Kategorie: Allgemein

Grindr muss 5,8 Millionen Euro Strafe zahlen

9. Oktober 2023

Der Betreiber der Dating-App Grindr hatte mit seinem Einspruch gegen eine Strafe der norwegischen Datenschutzbehörde wegen illegalem Informationstransfer keinen Erfolg. Diese hat das Bußgeld in einer Rekordhöhe von 65 Millionen Norwegischen Kronen (rund 5,8 Millionen Euro) aufgrund von Datenschutzverletzungen aufrechterhalten. Im Fokus steht der Verstoß gegen die Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Bezug auf eine klare und informierte Einwilligung der Nutzer.

Ohne ordnungsgemäße Einwilligung keine Datenweitergabe!

Die norwegische Datenschutzbehörde hatte Ende 2021 das Bußgeld gegen Grindr verhängt, nachdem eine Beschwerde des Norwegischen Verbraucherrats aus dem Jahr 2020 aufgedeckt hatte, dass Grindr persönliche Informationen, darunter Standortdaten, IP-Adressen, Werbe-IDs von Mobiltelefonen, Alter und Geschlecht der Nutzer, ohne ausreichende Einwilligung an Dritte weitergegeben hatte. Besonders besorgniserregend war die Übermittlung sensibler Informationen zur sexuellen Orientierung und anderen persönlichen Überzeugungen an Drittanbieter. Diese hatten wiederum das Recht, die Daten weiterzugeben, um gezielte Werbung zu schalten.

Bedeutung der Entscheidung für überwachungsbasierte Werbung:

Hierbei handelt es sich um ein klares Signal an Unternehmen, die auf überwachungsbasierte Werbung setzen. Die rechtswidrige Weitergabe von personenbezogenen Daten ohne ausreichende rechtliche Grundlage kann – wie man an diesem Fall sieht – ernsthafte Konsequenzen haben. Insbesondere Unternehmen in der digitalen Werbeindustrie und der mobilen App-Welt wird vor allem hinsichtlich Trackings und Profilings geraten, ihre Verhaltensweisen zu überprüfen. Erforderlich ist das Einholen einer Einwilligung, um den Nutzern die Kontrolle über ihre eigenen personenbezogenen Daten zu geben.

Fazit:

Die Entscheidung, Grindr mit einer Rekordstrafe zu belegen, sendet ein deutliches Signal an Unternehmen, die in ihrer Geschäftstätigkeit auf die unzulässige Verwendung von Nutzerdaten setzen. Diese Datenschutzentscheidung unterstreicht die Notwendigkeit einer transparenten Datenhandhabe und die Einholung entsprechender Einwilligung der Verbraucher.

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Datenschutz bei Zyklusapps

3. Oktober 2023

Der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) teste, wie Anbieter von Zyklus-Apps mit Betroffenenanfragen nach Art. 15 DSGVO umgehen. Im Ergebnis besteht für die App-Anbieter bei Beantwortung von Auskunftsersuchen Nachholbedarf.

Die Verwendung von Zyklus-Apps

Mit Hilfe von Zyklus-Apps können die Nutzerinnen persönliche Informationen über den Start ihrer Periode, gesundheitlichen Begleiterscheinungen oder beispielsweise zu einem Kinderwunsch dokumentieren. Dabei handelt es sich regelmäßig um Gesundheitsdaten im Sinne des Art. 9 DSGVO, d.h. um besondere Kategorien personenbezogener Daten, die einem besonderem Schutz unterliegen.

Im Rahmen eines Tests untersuchte nun der vzbv, wie zwölf Zyklus-Apps mit dem Recht auf Auskunft der Betroffenen umgehen. Nach Art. 15 DSGVO haben die betroffenen Nutzerinnen die Möglichkeit zu erfahren, ob die App-Anbieter ihre personenbezogenen Daten verarbeiten und wenn ja, welche Datenkategorien verarbeitet werden, zu welchen Zwecken, wem die Daten ggf. übermittelt werden, wie lange die Daten gespeichert werden und ob die Verarbeitung mittels einer automatisierten Entscheidungsfindung erfolgt.  Dabei dient das Recht auf Auskunft u.a. dazu, den betroffenen Nutzern eine Informationsgrundlage zu bieten. Anschließend können sie weitere Rechte, wie das Recht auf Berichtigung oder Löschung nach Art. 16 und 17 DSGVO ausüben.

Ergebnisse der Untersuchung

Zur datenschutzrechtlichen Untersuchung der Apps sollten drei Verbraucherinnen alles zwölf Apps verwenden. Im Anschluss stellte der vzbv im Namen jeder Verbraucherin eine Auskunftsanfrage. Zum Abgleich stellte anschließend die Stiftung Warentest die gleichen Fragen offen an die App-Anbieter.

Im Ergebnis erkennbar sei, laut vzbv dass die App-Anbieter einen großer Teil der Auskunftsanfragen, d.h. 31 von 36 innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat beantwortet hätten. Zu der Frage, ob eine Datenverarbeitung erfolge, hätten die App-Anbieter in 21 von 31 Fällen geantwortet.

Negativ aufgefallen seien vier Anbieter, deren Auskünfte den eigenen Datenschutzerklärungen widersprochen hätten. Dabei habe ein Anbieter auf die Auskunftsanfrage geantwortet, dass er keine Gesundheitsdaten verarbeite. Nach der eigenen Datenschutzerklärung sei dies aber gerade der Fall.

Hinzukäme, dass die App-Anbieter über die bloße Datenverarbeitung hinausgehende Fragen nur lückenhaft beantwortet hätten. Insbesondere die Fragen zu den Zwecken der Datenverarbeitung seien nur unzureichend beantwortet worden. Zu den Verarbeitungszwecken hätten die App- entweder keine, falsche oder unvollständige Antworten gegeben.

Fazit

Der durchgeführte Test erfolgte im Rahmen einer Untersuchung der Stiftung Warentest zu Zyklus-Apps. Die Anfragen zeigen, dass alle Nutzer achtsam mit der Abgabe personenbezogener Daten umgehen sollten.  Dabei zeigt sich auch, dass die Wahrung von Betroffenen Rechten ein wichtiger Bestandteil des Datenschutzes sind.

Nach Rechtsstreit: neuer Datenschutzbeauftragter für Niedersachsen

18. September 2023

Vergangene Woche verwarf das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg per Beschluss eine Beschwerde (Az. 5 ME 55/23) der ehemaligen Landesdatenschutzbeauftragten Niedersachsen, Barbara Thiel. Mit ihrer Beschwerde hatte sie sich gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Hannovers (Az. 13 B 3358/23) gewendet. Per Verfahren vor dem VG Hannover wollte die ehemalige Datenschutzbeauftragte, Thiel die Ernennung des neuen Datenschutzbeauftragten des Landes Niedersachsen, Denis Lehmkemper verhindern.

Das Verfahren

Bereits im Mai hatte der Landtag Niedersachsen einen neuen Datenschutzbeauftragten des Landes gewählt. Mit der Entscheidung entschied sich der Landtag gegen Thiel, die sich für eine weitere Amtszeit offen zeigte.

Das VG Hannover sah in der Ernennung des neuen Landesdatenschutzbeauftragten keine Rechtsverletzung der ehemaligen Landesdatenschutzbeauftragten. Insofern habe kein Verstoß gegen das Transparenzgebot der DSGVO bestanden. Auch eine Ausschreibung für die Stelle als Landesdatenschutzbeauftragter sei nach den Regelungen der DSGVO nicht erforderlich gewesen. Dem fügte das OVG Niedersachsen hinzu, dass das nach Art. 53 DSGVO geltenden Transparentgebot für die Ernennung von Datenschutzbeauftragten keine subjektiven Rechte garantiere. Die Norm schütze allein das öffentliche Interesse an einem transparenten Benennungsverfahren.

Das OVG Niedersachsen stellte außerdem fest, dass auch eine Verletzung von Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG) nicht vorgelegen habe. Die Norm garantiert den Zugang zu öffentlichen Ämtern für „jeden Deutschen“. Laut dem OVG sei Art. 33 Abs. 2 GG allerdings in diesem Fall nicht anwendbar. Sofern eine Stelle durch eine Wahl besetzt werde, greife sie nicht. Das Demokratieprinzip und somit die Legitimität der Wal habe ihr Vorrang.

Fazit

Grundsätzlich verfügt jedes Bundesland über einen Datenschutzbeauftragten. Jeder Datenschutzbeauftragte erfüllt dabei zunächst eine beratende Funktion. Wenn der Landtag ein neues Gesetz verabschiedet, dass ggf. datenschutzrechtliche Belangen tangieren könnte, überwacht der Beauftragte die Einhaltung des Datenschutzes. Außerdem sind die Landesdatenschutzbeauftragten eine Anlaufstelle für die Bürger. Neben der Möglichkeit Beschwerden bei Datenschutzverstößen einzureichen, richtet sich der Service der Landesbeauftragten auch an Unternehmen, die Unterstützung bei der Umsetzung des Datenschutzes benötigen.

DSK veröffentlicht Anwendungshinweise zum EU‐US Data Privacy Framework

8. September 2023

Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) hat am 4. September 2023 Anwendungshinweise zum Angemessenheitsbeschluss des EU-US Data Privacy Frameworks herausgegeben. Diese Hinweise sind von Bedeutung für Organisationen und Unternehmen, die personenbezogene Daten in Drittländer, insbesondere in die USA, übermitteln.

Allgemeines zu Drittstaatenübermittlungen

Die Anwendungshinweise geben zunächst einen allgemeinen Überblick über die Angemessenheitsentscheidung.

Unter Drittstaatenübermittlungen versteht man die Übertragung von personenbezogenen Daten aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) in Länder, in denen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nicht unmittelbar gilt. Dies betrifft beispielsweise die USA. Die DSGVO regelt solche Übermittlungen, um ein gleichwertiges Datenschutzniveau sicherzustellen.

Zweistufige Prüfung der Rechtmäßigkeit der Übermittlung an Drittländer

Die Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer ist gemäß Art. 44 Abs. 1 DSGVO nur unter bestimmten Bedingungen zulässig. Zunächst muss geprüft werden, ob eine Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung besteht. Darüber hinaus müssen die Grundsätze aus Art. 5 DSGVO eingehalten werden (1. Stufe). Erst danach kann die Übermittlung nach einem der Mechanismen des Kapitels V DSGVO legitimiert werden (2. Stufe).

Kapitel V – Übersicht zu den Übermittlungsinstrumenten

Ein Angemessenheitsbeschluss gemäß Art. 45 DSGVO ermöglicht eine Datenübermittlung an ein Drittland, wenn die Europäische Kommission feststellt, dass ein gleichwertiges Datenschutzniveau wie in der EU gegeben ist. Hierbei muss auch die Existenz von Rechtsbehelfen für betroffene Personen geprüft werden. Das EU-US Data Privacy Framework ist ein solcher Angemessenheitsbeschluss, der auf zertifizierte Stellen beschränkt ist.

Geeignete Garantien gemäß Art. 46 DSGVO sind weitere Mechanismen zur Legitimierung von Drittstaatenübermittlungen. Hierzu gehören beispielsweise Standardvertragsklauseln (Standard Contractual Clauses) und Verhaltensregeln. Diese sollen ein gleichwertiges Datenschutzniveau sicherstellen. Dabei sollte stets beachtet werden, dass zusätzliche Maßnahmen erforderlich sein können, um das geforderte Schutzniveau zu erreichen.

Informationen für Daten übermittelnde Stellen (Datenexporteure)

US-Organisationen, die der Aufsicht der FTC oder des DOT unterliegen, können sich selbst im Rahmen des DPFs zertifizieren. Die Zertifizierung erfordert die Übermittlung von Informationen an das US-Handelsministerium, und zertifizierte Organisationen verpflichten sich zur Einhaltung der EU-US DPF-Vorgaben. Das US-Handelsministerium führt eine Liste zertifizierter Organisationen, auf die EU-Datenexporte gestützt werden können. Jährliche Überprüfungen sind erforderlich. Dabei sollte beachtet werden, dass die Zuständigkeiten der FTC und des DOT begrenzt sind, und nicht alle Branchen abdecken.

Umfassende Erläuterungen

Auch wenn die Erläuterungen auf der Webseite des DPFs recht umfangreich sind, so sind sie nicht sehr übersichtlich gestaltet. Die Anwendungshinweise der DSK sind deutlich übersichtlicher und verschaffen somit einen guten Überblick über dieser Thematik. Neben den allgemeinen Informationen und den Informationen für Daten übermittelnde Stellen werden auch Informationen für betroffene Personen zu Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung gestellt.

Fazit

Die Anwendungshinweise bieten eine gute Orientierungshilfe für Organisationen, die mit Drittstaatenübermittlungen zu tun haben. Das Dokument bietet sowohl Datenexporteuren als auch betroffenen Personen Informationen zum Datenschutz bei der Übermittlung von Daten in die USA. Es verweist auf weitere Ressourcen und Materialien für zusätzliche Informationen, einschließlich solcher vom Europäischen Datenschutzausschuss.

In Bezug auf die Zukunft des Angemessenheitsbeschlusses EU-US Data Privacy Framework, der vor dem Hintergrund früherer Aufhebungen von Angemessenheitsbeschlüssen für die USA erlassen wurde, kann die Datenschutzkonferenz keine Vorhersagen treffen. Zum aktuellen Zeitpunkt ist dieser Beschluss jedoch geltendes EU-Recht. Die DSK weist darauf hin, dass regelmäßige Evaluierungen durch die EU-Kommission vorgesehen sind, die zu Anpassungen oder Aufhebungen führen könnten. Darüber hinaus bestehe auch die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung dieses neuen Angemessenheitsbeschlusses.

Weitere Informationen und detaillierte Empfehlungen sind in den Anwendungshinweisen der Datenschutzkonferenz verfügbar.

Rechtsmissbrauch in Auskunftsansprüchen nach Art. 15 DSGVO: Aktuelle Entwicklungen und Urteile

4. September 2023

Ein bedeutender Aspekt der DSGVO ist das Recht auf Auskunft, das in Art. 15 der DSGVO verankert ist. Dieses Recht ermöglicht es den betroffenen Personen, Informationen über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu erhalten. In der Praxis hat sich dabei eine interessante Frage ergeben: Kann dieses Auskunftsrecht missbraucht werden, um Informationen zu erhalten, die zwar legitime Zwecke verfolgen, aber nicht unmittelbar mit dem Datenschutz zu tun haben? Zum Beispiel könnten Personen Auskunft über ihre Daten verlangen, um unrechtmäßig erhobene Bankgebühren oder zu Unrecht gezahlte Versicherungsprämien zurückzufordern. Diese Frage des sogenannten “Rechtsmissbrauchs” in Bezug auf Auskunftsansprüche beschäftigt die Rechtsprechung und hat in jüngster Zeit zu verschiedenen Urteilen geführt.

Die Vorlage des BGH an den EuGH

Der Bundesgerichtshof hat diese Frage in einem Beschluss vom 29. März 2022 dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt (BGH, EuGH-Vorlage vom 29. März 2022 – VI ZR 1352/20 –). Der BGH äußerte auch Zweifel, ob in solchen Fällen tatsächlich ein Rechtsmissbrauch vorliegt, da der Wortlaut von Art, 15 der DSGVO keine solche Beschränkung vorsieht.

In einem aktuellen Urteil hat sich auch das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 03.05.2023, Az. 20 U 146/22) mit der Frage des Rechtsmissbrauchs im Zusammenhang mit Auskunftsansprüchen nach Art. 15 DS-GVO befasst. Der Fall drehte sich um Prämienanpassungen in einer privaten Krankenversicherung. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO abgeleitet werden kann. Das Gericht erkannte zwar an, dass einige der angeforderten Informationen personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Abs. 1 DS-GVO darstellen. Dennoch stand der Beklagten nach Art. 12 Abs. 5 S.2 lit. b DSGVO ein Weigerungsrecht zu. Obwohl die Vorschrift häufige Wiederholungen als Beispiel für “exzessive” Anträge nennt, betonte das Gericht, dass sie auch andere rechtsmissbräuchliche Anträge abdecken soll.

Schutzzweck des DSGVO

Bei der Beurteilung, was als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist, ist der Schutzzweck der DSGVO zu berücksichtigen. Der Sinn und Zweck des Auskunftsrechts nach Art. 15 DSGVO besteht darin, betroffenen Personen die Möglichkeit zu geben, sich bewusst zu werden, wie ihre personenbezogenen Daten verarbeitet werden, und die Rechtmäßigkeit dieser Verarbeitung zu überprüfen. In diesem Fall verfolgte der Kläger jedoch nicht dieses datenschutzrechtliche Interesse. Vielmehr diente seine Auskunftsanfrage ausschließlich der Überprüfung von möglichen formellen Mängeln in Bezug auf Prämienanpassungen. Ein solcher Zweck entspricht nicht dem Schutzzweck der DSGVO.

Fazit

Es bleibt abzuwarten, wie der Europäische Gerichtshof auf die Vorlage des BGH reagieren wird und ob weitere Klarstellungen zu diesem Thema erwartet werden können. Bis dahin sollten Unternehmen und Betroffene gleichermaßen die Entwicklungen aufmerksam verfolgen und sich bewusst sein, dass das Auskunftsrecht nach der DSGVO nicht grenzenlos ist, sondern bestimmten Schutzzwecken dient.

Datenschutz-Folgenabschätzung bei Einführung einer internen Meldestelle

28. August 2023

Mit der Inkraftsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes am 2. Juli 2023 wurde eine neue rechtliche Landschaft für betroffene Unternehmen, öffentliche und kirchliche Stellen geschaffen. Im Zentrum dieser Entwicklung steht die Verpflichtung zur Etablierung interner Meldestellen. Dieser Beitrag beleuchtet die datenschutzrechtlichen Implikationen dieser Verpflichtung und erörtert die Notwendigkeit einer Datenschutz-Folgenabschätzung gemäß DSGVO.

Datenschutzrechtliche Herausforderungen

Die Einrichtung einer internen Meldestelle, durch die potenziell personenbezogene Daten von Hinweisgebern über vermeintlich strafbares Verhalten von Beschuldigten gemeldet werden können, wirft datenschutzrechtliche Fragen auf. Besonders dann, wenn die Meldungen nicht anonym erfolgen, kann dies zur Verarbeitung sensibler personenbezogener Daten führen. Hierdurch wird der Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet, was die Verantwortlichen dazu verpflichtet, die Datenschutzrechte und -pflichten entsprechend zu beachten.

Datenschutz-Folgenabschätzung nach Art. 35 DSGVO

Die zentrale Frage, die sich hier stellt, ist, ob vor Einführung einer internen Meldestelle eine Datenschutz-Folgenabschätzung gemäß Art. 35 Abs. 1 DSGVO durchzuführen ist. Diese Pflicht zur Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung entsteht, wenn die Verarbeitung personenbezogener Daten voraussichtlich ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen birgt.

Schwellenwertanalyse und Anwendungsfälle

Um diese Frage zu beantworten, wird eine Schwellenwertanalyse durchgeführt, um festzustellen, ob die genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Zunächst sind die Regelbeispiele in der von Aufsichtsbehörden festgelegten “Muss-Liste” nicht relevant. Weiterhin sind die Anwendungsfälle des Art. 35 Abs. 3 DSGVO nicht einschlägig. Insbesondere der Abs. 3 lit. b DSGVO, der eine Datenschutz-Folgenabschätzung bei umfangreicher Verarbeitung besonderer Kategorien von personenbezogenen Daten oder von Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten vorschreibt, trifft hier nicht zu.

In Bezug auf den vorliegenden Fall wird deutlich, dass keine “umfangreiche” Verarbeitung sensibler Daten vorliegt. Die Meldungen betreffen Einzelpersonen oder kleine Personengruppen, was gemäß Erwägungsgrund 75 der DSGVO keine umfangreiche Verarbeitung darstellt.

Europäischer Datenschutzausschuss und hohe Risiken

Die Durchführungspflicht einer Datenschutz-Folgenabschätzung kann jedoch auf das Vorliegen der Kriterien des Arbeitspapiers 248 des Europäischen Datenschutzausschusses gestützt werden. Diese Kriterien sind in nahezu allen internen Meldesystemen erfüllt und deuten insgesamt auf ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen gemäß Art. 35 Abs. 1 DSGVO hin. Dabei wird betont, dass aufgrund des erhöhten Risikos für die Betroffenen bei der Meldung von Missständen eine Datenschutz-Folgenabschätzung erforderlich ist.

Fazit

Angesichts der potenziell sensiblen Natur der gemeldeten Verstöße und der möglichen schwerwiegenden Konsequenzen für die Beschuldigten, inklusive strafrechtlicher Relevanz, erscheint die Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung unausweichlich. Die Notwendigkeit ergibt sich aus den anwendbaren Vorschriften der DSGVO und den Empfehlungen des Europäischen Datenschutzausschusses, insbesondere unter Berücksichtigung der Orientierungshilfe der DSK. Unternehmen und Organisationen sollten daher bei der Einführung einer internen Meldestelle sorgfältig die datenschutzrechtlichen Aspekte prüfen und eine Datenschutz-Folgenabschätzung durchführen, um die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen angemessen zu schützen.

Wie gegen illegale Müllablagerung vorgehen?

17. August 2023

Nach der Ansicht des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz (LfDI RLP) nicht mittels Videoüberwachung.  Zu diesem Ergebnis kam der LfDI RLP im Rahmen einer Pressemitteilung, die der Datenschützer vergangene Woche auf der offiziellen Homepage der Behörde veröffentlichte.

Klarstellung von Zeitungsberichten

Anlass zu dieser Pressemitteilung gab ein Zeitungsbericht der Allgemeinen Zeitung Mainz. Unter der Überschrift „Waldalgesheim überwacht Bürger beim Müllentsorgen“ (nicht mehr aufrufbar) berichtete die Zeitung darüber, dass die Gemeinde der Stadt Waldalgesheim Kameras an zwei Glascontainern anbrachte. Ziel der Gemeinde sei es gewesen die illegale Müllentsorgung an den Glascontainern zu unterbinden und Personen, die ihren Müll dort entsorgt hätte, identifizieren zu können. Außerdem habe die Gemeinde herausfinden wollen, durch welche Personen der Bereich um die Container beschädigt und verunreinigt worden wäre.

Aus Sicht des LfDI RLP könne der Eindruck entstehen, dass die Landesdatenschutzbehörde den Einsatz der Videokameras genehmigt hätte. Dies sei gerade nicht der Fall. Die Datenschutzbehörde eröffnete gegen die Gemeinde nun ein förmliches Verfahren, um mögliche Datenschutzverstöße zu untersuchen. Der Datenschutzbeauftragte des Landes Rheinland-Pfalz stellte ferner klar, dass die Videoüberwachung von Glascontainern und anderen Müllablagerungsstätten durch Kommunen grundsätzlich nicht zulässig sei.

Wichtige Orientierungshilfen

Außerdem äußerte sich der Datenschutzbeauftragte auch klarstellend zur, im Zeitungsartikel zitierten „Orientierungshilfe für die Videoüberwachung in Kommunen“. Demnach sei die Datenschutzkonformität der Videoüberwachung immer eine Einzelfallentscheidung.

Für Nicht-Öffentliche Stellen hatte die Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder (DSK) 2020 eine Orientierungshilfe zur Videoüberwachung veröffentlicht. In dieser behandelte die DSK alle für eine Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung einzuhaltenden Voraussetzungen. Dabei ist zu beachten, dass aus Sicht der DSK die Videoüberwachung regelmäßig ausschließlich auf der Grundlage eines berechtigten Interesses nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO erfolgen könne. Wolle ein Verantwortlicher beispielsweise ein Gebäude überwachen, müsse er Tatsachen nachweisen können, aus denen sich eine konkrete Gefahrenlage ergeben würden. Dann könne die Kameraüberwachung ein adäquates Mittel zur Prävention und Repression vor dem Eintritt eines Schadens am Gebäude sein. Außerdem müsse jeder Verantwortliche im Rahmen der Kameraüberwachung die nach Art. 12 ff. DSGVO  bestehenden Informationspflichten beachten. Hierfür könne man ein Hinweisschild verwenden, welches aber nicht alle nach Art. 13 DSGVO erforderlichen Informationen beinhalten müsse. Stattdessen könnten auf einem Informationsblatt die vollständigen Informationen bereitgestellt werden.

Der Blick in die Orientierungshilfe kann sich lohnen, um die Kameraüberwachung, wenn sie notwendig ist, rechtssicher zu gestalten und um alle Anforderungen an die Datenschutzkonformität einzuhalten.

DSK zu Diensten zur Einwilligungsverwaltung

31. Juli 2023

Die Datenschutzkonferenz (DSK) veröffentlichte Anfang dieses Monats eine Stellungnahme zum Referentenentwurf zur Verordnung über Dienste zur Einwilligungsverwaltung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV). Der Entwurf behandelt die konkrete Umsetzung des § 26 Abs. 2 TTDSG. Dieser sieht vor, dass der Bund eine Rechtsverordnung erlassen darf, in der die Funktionen von Diensten zur Einwilligungsverwaltung und ihre Anerkennung durch eine zuständige unabhängige Stelle geregelt wird.

Künftig keine Cookie-Banner mehr?

Für Telekommunikationsanbieter sieht § 25 Abs. 1 TTDSG vor, eine Einwilligung von den Nutzern einzuholen, sie sie ihre Informationen im Endgerät speichern oder auslesen. Ausnahme dazu bildet § 25 Abs. 2 TTDSG, nach dem bei erforderlichen Technologien keine Einwilligung für das Speichern oder Auslesen notwendig ist. Dies ist Grund, weshalb beim Besuch einer Webseite der Nutzer jedes Mal seine Einwilligung für die Verwendung von Cookies abgeben muss (zu den Regelungen des TTDSG berichteten wir – hier -). Um die Anwendung von Cookies und insbesondere die Abgabe der Einwilligung zu vereinfachen, sieht das TTDSG die Einrichtung sog. Dienste zur Einwilligungsverwaltung vor. Mit Hilfe der Dienste können Nutzer ihre Einwilligungspräferenzen einmal festlegen. Diese übermitteln die Einwilligung dann weiter an Webseitenbetreiber, sodass nach dem Entwurf das erklärte Ziel ist, dass kein Cookie-Banner mehr verwendet werden, müssen. Dies kann dazu beitragen, dass Nutzer Cookie-Banner nicht ungelesen „wegklicken“ und damit eine uninformierte Einwilligung abgeben.

Reaktion der DSK

Aus Sicht der DSK sei es allerdings nicht möglich keine Cookie-Banner einzusetzen. Aus Sicht der DSK seien Cookie-Banner regelmäßig so gestaltet, dass nicht nur eine Einwilligung nach § 26 TTDSG eingeholt werden. Der Banner diene auch dazu eine Einwilligung nach art. 6 Abs. 1 lit. A Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und nach § 9 Abs. 1 lit. a) DSGVO einzuholen. Für diese beiden von § 25 TTDSG zu unterscheidenden Rechtsgrundlagen bietet § 26 TTDSG gerade keine Rechtsgrundlage. Die Einwilligungen nach der DSGVO dienten anderen Zwecken.

Unabhängig von der Frage nach weiterhin erforderlichen Einwilligungen, enthalte der Entwurf, so die DSK, nicht die Möglichkeit, dass Nutzer einmal gegenüber dem Dienst eine Einwilligung abgeben und anschließend jede Webseite ohne Aufzeigen eines Cookie-Banners frei zugänglich sei. Stattdessen müsse der Nutzer bei jedem erstmaligen Besuch einer jeden Webseite eine Einwilligung abgeben. Diese könne anschließend über den Dienst gespeichert werden, sodass der Nutzer die Einwilligung nur einmal abgeben müsse.

Fazit

Nach dem jetzigen Stand ist mit dem neuen Entwurf ein Abrücken von Cookie-Bannern nicht denkbar. Für die Nutzer wie auch für Unternehmen bleiben Cookies ein wichtiges Thema, dessen Umsetzung in der Praxis künftig eine Erleichterung finden kann. Derzeit bieten viele Webseiten bereits verschiedene Möglichkeiten zur individuellen Cookie-Verwaltung.

Aufzeichnung von Telefongesprächen – Einwilligung erforderlich?

Wenn wir ein Unternehmen, zum Beispiel einen Dienstleister, anrufen möchten, landen wir oft in der Warteschleife, bevor wir mit der gewünschten Abteilung verbunden werden. Während dieser Wartezeit hören wir oft den Hinweis, dass das Gespräch automatisch aufgezeichnet wird, sobald es von einem Mitarbeiter des Unternehmens angenommen wird. Diese Aufzeichnungen dienen möglicherweise internen Schulungszwecken oder dem Qualitätsmanagement. Ist es überhaupt erlaubt, dem Anrufer lediglich die Information zu geben, dass sein Gespräch zu Schulungs- und Qualitätszwecken aufgezeichnet wird?

Diese Fragestellung wurde im Tätigkeitsbericht für das Jahr 2022 (S. 99 ff) von der Sächsischen Datenschutz- und Transparenzbeauftragten behandelt.

Berechtigtes Interesse nicht ausreichend

Die Datenschutz- und Transparenzbeauftragte in Sachsen betont, dass das berechtigte Interesse grundsätzlich nicht als angemessene Rechtsgrundlage für das Aufzeichnen von Telefonanrufen dienen kann. Dies liegt vor allem daran, dass mildere Methoden ersichtlich sind, um beispielsweise Qualitäts- oder Schulungszwecke zu erreichen, wodurch die Notwendigkeit dieser Datenverarbeitung entfällt. Zudem stehen auch die überwiegenden Interessen der Betroffenen dem entgegen, insbesondere ihr Interesse an der Vertraulichkeit des nicht-öffentlichen gesprochenen Wortes.

Die Einwilligung als Rechtsgrundlage zur Datenverarbeitung

Als Rechtsgrundlage für die Aufzeichnung von Telefongesprächen kommt ausschließlich die Einwilligung der Anrufer gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO in Betracht. Die Anforderungen für eine datenschutzrechtlich zulässige Einwilligung bemessen sich nach den Kriterien des Art. 7 DSGVO.

Damit muss die Einwilligung der betroffenen Person vor der Gesprächsaufzeichnung in informierter Weise erfolgen, sodass sie genau weiß, worin sie einwilligt. Die Einwilligung muss außerdem aktiv von der jeweiligen anrufenden Person, dem Anrufer, erteilt werden. Der Anrufer muss eine eindeutige, bestätigende Handlung vornehmen, beispielsweise ein mündliches “Ja” oder das Drücken einer speziellen Telefontaste, um der Aufzeichnung zuzustimmen. Die verantwortliche Stelle, die das Gespräch aufzeichnen möchte, muss die Einwilligung der betroffenen Person nachweisen können. Darüber hinaus ist zu beachten, dass eine einmal erteilte Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden kann.

Sonderfall: Konkludente Einwilligung

Eine konkludente „Einwilligung“ würde in diesem Fall das eingangs beschriebene Szenario darstellen: Sprich der Anrufer erhält die Information, dass das Gespräch aufgezeichnet wird – ohne Zustimmungs- oder Ablehnungsmöglichkeit. Vielmehr wird dann seitens der verantwortlichen Stelle davon ausgegangen oder sogar ggf. in der Ansage thematisiert, dass mit dem Halten bzw. Fortsetzen des Anrufs „konkludent“ in die Aufzeichnung eingewilligt wird. Hier wird dann seitens der verantwortlichen Stelle sinngemäß die Ansicht vertreten, dass der Anrufer über die Aufzeichnung informiert wird und wenn er das nicht möchte, sich anderweitig mit dem Unternehmen in Verbindung setzen kann – jedoch nicht telefonisch ohne Aufzeichnung. Bzgl. konkludenter Einwilligungen problematisiert die Sächsische Datenschutz- und Transparenzbeauftragte insbesondere die Freiwilligkeit der „Einwilligung“.

Die Freiwilligkeit einer Einwilligung ist eine der Grundvoraussetzungen für ihre Zulässigkeit. Die Sächsische Datenschutz- und Transparenzbeauftragte führt hierzu aus, dass von der Freiwilligkeit der konkludenten „Einwilligung“ im Anruf-Szenario nur dann ausgegangen werden könnte, wenn den Anrufern angemessene Alternativen zur telefonischen Kontaktaufnahme mit Aufzeichnung angeboten würden. Ein Verweis auf eine alternative Kontaktaufnahme beispielsweise per E-Mail kann der Freiwilligkeit jedoch entgegenstehen. Dies resultiere daraus, dass die Kontaktaufnahme per E-Mail nicht grundsätzlich als angemessene Alternative zur telefonischen Kontaktaufnahme gewertet werden könne. Eine „konkludente Einwilligung“ sollte vorliegend also nicht als Rechtsgrundlage herangezogen werden.

Opt-Out ist keine Einwilligungsmöglichkeit

Es reicht nicht aus, wenn den Anrufern lediglich mitgeteilt wird, dass Anrufe grundsätzlich aufgezeichnet werden, aber eine Aufzeichnung abgelehnt werden kann. Eine solche Vorgehensweise entspricht nicht einer rechtsgültigen Einwilligung gemäß der DSGVO. Konkret bedeutet dies, dass die bloße Information über die Aufzeichnung und das Anbieten einer Widerspruchsmöglichkeit – zum Beispiel durch das gesprochene “Nein” als Ablehnung der Aufzeichnung – nicht ausreichend ist. Die Sächsische Datenschutz- und Transparenzbeauftragte betont auch nochmals, dass die Einwilligung aktiv erklärt werden muss und nicht durch einen Widerspruch in Form einer Ablehnung erfolgen kann.

Fazit

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass für die rechtskonforme Aufzeichnung von Telefongesprächen eine aktive Einwilligung der betroffenen Personen erforderlich ist. Konkludente Einwilligungen oder das berechtigte Interesse können hier grundsätzlich nicht als angemessene Rechtsgrundlagen betrachtet werden.

BGH: Löschen von Suchergebnissen

24. Juli 2023

Mitte Mai setzt sich der Bundesgerichtshof (BGH), in einer jetzt veröffentlichten Entscheidung (Az. VI ZR 476/18) mit der Frage auseinander, wann ein Anspruch auf Löschung von Sucherergebnisse bei einer Suchmaschine bestehen. Insbesondere wenn eine entsprechenden Suche negative Ergebnisse anzeigt, kann die betroffene Person ein Interesse auf Löschung der Ergebnisse haben.

Die Hintergründe

Der Kläger ist als Leitungsorgan verschiedener Unternehmen tätig, die zusammen eine Gesellschaftsgruppe bilden. Über die in Anspruch genommene Suchmaschine ließen sich verschiedene Berichte über die einzelnen Gesellschaften der Gruppe sowie über den Kläger in seinen unternehmensinternen Funktionen selbst, finden. Zu großen Teilen handelte es sich dabei um Artikel, die negativ über die Geschäftspraktiken der Gesellschaften berichteten.

Der Kläger wandte sich daraufhin an die Suchmaschine, um Unterlassungsansprüche durchzusetzen. Sein Ziel war es, bei einer Suche nach seinem Namen die oben genannten Artikel nicht mehr zu finden sein würden.

Entscheidungsgründe des BGH

Aus Sicht des BGH sei für einen Teil der Suchergebnisse die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) bereits sachlich nicht anwendbar. Grund hierfür sei, dass die Suchergebnisse gerade nicht bei der Suche nach dem Namen des Klägers vorgeschlagen würden. Viel mehr müsse ein interessierter Nutzer nach den Namen der Gesellschaften suchen, damit eine Suche die kritischen Artikel zeige. Demnach fehle es an einem Personenbezug.

Ein anderes gelte aber für einen anderen Teil der Suchergebnisse. Diese ließen den Bezug zum Kläger als natürliche Person zu, sodass die DSGVO grundsätzlich anwendbar sei. Dennoch habe der Kläger keinen Anspruch auf eine sog. Auslistung. Demnach könne nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO (Recht auf Vergessen) eine betroffene Person einen Anspruch auf Löschen der Entsprechenden Artikel bei einer Suche geltend machen.

Dieser Anspruch bestehe allerdings nur insofern, dass die im angezeigten Artikel enthaltenen Informationen tatsächlich unwahr seien. Hinsichtlich des konkreten Inhalts der entsprechenden Artikel müsse die betroffene Person nachzuweisen, dass „(…) die in diesem Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind oder zumindest ein für diesen gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil diese Informationen offensichtlich unrichtig ist“ (BGH, Urteil vom 23.5.23, VI ZR 476/18, Rn. 33). Nur dann könne sie eine Auslistung von der Suchmaschine verlangen.

Für den erforderlichen Nachweis seien insbesondere zwei Umstände von Bedeutung. Einerseits seien keine zu strengen Anforderungen diesen zu stellen. Die konkret erforderlichen Voraussetzungen richteten sich nach den Umständen des Einzelfalls. Andererseits sei kein Mitwirken der Suchmaschine bei dem Nachweis erforderlich.

Fazit  

Hie habe der Kläger die Unwahrheit gerade nicht nachweisen können. Demnach müsse Art. 17 Abs. 1 DSGVO hinter der Meinungs- und Informationsfreiheit zurücktreten. Das Urteil zeigt vor allem, dass auch bei unerwünschter Berichterstattung die DSGVO möglicherweise Abhilfe schaffen kann.

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