Verkauf einer Datenbank im Zwangsvollstreckungsverfahren

27. Februar 2024

Im Rahmen eines Rechtsstreits in Polen steht die Frage im Raum, ob der Verkauf einer Datenbank im Zwangsvollstreckungsverfahren zulässig ist, obwohl die Personen, deren personenbezogenen Daten betroffen sind, keine Zustimmung gegeben haben. Nach den Schlussanträgen von Generalanwalt Priit Pikamäe vom 22.02.2024 soll dies unter gewissen Voraussetzungen möglich sein.

Der zugrundeliegende Fall

Vor einem polnischen Gericht streiten sich eine Gesellschaft und ein Vorstandsmitglied einer anderen Gesellschaft. Gegen letztere, die hauptsächlich Online-Verkauf betreibt, hat die erstgenannte Gesellschaft eine Forderung. Der Anspruch gegen das Vorstandsmitglied besteht, wenn die Schuldnergesellschaft keine ausreichenden Vermögenswerte besitzt. Das Schuldnerunternehmen besitzt jedoch aus seinem Online-Handel zwei Datenbanken mit zahlreichen personenbezogenen Daten. Dies könnte ein entsprechendes Vermögen darstellen. Problematisch ist jedoch, dass die betroffenen Personen, die Übermittlung ihrer Daten an Dritte außerhalb der Online-Plattform nicht gestattet haben. Das polnische Gericht will nun im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens vom 10.11.2022 (C-693/22) vom Gerichtshof wissen, ob ein Gerichtsvollzieher nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) die Datenbanken trotzdem verkaufen darf.

Rechtlicher Hintergrund

Da eine Einwilligung nicht vorliegt, kommt eine Datenverarbeitung auf Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO nicht in Betracht. Der Datenverkauf könnte sich jedoch auf Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO stützen, wenn der Gerichtsvollzieher in Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung handelt und/oder auf Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO, wenn er in Wahrnehmung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse oder in Ausübung hoheitlicher Gewalt handelt. Dazu muss nach Art. 6 Abs. 3 S. 4 DSGVO jedoch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet werden, insbesondere indem das öffentliche Interesse an Durchsetzung des Rechtsanspruchs und das Interesse an Datenschutz in Ausgleich gebracht werden.

Verkauf bei öffentlichem Interesse und unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit zulässig

Generalanwalt Priit Pikamäe schlägt in seinem Schlussantrag vor, dass der Verkauf einer Datenbank im Zwangsvollstreckungsverfahren unter bestimmten Bedingungen gestattet sein soll. Zunächst handle es sich um eine Datenverarbeitung nach der DSGVO. Dabei sei der Gerichtsvollzieher als Verantwortlicher einzustufen. Nach der Pressemitteilung des EuGH soll dann der Datenverkauf zulässig sein, wenn die mit dem „Verkauf verbundene Datenverarbeitung in einer demokratischen Gesellschaft zur Sicherstellung der Durchsetzung eines zivilrechtlichen Anspruchs notwendig und verhältnismäßig ist“. Das könne im vorliegenden Fall zutreffen. Pikamäe betont, dass der Verkauf im öffentlichen Interesse erfolgen müsse und im Rahmen der Verhältnismäßigkeit eine Abwägung zwischen dem Eigentumsrecht der Gläubiger und dem Recht auf Privatsphäre und Datenschutz erfolgen solle.

Fazit

Vor dem Hintergrund, dass der Marktwert von Datenbanken gerade in den personenbezogenen Kundendaten liegt, kann der Ausgang dieses Falls für das Schutzniveau von Betroffenen erhebliche Auswirkungen haben. Anderenfalls könnte ein vollumfassendes Verbot des Verkaufs gegebenenfalls die Unternehmensfreiheit in ihrem Kern antasten. Das wird besonders deutlich, wenn man sich fragt, welche Auswirkungen dies auf Unternehmensverkäufe (asset deals) haben könnte.

Die Schlussanträge des Generalanwalts entfalten für den Gerichtshof keine Bindungswirkung. Häufig stellen sie allerdings eine erste Orientierungshilfe dar. Es bleibt abzuwarten, wie der Gerichtshof entscheiden wird. Im Anschluss muss das polnische Gericht jedoch selbst noch die Verhältnismäßigkeitsprüfung am Einzelfall durchführen.

Kategorien: DSGVO · EuGH-Urteil