Aufzeichnungen einer Dashcam können im Zivilprozess nicht als Beweismittel eingebracht werden
Mit Urteil vom 03.02.2015 (Az. I S 19/14) hat das Landgericht Heilbronn entschieden, dass Aufzeichnungen einer Dashcam nicht als Beweismittel zur Klärung eines Unfallhergangs in den Zivilprozess eingeführt werden können. Damit wird die bisherige Linie von Rechtsprechung und öffentlichen Datenschutzbeauftragten, wie bereits berichtet, fortgesetzt.
Bei Dashcams handelt es sich um kleine Videokameras, die z.B. vor dem Rückspiegel eines Kfz angebracht werden. Während der Fahrt zeichnen die Geräte die Umgebung – inklusive der Passanten und anderen Verkehrsteilnehmer – auf, die mit dem Kfz abgefahren wird. Im vorliegenden Fall war im Pkw des Klägers eine Dashcam befestigt. Mit diesem Pkw war der Kläger in einen Unfall verwickelt. Das Unfallgeschehen zeichnete die Dashcam auf. Um den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis zu erschüttern, wollte der Kläger die Aufzeichnungen im Wege der Inaugenscheinnahme als Beweismittel in den Prozess einführen.
Eine Beweisverwertung der Aufzeichnungen lehnten die Richter jedoch ab. Im Zivilprozess gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung, vgl. § 286 ZPO. Nach diesem Grundsatz obliegt des dem Gericht nach Würdigung des gesamten Prozessstoffes zu seiner freien Überzeugung über die Tatsachen zu gelangen. Dieser Grundsatz erfährt jedoch seine Grenzen, wo widerstreitende Verfassungsrechte aufeinander treffen. Gerichte haben in solchen Fällen eine interessengerechte Güterabwägung vorzunehmen und dementsprechend über die Verwertbarkeit zu entscheiden.
Das LG Heilbronn hat im vorliegenden Fall nach einer Güterabwägung entschieden, dass die Aufzeichnungen der Dashcam als Beweismittel unzulässig sind. Zwar kann der Kläger sich auf den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG berufen. Daneben gilt auch das dem Rechtstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgende Gebot des effektiven Rechtsschutzes, Art. 19 Abs. 4 GG. Diesen Grundsätzen überwiegt jedoch das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Form des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Durch die anlasslose und permanente Videoaufzeichnung werden die Betroffenen – im vorliegenden Fall vor allem der beklagte Unfallbeteiligte – in diesem Recht verletzt. Neben der erheblichen Grundrechtsverletzung verstößt die anlasslose und permanente Videoüberwachung auch gegen die einfachgesetzlichen Normen § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG sowie § 22 S. 1 KUG, so die Richter. Videoüberwachung von öffentlich zugänglichen Räumen ist nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG nur dann zulässig, wenn dies zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist und schutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht überwiegen. Zwar stelle die Beweissicherung ein legitimes Interesse dar. Dieses rechtfertigt jedoch nicht, öffentlich zugängliche Räume mittels Videoaufnahmen zu überwachen. Schließlich verstößt die Überwachung mit Dashcams auch gegen das Kunsturhebergesetz. Weder liegt eine Einwilligung der Betroffenen vor, noch greift ein Ausnahmetatbestand des § 23 KUG. Denn die Verbreitung und Zurschaustellung von Bildnissen ist unzulässig, wenn dadurch das berechtigte Interesse des Abgebildeten verletzt wird. Genau das war hier der Fall.