschiedenen Wahlversprechen, die sich schlichtweg unterschieden auf Facebook vertreten sein.

Beschwerden durch noyb

Nach Ausstrahlung des Beitrags, sei eine Vielzahl an Personen bereit gewesen der Organisation ihre Daten zu überlassen. Auf diese Weise sei es noyb möglich gewesen die Daten nach Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zu untersuchen. Einen Verstoß gegen die DSGVO sah noyb in der versteckten Auswertung politischer Ansichten durch Facebook und durch die Parteien. Besonders problematisch an der Auswertung sei, dass politische Ansichten personenbezogene Daten besonderer Kategorie gemäß Art. 9 DSGVO seien. Ihre Verarbeitung werde nach der DSGVO grundsätzlich untersagt. Außerdem können Parteien durch die individualisierte Wahlwerbung ihre Wähler manipulieren.

Fazit

Folglich erhob noyb Beschwerde gegen die AFD, das Bündnis 90/die Grünen, die CDU, die Linke, die SPD und die Ökologisch-Demokratische Partei. Die Organisation betonte die Gefahren, die Microtargeting beinhalte. Die Parteien beeinflussten das Meinungsbild ihrer Wähler mit unlauteren Mitteln.

Bundespresseamt klagt gegen Facebook Verbot

Mit der Auffassung, dass der Betrieb einer Facebook-Fanpage für eine Behörde datenschutzkonform nicht möglich sei, wies der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber das Bundespresseamt an den Betrieb der Facebook-Fanpage einzustellen. Nach einem Kurzgutachten der Datenschutzkonferenz sei der behördliche Betrieb einer Fanpage auf Facebook mit dem Datenschutzrecht unvereinbar.

Das Bundespresseamt möchte die Fan-Page jedoch gerne weiter betreiben und reichte kürzlich beim Verwaltungsgericht Köln Klage ein. Der Stellvertretenden Chef des Presse- und Informationsamtes, Dr. Johannes Dimrot erklärte sich dazu folgend:
Die Bundesregierung hat einen verfassungsrechtlichen Auftrag, die Bürgerinnen und Bürger über die Tätigkeit, Vorhaben und Ziele der Bundesregierung zu informieren. Zur Erfüllung dieses Auftrags gehört es, sich an der tatsächlichen Mediennutzung der Bürgerinnen und Bürger zu orientieren, um diese auch wirklich zu erreichen. […]”. Aktuell wird die Facebook-Fanpage weiterhin betrieben.

Stellvertretender Regierungssprecher Wolfgang Büchner gibt dem Bundespresseamt Rückhalt. Er ist der Auffassung, dass der Facebook-Auftritt ein wichtiger Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung sei. Daran sollte Büchners Auffassung nach daher auch erst einmal festgehalten werden.

Wie das Verwaltungsgericht Köln entscheiden wird, bleibt erst einmal abzuwarten. Spannend bleibt der Fall allemal, da dem Bundespresseamt mit der Information der Öffentlichkeit eine wichtige Rolle zukommt.

 

 

 

BfDI legt Tätigkeitsbericht für 2022 vor

17. März 2023

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationssicherheit (BfDI), Professor Ulrich Kelber hat am 15. März 2023 den Tätigkeitsbericht für das Jahr 2022 vorgelegt. Darin spricht er insgesamt zehn Empfehlungen aus und befasst sich mit den verschiedenen Schwerpunktthemen.

Zahl der gemeldeten Verstöße nimmt zu

2022 gingen 10.658 Meldungen beim BfDI ein, das sind gut fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Bürgerinnen und Bürger wendeten sich mit 6.619 Beschwerden und Anfragen an die Behörde. Seit Einführung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sei eine leicht fallende Tendenz in dieser Hinsicht zu beobachten. Der BfDI führt dies „auch auf die intensive Beratung z. B. bei Jobcentern und Finanzämtern zurück, die zur Verbesserung der Verarbeitungsprozesse und damit zu weniger Beschwerden geführt haben“ (S. 111).

Elektronische Patientenakte, Facebook-Fanpage, künstliche Intelligenz und mehr

Der Tätigkeitsbericht deckt zahlreiche Themenfelder ab. Viele davon sind und waren auch Teil der öffentlichen Debatte. So hält der BfDI das viel diskutierte Opt-Out-Verfahren bei der elektronischen Patientenakte grundsätzlich für möglich, sieht allerdings keine Erforderlichkeit, von der derzeitigen Opt-In-Lösung abzuweichen.

Auch die Anweisung gegenüber dem Bundespresseamt, den Betrieb von Facebook-Fanpages einzustellen, ist Teil des Tätigkeitsberichts. Nach Ansicht des BfDI ist ein datenschutzkonformer Betrieb nicht möglich. Inzwischen hat das Bundespresseamt beim Verwaltungsgericht Köln erhoben. Es ist der Auffassung, „dass allein Facebook für seine Datenverarbeitung datenschutzrechtlich verantwortlich ist und insoweit datenschutzrechtliche Fragen allein im Verhältnis zu Facebook zu klären sind“.

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) wird im Tätigkeitsbereich an verschiedenen Stellen aufgegriffen. So empfiehlt der BfDI der Bundesregierung den Erlass eines Beschäftigtendatenschutzgesetzes, „in dem etwa der Einsatz von KI im Beschäftigungskontext, die Grenzen der Verhaltens- und Leistungskontrolle sowie typische Datenverarbeitungen im Bewerbungs- und Auswahlverfahren klar geregelt werden“. Zudem äußert er sich kritisch gegenüber der von der Europäischen Union geplanten Chat-Kontrolle. Diese biete „kaum Schutz für Kinder, wäre aber Europas Einstieg in eine anlasslose und flächendeckende Überwachung der privaten Kommunikation“ (S. 45).

 

Meta- Tracking- Tools rechtswidrig

16. März 2023

Im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gegen den US-Konzern „Meta“ stellte die österreichische Datenschutzbehörde (DSB) die Rechtswidrigkeit der durch Meta zur Verfügung gestellten Tools „Facebook Logins“ und „Meta Pixel“ fest. Grund für diese Entscheidung sei der rechtswidrige Drittlandstransfer personenbezogener Daten in die USA.

Hintergründe

Zu der Entscheidung der DSB kam es aufgrund einer durch die Datenschutzorganisation „none of your business“ (noyb) angestrengten Beschwerde. Diese strengte noyb zusammen mit weiteren 100 Beschwerden gegen verschiedene Webseitenbetreiber an, die auf ihren Seiten Anwendungen von Meta und Google implementiert hatten (wir berichteten).

Im konkreten Fall ging noyb gegen den Betreiber eines Online-Nachrichtenportals vor. Dieser hatte u.a. die von Meta zur Verfügung gestellten Tools Facebook Logins und Meta Pixel auf seiner Webseite implementiert. Insoweit sei es fraglich gewesen, ob die aufgrund der Implementierung erfolgte Datenübermittlung in die USA durch eine geeignete Garantie nach Art. 45 DSGVO oder eine Ausnahme nach Art. 49 DSGVO erlaubt sei.

Facebook Logins und Meta Pixel

Facebook Login sei, laut Meta eine Anwendung, die die Nutzererfahrung verbessere. Der Nutzer einer Webseite müsse sich kein neues Benutzerkonto anlegen, sondern könne sein Facebook-Profil zur Anmeldung verwenden. Die DSB stellte allerdings fest, dass aufgrund der Implementierung von Facebook Logins eine Vielzahl personenbezogener Daten der Nutzer in die USA übermittelt werden. Dazu zählen u.a. die IP-Adresse, Ort und Datum des Webseitenbesuches und die Nutzer-ID.

Meta Pixel sei, wie der Konzern erklärt, eine Anwendung, die es Webseitenbetreibern ermögliche, das Verhalten ihrer Nutzer nachzuvollziehen. Alle Handlungen, die ein Nutzer auf der Webseite vornehme, wie beispielweise das Hinzufügen eines Artikels in den Warenkorb, könne die Anwendung dokumentieren. Wie auch bei Facebook-Logins, komme es bei Meta Pixel zu einer Datenübermittlung in die USA. Zu diesen personenbezogenen Daten zählen u.a. die IP-Adresse und die Klickdaten für Buttons des Endgerätes.

Feststellung der DSB

Hinsichtlich der Datenübermittlung in die USA stellt die DSB einen Verstoß gegen die allgemeinen Grundsätze der Datenübermittlung nach Art. 44 ff. DSGVO fest.  Obwohl zu dem fraglichen Zeitpunkt der EuGH den „Privacy Shield“, also den Angemessenheitsbeschluss für die Übermittlung personenbezogener Daten in die USA, bereits für unwirksam erklärt habe, sollte auf seiner Grundlage eine Datenübermittlung erfolgen. Demnach reichten später eingeführte Standardvertragsklauseln aus Sicht der DSB nicht zur rechtwirksamen Datenübermittlung. Die untersuchte Datenübermittlung sei vor Einführung der Vertragsklauseln erfolgt. Eine Ausnahme iSd Art. 49 DSGVO habe die Webseite nicht für die Datenübermittlung vorgesehen.

Fazit

Vorsitzender der Organisation noyb, Max Schrems, betonte, dass erstmalig eine Aufsichtsbehörde einem Webseitenbetreiber die Illegalität der Facebook-Tracking-Technologie aufgezeigt habe.

Abschließend bleibt fraglich, wann und ob mehr Rechtssicherheit in Bezug auf die Datenübermittlung in die USA einkehren wird.

US-Regierung plant erstmals Regulierung von Cloud-Anbietern

15. März 2023

Nachdem sich Cloud-Dienste über Jahre in zahlreichen Bereichen zur Datenspeicherung etabliert haben, arbeitet die US-Regierung an einem Plan zur Regulierung der Sicherheitspraktiken der Anbieter wie Amazon, Microsoft, Google oder Oracle. Diese Dienste stellen von Privatpersonen und kleinen Unternehmen bis hin zu Behörden und Geheimdiensten Datenspeicherung und Rechenleistung zur Verfügung.

Störungen in der Cloud werden zu Störungen in Wirtschaft und Regierung

Die amtierende nationale Cyber-Direktorin, Kemba Walden, hält die Cloud für unseren Alltag für unverzichtbar. Störungen der Cloud könnten katastrophale Auswirkungen auf Wirtschaft und Regierung haben. Die Cloud sei schlicht „too big to fail“. Für Hacker seien Cloud-Dienste konzentrierte Angriffsziele, die eine Vielzahl von Opfern gleichzeitig beträfen. Kritische Infrastruktur wie Krankenhäuser oder Häfen könnten lahmgelegt werden und selbst Datenbanken in Behörden könnten ausgelöscht werden. So hätten Hacker bereits Cloud-Server von Unternehmen wie Amazon und Microsoft für ihre Angriffe auf andere Ziele genutzt. Zudem mieteten cyberkriminelle Gruppen regelmäßig Infrastruktur von US-amerikanischen Cloud-Anbietern, um Unternehmen zu erpressen oder Daten zu stehlen.

Identitätsüberprüfung und neue Regulierung

Als erste Maßnahme kündigte die US-Regierung an, zukünftig von Cloud-Anbietern eine Identitätsprüfung ihrer Nutzer vorzunehmen. Damit solle verhindert werden, dass ausländische Hacker Speicherplatz auf US-Cloud-Servern mieten. Zudem sollen weitere Cloud-Vorschriften im Rahmen der nationalen Cybersicherheitsstrategie kommen, um Regulierungslücken zu schließen. Als Vorschläge stehen derzeit auch eine Haftung für Softwarehersteller von unsicherem Code und strengere Sicherheitsvorschriften für kritische Infrastrukturunternehmen im Raum. Allerdings gibt es in den USA keine nationale Behörde, die für die Cloud zuständig wäre.

Cloud-Anbieter zeigen sich bisher nicht so ablehnend wie von den US-Behörden erwartet. Microsoft beispielsweise begrüßte die nationale Cybersicherheitsstrategie und betonte, dass Cybersicherheit Teamsport sei.

Auswirkungen auf Europa

Aus europäischer Perspektive ist eine Regulierung der US-Cloud-Dienste ebenfalls relevant. Auch den europäischen Cloud-Markt führen US-Anbieter weitestgehend an. Angesichts der immer wieder auftretenden Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes in den USA könnten strengere Regeln für die Cloud auch die Sicherheit der Daten verbessern.

Kategorien: Allgemein · Datenschutz in den USA
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Ist Schufa-Scoring eine automatisierte Entscheidung nach Art. 22 Abs. 1 DSGVO?

9. März 2023

Handelt es sich bei der Erstellung eines Scoring-Wertes durch die deutsche Wirtschaftsauskunftei „Schufa“ um eine automatisierte Entscheidung nach Art. 22 Abs. 1 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)? Unter anderem diese Frage möchte das VG Wiesbaden im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens (Rs. C-634/21) vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) beantworten lassen. Zu diesem Zweck verhandelt der EuGH derzeit und wird voraussichtlich in diesem Jahr eine Entscheidung erlassen.

Scoring

Hintergrund der Entscheidung ist das Scoring der Klägerin, das Anlass für ein Kreditinstitut gewesen sei, die Vergabe eines Kredites zu untersagen. Mit Hilfe des Scorings legt die Schufa einen Wahrscheinlichkeitswert fest. Dieser bestimmt die Fähigkeit einer Person, künftige Kredite oder Verträge einzuhalten und zurückzuzahlen. Hierzu verwendet die Schufa ein mathematisch-statistisches Verfahren. Die betroffene Person wird dabei auf Grund verschiedener Merkmale einer Personengruppe zugeordnet. Aufgrund von Erfahrungswerten ordnet die Schufa den entsprechenden Personengruppen ein erwartbares Verhalten zu. Die Kreditwürdigkeit der betroffenen Person richtet sich folglich nach der Personengruppe, der sie zugeordnet wird.

Dabei ist allerdings unklar, welche Merkmale die Schufa zur Berechnung der Bonität und welches mathematisch-statistische Verfahren sie verwendet.

Automatisierte Entscheidung

Aus Sicht des VG Wiesbaden ist fraglich, ob die Feststellung des Wahrscheinlichkeitswertes, eine automatisierte Entscheidung, bzw. sog. Profiling iSd Art. 22 Abs. 1 DSGVO darstellt. In diesem Fall sei das Scoring an den Voraussetzungen der Art. 22 Abs. 2 lit. b DSGVO iVm § 31 BDSG zu messen.

Das Gericht stellte zunächst fest, dass mit der Feststellung des Wahrscheinlichkeitswertes die Schufa eine eigenständige Entscheidung treffe. Diese beschließe die Schufa als Verantwortlicher iSd Art. 4 Abs. 7 DSGVO. Insoweit bereite die Schufa nicht lediglich die Entscheidung eines Dritten durch vorbereitendes Profiling vor. Stattdessen diene die Entscheidung der Schufa als Grundlage der Entscheidung eines Dritten. Dabei gebe die Schufa den Scoring-Wert ohne Handlungsempfehlung weiter, sodass Kreditinstitute oder andere Einrichtungen über die Begründung, Durchführung und Beendigung eines Vertragsverhältnisses entscheiden könnten.

Darüber hinaus verarbeite die Schufa die personenbezogenen Daten der betroffenen Person so, dass „diese personenbezogenen Daten verwendet werden, um bestimmte persönliche Aspekte, die sich auf eine natürliche Person beziehen, zu bewerten“ iSd Art. 4 Nr. 4 DSGVO. Folglich liege hier das sog. Profiling und somit eine automatisierte Entscheidung iSd Art. 22 DSGVO vor. Insoweit sei es ausschlaggebend, dass unter dem Profiling nach Erw.Gr. 71 S. 2 DSGVO auch „die Analyse oder Prognose von Aspekten bezüglich der wirtschaftlichen Lage, der Zuverlässigkeit oder des Verhaltens einer Person zu verstehen seien.“ (VG Wiesbaden, Vorabentscheidungsersuchen, Rs. C-634/21, Rn.19).

Fazit

Demnach sei nach Ansicht des Gerichts, soweit das Scoring unter Art. 22 DSGVO falle, eine eigenständige Rechtsgrundlage nach 22 Abs. 2 lit. b DSGVO erforderlich. Aus Sicht des Gerichts komme grundsätzlich § 31 BDSG hierfür in Betracht.

WhatsApp sichert Verbraucherschutzbehörden uneingeschränkte Einhaltung von EU-Vorschriften und mehr Transparenz zu

7. März 2023

Nach Gesprächen mit dem Consumer Protection Cooperation Network (CPC) der Europäischen Union (EU) hat sich WhatsApp bereiterklärt, in Zukunft die Änderungen seiner Nutzungsbedingungen transparenter zu gestalten. Zudem bestätigte WhatsApp, „dass personenbezogene Daten der Nutzerinnen und Nutzer nicht zu Werbezwecken an Dritte oder andere Meta-Unternehmen – einschließlich Facebook – weitergegeben werden“.

Intensiver Dialog mit Verbraucherschutzbehörden und Kommission

Das CPC besteht neben der Europäischen Kommission aus EU-Verbraucherschutzbehörden. Den Dialog führten federführend die schwedische Verbraucheragentur und die irische Kommission für Wettbewerb und Verbraucherschutz. Anstoß für die Untersuchung hatte eine Beschwerde der Europäischen Verbraucherverbands (BEUC) und acht seiner nationalen Mitgliedsverbände im Juli 2021 gegeben. Diese hatten Bedenken wegen „mutmaßlicher unlauterer Praktiken des Unternehmens bei der Aktualisierung seiner Nutzungsbedingungen und Datenschutzbestimmungen“ geäußert. Das CPC hatte WhatsApp daraufhin im Januar 2022 und erneut im Juni 2022 angeschrieben.

Bereitschaft „zu uneingeschränkter Einhaltung von EU-Vorschriften, besserer Information für Nutzer und Respektierung ihrer Entscheidungen bei Vertragsanpassungen“

Ergebnis des Dialogs ist eine Liste von Zusagen, die laut CPC WhatsApps Bereitschaft „zu uneingeschränkter Einhaltung von EU-Vorschriften, besserer Information für Nutzer und Respektierung ihrer Entscheidungen bei Vertragsanpassungen“ zeigen. WhatsApp wolle bei künftigen Änderungen seiner Geschäftspolitik geplante Änderungen an den Verträgen und deren Auswirkungen auf die Nutzerschaft erklären, „die Option zur Ablehnung aktualisierter Nutzungsbedingungen so deutlich anbieten wie die Möglichkeit, diese zu akzeptieren“ sowie „gewährleisten, dass Benachrichtigungen mit Update-Informationen ausgeblendet oder die Überprüfungen auf Updates aufgeschoben werden können, die Entscheidungen der Nutzerinnen und Nutzer respektieren und Benachrichtigungen nicht wiederholt versenden.“

Die Umsetzung dieser Zusagen will das CPC aktiv überwachen und falls erforderlich auch mit Bußgeldern durchsetzen.

Enttäuschung vonseiten des Verbraucherschutzverbands

BEUC zeigte sich enttäuscht von den Ergebnissen der Dialoge und bezeichnete sie als „Gelbe Karte“ für WhatsApp. Während EU-Justizkommissar Didier Reynders die Zusagen begrüßte, bedauerte BEUC-Vizedirektorin Ursula Pachl die „schwache Reaktion“ des CIC. Es sei nicht ausreichend, einfach mehr Transparenz und die Möglichkeit, Änderungen der Richtlinien in Zukunft leichter abzulehnen, zu versprechen. Millionen von Nutzerinnen und Nutzern seien aufgrund des aggressiven Verhaltens von WhatsApp 2021 gezwungen worden, die Änderungen zu akzeptieren. Diesen Menschen werde keine Abhilfe verschafft. Die Verbraucherschutzbehörden senden laut Pachl ein „sehr besorgniserregendes Signal aus, indem sie akzeptieren, dass ein Tech-Gigant wie WhatsApp Verbraucherrechte verletzen kann und dann mit dem Versprechen davonkommt, sich in Zukunft zu bessern. Dies zeigt, dass die derzeitige Art und Weise der Durchsetzung des Verbraucherrechts nicht abschreckend genug ist und dass eine dringende Reform erforderlich ist, um eine wirksamere Durchsetzung insbesondere bei EU-weiten Verstößen zu gewährleisten.“

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