Kategorie: Online-Datenschutz

Risiken und Nutzen von biometrischen Daten – Teil 1 

5. August 2022

Die USA plant, ab dem Jahr 2027 ihre Visa-Bedingungen zu ändern. Sie möchte mit anderen Ländern eine „Partnerschaft zur Verbesserung des Grenzschutzes“ („Enhanced Border Security Partnership“, EBSP) abschließen. Im Rahmen dessen sollen u.a. biometrische Daten zwischen den Ländern ausgetauscht werden, um Einreisende identifizieren zu können. Dies ergibt sich aus der schriftlichen Anfrage eines Abgeordneten. 

Ob es dazu kommt, gilt abzuwarten, denn die Verwendung biometrischer Daten ist sehr umstritten. Da der Begriff der „biometrischen Daten“ oft gar nicht richtig eingeordnet werden kann, werden wir in einem zweiteiligen Beitrag Fragen dazu beantworten.  

In diesem ersten Teil möchten wir Ihnen ein grundsätzliches Verständnis für biometrische Daten vermitteln.  

Was sind biometrische Daten? 

Die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) definiert biometrische Daten in Art. 4 Nr. 14 als: mit speziellen technischen Verfahren gewonnene personenbezogene Daten zu den physischen, physiologischen oder verhaltenstypischen Merkmalen einer natürlichen Person, die die eindeutige Identifizierung dieser natürlichen Person ermöglichen oder bestätigen, wie Gesichtsbilder oder daktyloskopische Daten;“ 

Biometrische Daten sind also biologische bzw. körperliche Merkmale, die so eindeutig sind, dass eine Person durch diese identifiziert werden kann. 

Beispiele für solche Daten sind u.a. Fingerabdrücke, Gesichtsgeometrie, das Muster der Iris, Stimmerkennung und die eigene DNA. 

Welche Verwendung gibt es für biometrische Daten? 

Biometrische Daten können zur Verifikation oder zur Identifikation einzelner Personen genutzt werden. 

Verifikation / Authentifikation: dabei wird die Identität einer Person bestätigt, also geprüft, ob es sich bei einer Person um diejenige handelt, für die sie sich ausgibt. Ein Beispiel dafür ist das Entsperren des Smartphones über den Fingerabdruck-Sensor des Geräts, bei dem der Fingerabdruck, mit dem im Gerät gespeicherten abgeglichen wird.

Identifikation: dabei wird die Frage geklärt, um welche Person es sich handelt. Die errechneten Daten werden dabei mit im System gespeicherten Merkmalen abgeglichen. Stimmen Merkmale überein, kann die überprüfte Person als eine bestimmte Person identifiziert werden. Dieses Verfahren findet u.a. in der Kriminalistik und Strafverfolgung Anwendung. 

Warum sind sie so schützenswert und welche Risiken gibt es? 

Biometrische Daten sind von der DSGVO in Art. 9 als sensible Daten aufgeführt. Sensible Daten sind solche, bei deren Verarbeitung erhebliche Risiken für die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen auftreten können. Aus diesem Grund dürfen solche Daten grundsätzlich nicht verarbeitet werden. In Art. 9 DSGVO sind jedoch Ausnahmen definiert, z.B. die ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person. 

Sie sind sensibel, weil die Verarbeitung solcher personenbezogener Daten erheblich in die Privatsphäre der betroffenen Personen eingreift. So können z.B. bestimmte Daten Hinweise auf Erkrankungen geben (bei Diabeteserkrankungen kann die Erkrankung im Augenhintergrund erkennbar sein). Auch bleiben biometrische Daten ihrer Natur nach meist lebenslang bestehen. Sollte ein Passwort an Dritte geraten, kann es geändert werden. Bei biometrischen Daten ist dies nicht möglich, so können bspw. Fingerabdrücke und DNA nicht geändert werden.  

Gleichzeitig können Messfehler nie ganz ausgeschlossen werden. Diese können z.B. bei altersbedingter Veränderung der körperlichen Merkmale oder Verletzungen und Krankheiten auftreten. Dann kann es zu Falschidentifikationen kommen. 

Besonders gefährlich sind biometrische Daten, wenn sie an Dritte gelangen, die den betroffenen Personen schaden wollen, wie z.B. im vorigen Jahr in Afghanistan geschehen. Dort waren den Taliban nach deren Machtübernahme Geräte von Hilfsorganisationen in die Hände gefallen, auf denen biometrische Daten gespeichert waren.

Nächste Woche werden wir uns in Teil 2 intensiv mit der Frage beschäftigen, wo biometrische Daten zum Einsatz kommen und was für ein Problem es mit Gesichtserkennungssoftwares gibt. 

Neue Verordnung zur Bekämpfung sexuellen Missbrauchs von Kindern sorgt für Kritik

3. August 2022

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) Prof. Ulrich Kelber kritisierte in einer Stellungnahme einen neuen Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission zur Prävention und Bekämpfung sexuellen Missbrauchs von Kindern. Aus seiner Sicht biete die Verordnung keinen wirklichen Schutz für Kinder und ermögliche zugleich die anlasslose und flächendeckende Überwachung der privaten Kommunikation.  

Die neue Verordnung

Anlass der neuen Verordnung ist die hohe Anzahl an verschicktem Bildmaterial, das sexuellen Missbrauch von Kindern beinhaltet. Bisher müssen Online-Dienste, nicht melden, wenn ihre Nutzer entsprechendes Bildmaterial verbreiten. Die neue Verordnung soll sie jetzt stattdessen zum Löschen und Melden von einschlägigem Bildmaterial verpflichten. Außerdem sollen künftig die Chats der Online-Dienste besser kontrolliert werden. Die Dienste sollen dafür neue Technologien einsetzen, um den Missbrauch von Kindern aufdecken zu können. Insbesondere könnte es, mit Einführung der neuen Verordnung, dazu kommen, dass die verschlüsselte Kommunikation in Chats aufgehebelt wird.

Scharfe Kritik

In seiner Stellungnahme empfahl der BfDI, dass die Europäische Kommission den Verordnungsentwurf noch einmal überarbeiten solle. Mit der jetzigen Version der Verordnung bestehe ein Risiko für den Schutz der in der EU-Grundrechte Charta garantierten Freiheitsrechte. Der Gesetzgeber müsse insbesondere den Schutz des Fernmeldegeheimnisses und ebenso des Datenschutzrechts wahren. Dabei kritisierte der BfDI ausdrücklich die geplanten Chatkontrollen. Außerdem seien die einzusetzenden Technologien anfällig für Fehler und bieten keine angemessene Bekämpfungsmaßnahme. Stattdessen können diese selbst eine Sicherheitslücke darstellen, wenn beispielswiese Kriminelle sie missbräuchlich nutzen.

In einer gemeinsamen Stellungnahme hatten zuvor der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDSB) und der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) bereits die Wichtigkeit des Rechts auf Privatleben und des Datenschutzes hervorgehoben. Zugleich betonten EDSB und EDSA, dass sexueller Missbrauch an Kinder ein schwerwiegendes und abscheuliches Verbrechen sei. Jegliche Maßnahmen zur Bekämpfung dieses Verbrechens müssen allerdings erforderlich und angemessen sein. Die neue Verordnung bringe die Gefahr eines allgemeinen und wahllosen Scannens von Inhalten auf Online-Plattformen mit sich. 

Hierzu sagte der BfDI, dass man die anlasslose Massenüberwachung „(…) ansonsten nur aus autoritären Staaten (…)“ kenne.

Bewertungsportale: datenschutzrechtliche Risiken

28. Juli 2022

Ob für den Besuch beim Arzt oder im Restaurant: häufig nutzen Kunden Bewertungsportale, um sich beispielsweise vorab über eine Dienstleistung zu informieren oder um ihre Meinung über die Dienstleistung öffentlich kundzutun. Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW (LDI NRW) veröffentlichte diese Woche eine Stellungnahme zu den Nutzen und Risiken von online abrufbaren Bewertungsportalen.

Die Grenzen einer Bewertung

Sie betonte dabei, dass bei dem Verfassen einer Bewertung die Grenzen der Meinungsfreiheit, sowie die Grenzen des Datenschutzes zu berücksichtigen seien. Hinsichtlich der Meinungsfreiheit stellte sie fest, dass die öffentlich kundgegebene Äußerung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der sie betreffenden Person abzuwägen sei. Die Grenze dessen, was geäußert werden darf, seien dabei Beleidigungen oder Schmähungen.

Hilfe bei Veröffentlichung von personenbezogenen Daten

Hinsichtlich des Datenschutzes stellte die LDI NRW fest, dass niemand die Veröffentlichung personenbezogener Daten in einem Bewertungsportal hinnehmen müsse. Insbesondere bei Bekanntgabe der privaten Adresse oder Telefonnummer eines Dienstleisters könne ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht vorliegen. So könne der Dienstleister sich zur Wehr setzen, wenn ein Kunde diese Daten veröffentliche.

Als betroffene Person stellt sich die Frage, wie man gegen die Veröffentlichung der personenbezogenen Daten vorgehen kann. Die LDI NRW betonte, das insbesondere zu beachten sei, dass sich die Bewertungsportale an Datenschutzregelungen halten müssen. Insbesondere seien Kommentare in Bewertungsportalen häufig anonym. Demnach könne es schwierig sein direkt gegen den Verfasser vorzugehen. Die betroffene Person könne sich zwar an das Bewertungsportal wenden, um die Daten des Verfassers zu erfahren. Allerdings könne, bzw. müsse das Portal die Anfrage aufgrund der datenschutzrechtlichen Bestimmungen ablehnen.

Wenn der Kommentar jedoch eine falsche Tatsachenbehauptung oder Beleidigung beinhalte, könne die betroffene Person ggf. zivilrechtliche Ansprüche geltend machen. Dieser Weg sei aber oft langwierig. Ein leichterer Weg sei die Beschwerde bei dem Bewertungsportal mit der Bitte auf Löschung des Kommentars.

Eine Alternative biete die Beschwerde bei einer Datenschutzaufsichtsbehörde. Auf diese Weise könne die betroffene Person gegen eine unrechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten vorgehen. Allerdings verlangen Aufsichtsbehörden häufig, dass die betroffene Person zuvor schon andere Schritte eingeleitet hat. 

Die Debatte um Perioden-Tracker-Apps und einen möglichen Datenhandel – Teil 2

22. Juli 2022

Im ersten Teil unseres Beitrags haben wir uns letzte Woche mit Perioden-Tracker-Apps und der diesbezüglichen Rechtslage in den USA und in Europa beschäftigt.

Im zweiten Teil thematisieren wir heute das Problem des Datenhandels sowie die Frage, welche Konsequenzen sich für europäische Nutzerinnen von Perioden-Tracking-Apps ergeben.

Was ist Datenhandel und wie weit ist er verbreitet?  

Datenhandel ist ein weitverbreitetes Geschäft. Dabei sammeln Datenhändler alle möglichen Daten, die öffentlich einsehbar sind. Teilweise erwerben sie aber auch Daten von Unternehmen, die bereit sind, diese zu verkaufen. Dann verkaufen Datenhändler gewisse Daten weiter an Interessierte. Zweck dahinter ist meist zielgerichtete Werbung. Datenhandel kann aber auch für politische Kampagnen genutzt werden.   

In Europa wird Datenhandel durch die Vorgaben der DSGVO begrenzt. Ein Beispiel dafür sind die Anforderungen an eine Einwilligung. Eine solche können betroffene Personen abgeben, sodass ihre Daten dann auf Grundlage dieser Einwilligung weiter verarbeitet und gespeichert werden. In Europa ist durch die DSGVO genau vorgegeben, wie eine solche Einwilligung zu erfolgen hat. So muss die betroffene Person u.a. umfassend informiert werden. In den USA gibt es solche Voraussetzungen kaum, dort sind an eine Einwilligung viel geringere Anforderungen gesetzt. Deshalb bietet es sich für Datenhändler an, dort ihren Sitz zu haben. In den USA können Gesundheitsdaten teilweise ab § 79 von Privatpersonen erworben werden. 

  

Was hat Datenhandel mit dieser Debatte zu tun?  

Unzureichend geschützte Menstruations-Daten können von Datenhändlern gesammelt oder sogar bei den Unternehmen, die solche Daten erheben und verarbeiten selbst erworben werden. Wenn Dritte an diese Daten gelangen, kann das für die betroffenen Personen ernsthafte Konsequenzen haben. So könnten z.B. radikale Abtreibungsgegner diese Daten von Datenhändlern erwerben, um Betroffene anzuzeigen und so der strafrechtlichen Verfolgung auszusetzen.  

Beispielhaft für die persönlichen Konsequenzen, die sich durch einen solchen Datenhandel ergeben können, ist der Fall eines US-amerikanischen Priesters. Ein katholischer Newsletter erhielt von einem Datenhändler Daten der App „Grindr“, einer LGBTQ-Dating App. Beim Auswerten dieser Daten, zu denen u.a. Standortdaten der Nutzer gehörten, konnten sie ein Profil dem Priester zuordnen und aufgrund seiner Standorte nachweisen, wann er sich in welchen LGBTQ-Bars aufgehalten hatte. Der Mann wurde zwangsweise geoutet und musste zurücktreten.    

  

Fazit: Was bedeutet dies für Nutzerinnen von solchen Apps in Europa?  

Zwar besteht in Europa dank der DSGVO ein anderes Datenschutzniveau als in den USA. In Deutschland sind Schwangerschaftsabbrüche außerdem unter bestimmten Voraussetzungen bis zur 12. Woche straffrei, sodass diesbezüglich keine vergleichbare Lage herrscht. Jedoch gibt es auch in Europa Länder, in denen Frauen gut beraten sind, ihre Menstruations-Daten besonders zu schützen. So sind z.B. in Polen Abtreibungen praktisch verboten. Die Regierung möchte zudem ein landesweites „Schwangerschafts-Register“ einführen. Auch hier befürchten Kritiker eine geplante Kontrolle von Schwangerschaften und deren Länge.   

Insgesamt sind auch deutsche Nutzerinnen gut damit beraten, eine App zu verwenden, die aus der EU kommt und sich damit an die Grundsätze der DSGVO halten muss. Bei Apps aus dem EU-Ausland kann nicht ausgeschlossen werden, dass mit den dort gespeicherten Daten Handel betrieben wird.  

  

Digitalcourage e.V.: Vorbereitung für Klage gegen „DB-Navigator“-App

21. Juli 2022

Der gemeinnützige Verein Digitalcourage hat diese Woche bekannt gegeben, dass er beabsichtigt eine Klage gegen die Deutschen Bahn einzureichen. Konkret will Digitalcourage gegen die „DB Navigator“-App vorgehen. Begründet hat der Verein sein Vorhaben damit, dass durch die App ein umfangreiches und nicht datenschutzkonformes Tracking stattfinde.

Funktionsweise der App

Die „DB Navigator“-App bietet Reisenden der Deutschen Bahn eine Vielzahl von Anwendungen. Der Nutzer kann über die App beispielsweise Zugverbindung suchen, sich Echtzeit-Verspätungen anzeigen lassen, Zugtickets kaufen und diese im Anschluss in der App hinterlegen.

Die Kritik

Digitalcourage e.V. kritisiert an der „DB Navigator“-App die Cookie-Einstellungen. Der Nutzer der App könne zunächst zwischen den Einstellungen „Alle Cookies zulassen“, „Cookie-Einstellung öffnen“ und „Nur erforderliche Cookies zulassen“ wählen. Hierbei ist die vermeintlich datenschutzfreundlichste Wahlmöglichkeit die Letzte. Wenn der Nutzer nur technisch notwendige Cookies auswählt, soll die App nur diejenigen Cookies anwenden, die für ihr ordnungsgemäßes Funktionieren erforderlich sind.

Wählt der Nutzer die letzte Option („Nur erforderliche Cookies zulassen“), so sei diese Wahl laut Digitalcourage aus datenschutzrechtlicher Sicht problematisch, da ein umfangreiches Tracking stattfinde. Wenn der Nutzer nur technisch notwendige Cookies auswähle, wende die App verschiedene Funktionen von rund zehn Unternehmen an. Bei Anwendung der durch die Unternehmen zur Verfügung gestellten Dienstleistungen, können beispielsweise Nutzungsstatistiken erstellt oder dem Nutzer personalisierte Angebote anzeigt werden. Die Folge sei, dass die App personenbezogene Daten ihrer Nutzer an diese Unternehmen übermittle. Zu den übermittelten personenbezogenen Daten zählen beispielsweise die Anzahl der Reisenden, der Beginn der Reise, der Start- und Zielbahnhof.

Indem die Deutsche Bahn die eingesetzten Cookies zu solchen Cookies erkläre, die technisch notwendig seien, könne der Nutzer dieser Übermittlung nicht widersprechen. Außerdem sei für den Nutzer nicht ersichtlich, wann und in welchem Umfang die App seine personenbezogenen Daten übermittle. Hinzukäme, dass der Reisende gezwungen sei die App zu nutzen, da einige Dienstleistungen nur über die App erbracht werden. Beispielsweise könne ein Reisender nach Fahrtantritt Tickets nicht mehr beim Schaffner, sondern nur noch über die App kaufen.

Die Debatte um Perioden-Tracker-Apps und einen möglichen Datenhandel – Teil 1 

14. Juli 2022

Nach dem historischen Urteil des US Surpreme Courts vom 24.06.2022, in dem das in den USA ca. 50 Jahre lang bestehende Recht auf Abtreibung gekippt wurde, sind Debatten über sogenannte „Perioden-Tracker-Apps“ in aller Munde. Befürchtet wird, dass die in diesen Apps gespeicherten Gesundheitsdaten direkt an staatliche Institutionen in den USA oder an Datenhändler gelangen könnten. Woraus diese Befürchtungen resultieren, werden wir im Folgenden in zwei Teilen beantworten. 

Im ersten Teil beschäftigen wir uns mit Perioden-Tracker-Apps und der Rechtslage in den USA und in Europa.

Welche Daten erheben solche Apps? 

Die Perioden-Tracker-Apps sind dazu gedacht, dass Menstruierende dort Informationen zu ihrem Zyklus speichern können. So kann u.a. angegeben werden, wann eine Blutung und der Eisprung stattfinden. Auch Daten wie Körpergröße, Gewicht, Temperatur und Sexualkontakte können dort gespeichert werden. Dies soll den Nutzerinnen einen besseren Überblick über ihren Zyklus verschaffen. Solche Apps können auch die fruchtbaren Tage anzeigen, sodass sie bei der Familienplanung hilfreich sein können. 

Welche datenschutzrechtlichen Bedenken gibt es? 

Aus den gespeicherten Daten kann sich u.a. ergeben, dass eine Schwangerschaft nicht länger besteht. Es wird befürchtet, dass diese Daten von Perioden-Tracker-Apps unzureichend vor der Weitergabe an Dritte oder sonstigen Zugriffen geschützt sind. In der Vergangenheit standen solche Apps schon häufiger in der Kritik, ihre Daten nicht ausreichend zu schützen. So hatte eine Perioden-Tracker-App in der Vergangenheit bereits intime Daten an Facebook und Google weitergegeben

Künftig könnten Frauen, die eine Abtreibung vornehmen lassen über die, in solchen Apps verarbeiteten Daten, identifiziert werden. Da Abtreibungen zukünftig in einigen Staaten der USA strafbar sein werden, könnte dies zu Repressalien gegenüber der betroffenen Frau führen. Aber auch Fehlgeburten oder schlicht falsche Daten könnten Frauen zukünftig in Erklärungsnot bringen. Konkret wird befürchtet, dass die Polizei oder behördliche Einrichtungen diese Daten anfordern.  

Wie ist die Rechtslage im Datenschutz? 

In Europa sichert die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ein bestimmtes Datenschutzniveau. So gibt es beispielsweise Betroffenenrechte, die u.a. ein Recht auf Löschung von Daten gewähren. Die USA haben bisher kein bundeseinheitliches Datenschutzgesetz, ein Entwurf liegt aber mittlerweile vor. Momentan gibt es nur einzelne Regeln für bestimmte Bereiche, z.B. für Verbraucher. Spezielle Datenschutzgesetze gibt es z.B. in den Staaten Kalifornien und Virginia. In Kalifornien gibt es den Privacy Act (CCPA), der Betroffenenrechte gewährt, die der DSGVO ähnlich sind. Die meisten Bundesstaaten aber haben keinen speziellen Datenschutz. Dementsprechend haben die meisten US-Amerikaner vergleichsweise wenig Rechte über ihre Daten. 

Der zweite Teil dieses Beitrags erscheint nächste Woche und thematisiert das Problem des Datenhandels sowie die Frage, welche Konsequenzen sich für europäische Nutzerinnen von Perioden-Tracking-Apps ergeben.

Italienische Datenschutzbehörde zum Einsatz von Google Analytics

7. Juli 2022

Die italienische Datenschutzbehörde Garante stellte in einer Entscheidung fest, dass die Verwendung des Analysetools Google Analytics nur möglich sei, wenn weitere Maßnahmen zur Einhaltung des Schutzniveaus bei einer Datenübermittlung ergriffen werden.

Bereits zuvor hatten andere europäische Datenschutzbehörden, so die französische Datenschutzbehörde (CNIL) – wir berichteten – und die österreichische Datenschutzbehörde (DSB) den Einsatz von Google Analytics auf Webseiten untersagt.

Der Sachverhalt

Hintergrund der Entscheidung durch Garante war eine Beschwerde gegen ein italienisches Unternehmen, dass auf seiner Webseite Google Analytics zur Erstellung von Nutzerstatistiken einsetzte. Konkret wehrte die betroffene Person sich dagegen, dass mit Verwendung von Google Analytics ihre personenbezogenen Daten in die USA übermittelt werden, ohne dass, aus Sicht des Betroffenen der Webseitenbetreiber geeignete Garantien im Sinne des Kapitel V DSGVO vorsah.

IP-Adresse: personenbezogenes Datum

Garante wies zunächst darauf hin, dass die IP-Adresse des benutzten Gerätes ein personenbezogenes Datum sei. Insbesondere sei zu beachten, dass Google beim Besuch der Webseite das Google-Konto des Nutzers mit der IP-Adresse verknüpfe. Dies führe dazu, dass weitere personenbezogenen Daten, wie beispielsweise der Name oder die E-Mail-Adresse mit der IP-Adresse in Verbindung gebracht werden. Demnach ist die betroffene Person als Nutzer identifizierbar.

Allerdings stelle Google Analytics den Webseiten-Betreibern eine „IP-Anonymisierung“ zur Verfügung. Vor Übermittlung in die USA verkürze der Service von Google Analytics die IP-Adresse der Nutzer. Problematisch daran sei, so Garante, dass lediglich eine Pseudonymisierung stattfinde. Trotz Verkürzung der IP-Adresse sei der Nutzer aufgrund der weiteren Daten identifizierbar.

Weitere Maßnahmen erforderlich

Es stellte sich die Frage, ob Google als Datenimporteur bei Übermittlung personenbezogener Daten seinen Verpflichtungen nach den Standardvertragsklauseln nachkommen könne. Aus Sicht von Garante hindern die US-amerikanischen Rechtsvorschriften Google bei Erfüllung dieser Verpflichtungen. Google Analytics müsse grundsätzlich weitere technische und organisatorische Maßnahmen ergreifen. Bereits vorgesehene Verschlüsselungsmechanismen reichten nicht aus. Die Verwendung Google Analytics sei nur bei Ergreifen weiterer Maßnahmen rechtmäßig. Eine Stellungnahme der deutschen Datenschutzbehörde zur Verwendung von Google Analytics bleibt abzuwarten.

Überblick zur umstrittenen Palantir-Software

29. Juni 2022

Seit einiger Zeit ist immer wieder die Rede von dem US-Konzern Palantir. Spätestens seitdem das Bayerische Landeskriminalamt (BLKA) im März entschieden hatte, zukünftig eine Analyse-Software des Konzerns zu nutzen, ist der Name wieder vermehrt zu hören gewesen. Dies liegt u.a. daran, dass der Konzern nicht ganz unumstritten ist. Alle wichtigen Informationen rund um den Palantir-Konzern und die fragliche Software präsentieren wir Ihnen hier im Überblick: 

Um was für eine Software handelt es sich und wozu wird sie eingesetzt? 

Das Analyse-Tool von Palantir beruht auf der Software Gotham. Damit sollen neben polizeilichen, auch andere behördliche Datenbanken abgefragt werden können, z. B. das Waffenregister, Einwohnermeldedaten oder das Ausländerzentralregister. Informationen aus verschiedenen Datenbanken sollen so schneller und effizienter miteinander verknüpft werden. 

Wie weit ist die Software verbreitet? 

In Hessen („Hessendata“) und Nordrhein-Westfalen („DAR“) ist die Palantir-Software bereits im Einsatz. In Bayern soll sie unter dem Begriff „VeRA“ (Verfahrensübergreifende Recherche und Analyse) starten. Da Bayern einen sogenannten „Rahmenvertrag“ abgeschlossen hat, können weitere Polizeien von Bund und Ländern ohne zusätzliche Vergabeverfahren in den Vertrag miteinsteigen. 

Baden-Württemberg, Bremen und Hamburg haben bereits Interesse bekundet. Auch der Bund will sich einen Einsatz überlegen. Dies hätte zur Folge, dass die Bundespolizei und der Zoll mit der Software arbeiten könnten. 

Palantir selbst ist international gut aufgestellt und bewirbt sich in Großbritannien gerade für einen fünf-Jahres-Vertrag mit der NHS, dem staatlichen Gesundheitssystem. Für diese soll dann eine Datenbank angelegt werden, in der Gesundheitsdaten gespeichert werden. Teilweise arbeitet Palantir jetzt schon für die NHS. Auch hier äußern sich Kritiker besorgt. 

Was ist die Kritik an der Software? 

Kritisiert wird zum einen, dass Palantir durch die Software eine bedeutende Stellung im deutschen Markt einnehmen könnte mit der Folge, dass dadurch ein Abhängigkeitsverhältnis des Staates entstehen könnte. 

Die meiste Kritik kommt jedoch von der Seite der Datenschützer. Dort wird vor allem kritisiert, dass über die Software enorme Mengen an Datensätzen miteinander verbunden werden, was einen Grundrechtseingriff darstelle. Auch besteht die Befürchtung, dass die durch Palantir erhobenen, sensiblen Daten, in die USA gelangen und dort von den Geheimdiensten abgegriffen werden könnten. 

Das Unternehmen Palantir hat in seinem Heimatland, den USA, bereits für Geheimdienste und das Pentagon gearbeitet. Auch dort ist das Unternehmen umstritten. Mitgründer Peter Thiel ist Trump-Supporter, unterstützt rechte Politiker und hat in der Vergangenheit seinen Unmut über Demokratien geäußert. Palantir hat bereits Verträge mit der United States Immigration and Customs Enforcement (ICE), einer Polizei- und Zollbehörde des Ministeriums für Innere Sicherheit, abgeschlossen. In diesem Zusammenhang wurde Palantir vorgeworfen, die ICE habe mithilfe der Software Daten über illegale Einwanderer gesammelt und diese später festgenommen und abgeschoben. 

Die jüngste Kritik an der Palantir-Software kommt von der NRW-Datenschutzbeauftragten Bettina Gayk im neuen Jahresbericht. Darin kritisiert sie, dass es für den Einsatz der Software bisher keine gesetzliche Grundlage gebe. Der Gesetzgeber müsse entscheiden, welche Straftaten schwer genug seien, um die Zweckbindung der einzelnen Datenbanken aufzuheben. Denn durch die Software würden auch Daten nicht straffällig gewordener Personen verarbeitet, z.B. die Daten von Anrufern bei der Notrufnummer 110 und von Zeugen. 

Bundesgerichtshof: Unerwünschte Inbox-Werbung ist rechtswidrig

10. Juni 2022

E-Mail-Dienste wie T-Online dürfen Nutzern kostenfreier Basisversionen nicht mehr ohne Einwilligung Werbung in der Inbox anzeigen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem nun veröffentlichten Urteil vom 13. Januar diesen Jahres entschieden (Az.: I ZR 25/19). 

In dem Streit ging es um eine Werbemaßnahme des Stromlieferanten Eprimo aus der Eon-Gruppe. Dieser hatte in Zusammenarbeit mit einer Agentur Werbenachrichten in E-Mail-Postfächer von Nutzern des E-Mail-Dienstes T-Online geschaltet. 

Vergleichbar mit Spam-E-Mails 

Kennzeichnend für Inbox-Werbung sei, dass sie in der Inbox – also im für private Nachrichten gedachten Bereich – angezeigt wird. Der Zugang zu den eigentlichen E-Mails sei so ähnlich versperrt wie durch Spam-E-Mails. Inbox-Werbung sei bei vielen webbasierten E-Mail-Diensten gängige Praxis. 

Der Bundesgerichtshof entschied über den Streit, nachdem er dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einige Fragen zur Interpretation vorgelegt hatte. Der EuGH entschied auf die Vorlage hin im November, dass Zweck der E-Privacy-Richtlinie sei, Nutzer gegen die Verletzung ihrer Privatsphäre durch unerbetene Nachrichten für Zwecke der Direktwerbung zu schützen. Inbox-Werbung behindere den Zugang zu den eigentlichen E-Mails, ähnlich wie Spam. Das Versenden von Werbenachrichten in dieser Form stelle zwar keine E-Mail dar, aus Sicht des Empfängers sei die Werbenachricht von Spam-E-Mails aber kaum zu unterscheiden. Daher solle ein Opt-in zwingend erforderlich sein. 

Allgemeine Einwilligung nicht wirksam 

Inbox-Werbung ist deshalb künftig nur dann rechtmäßig, wenn der Nutzer zuvor informiert wurde und ausdrücklich in sie eingewilligt hat. Dafür stellen die Karlsruher Richter hohe Anforderungen auf. Es reiche nicht aus, dass der Nutzer eine allgemeine Einwilligung in Werbung erteilt hat, um den Dienst kostenlos nutzen zu können. Der Nutzer müsse vor der Einwilligung vielmehr über die Umstände derartiger Werbung aufgeklärt werden. Insbesondere müsse der Dienst darauf hinweisen, dass Werbenachrichten in der Liste der empfangenen privaten E-Mails angezeigt werden. 

Einige E-Mail-Anbieter wie GMX und web.de reagierten unmittelbar auf das Urteil und passten ihre Einwilligungserklärungen an. Hier kann der Nutzer nun auch in Inbox-Werbung einwilligen – oder dies verweigern.

Die EU-Kommission setzt WhatsApp ein Ultimatum

9. Juni 2022

Im Januar dieses Jahres hatte die EU-Komission zusammen mit dem Netzwerk für Verbraucherschutz (CPC) gegen WhatsApp eine Forderung erhoben.

In dieser war nach Aufklärung hinsichtlich der Nutzungsbedingungen sowie der Datenschutzregeln von 2021 verlangt worden. Denn WhatsApp hatte Anfang des vergangenen Jahres von seinen Nutzern gefordert, dass diese den neuen Datenschutzerklärung zustimmen sollen, um den Dienst auch weiterhin nutzen zu können. Unter den Nutzern waren diese Regelungen stark umstritten und führten zu einem großen Nutzerzuwachs bei alternativen Messengern wie beispielsweise Signal.

Kritisch bei der neuen Datenschutzerklärung wurde vor allem die mögliche Datenweitergabe von WhatsApp an Facebook beäugt. WhatsApp verneinte zwar die Weitergabe und sprach von einem Missverständnis, jedoch wurde in der überarbeiteten Datenschutzerklärung explizit die Weitergabe von Daten an Facebook genannt.

Die bisherigen Erläuterungen von WhatsApp, der Tochterfirma des US-Konzerns Meta (früher Facebook), reichen der EU-Kommission nun nicht mehr aus.

Die EU-Kommission hat WhatsApp eine Frist von einem Monat gesetzt, in welcher das Unternehmen den Verbraucherschutzbehörden nachweisen soll, dass seine Praktiken den Vorgaben des EU-Verbraucherschutzrechts entsprechen. Justizkommissar Didier Reynders erklärte: „WhatsApp muss sicherstellen, dass die Nutzer verstehen, was sie akzeptieren und wie ihre personenbezogenen Daten für kommerzielle Zwecke verwendet werden, vornehmlich um Geschäftspartnern Dienstleistungen anzubieten. Ich wiederhole, dass ich von WhatsApp erwarte, dass es die EU-Vorschriften, die die Verbraucher und ihre Grundrechte schützen, vollständig einhält.

WhatsApp solle unter anderem darlegen, auf welche Weise das Unternehmen mit den Daten seiner Nutzer Geld verdiene. Ebenfalls will die Kommission wissen, wie WhatsApp bei künftigen Updates seiner Nutzungsbedingungen, den Nutzern vermitteln wird, welche Auswirkungen die Updates für die Verbraucher haben. Nur auf dieser Basis könne eine freie Entscheidung über die weitere Nutzung des Dienstes möglich sein. Des Weiteren wird die unverständliche Formulierung der aktuellen Nutzungsbedingungen von der EU-Kommission moniert. Die Verbraucher sind so nicht in der Lage, nachvollziehen zu können, was mit den gespeicherten Daten passiert. Zudem soll der Dienst explizit darauf hinweisen, wenn mit den erhobenen Daten durch kommerzielle Nutzung Einnahmen erzielt werden.

Es bleibt abzuwarten, ob WhatsApp der Forderung der EU-Kommission innerhalb der einmonatigen Frist nachkommen wird.

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