Kategorie: EU-Datenschutzgrundverordnung

Coronaselbsttests – Verarbeitung von Gesundheitsdaten durch Schulen

28. April 2021

Im Rahmen der Corona-Pandemie setzt die Landesregierung Nordrhein-Westfalen zum Zweck des Gesundheitsschutzes unter anderem auf den Einsatz von Coronaselbsttests für alle an Schulen in Präsenz tätigen Personen. Über datenschutzrechtliche Grundsätze, Voraussetzungen und Grenzen bei der Durchführung dieser Selbsttests informiert die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen (LDI NRW) in einem Schreiben.

Auch wenn die Durchführung von Coronaschnelltests aus datenschutzrechtlicher Sicht laut der LDI NRW nicht zu beanstanden ist, so müssen dennoch bestimmte Grundsätze beachtet werden, um datenschutzrechtliche Voraussetzungen zu erfüllen.

1. Rechtsgrundlage für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten

Bei der Durchführung von Coronaschnelltests werden durch die Schulen Gesundheitsdaten z.B. von Schülerinnen und Schülern, d.h. personenbezogene Daten besonderer Kategorien nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO verarbeitet. Diese Gesundheitsdaten unterliegen einem besonderen Schutz nach der DSGVO, da deren Verarbeitung grundsätzlich untersagt ist. Nur in Ausnahmefällen nach Art. 9 Abs. 2 DSGVO ist eine Verabeitung zulässig. So z.B. nach Art. 9 Abs. 2 lit. i in den Fällen, in denen die Verarbeitung aus Gründen des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Gesundheit, wie dem Schutz vor schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren auf der Grundlage nationalen Rechts, das angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Rechte und Freiheiten der betroffenen Person vorsieht, erforderlich ist. Hinsichtlich einer solchen Regelung verweist die LDI NRW als Rechtsgrundlage für die Schulen auf § 1 Abs. 2 lit. b und lit. e Coronabetreuungsverordnung (CoronaBetrVO) und bejahte auch dessen Verhältnismäßigkeit.

2. Vertraulichkeit der Testergebnisse

Zudem verweist die Landesbeauftragte darauf, dass die Ergebnisse der Coronaselbsttests Unbefugten gegenüber nicht offengelegt werden dürfen. Das bedeutet, dass die Schulen die Bekanntgabe der Ergebnisse so organisieren müssen, dass sie den Schülerinnen und Schülern oder ihren Erziehungsberechtigten gegenüber einzeln erfolgt. Im Rahmen dessen sieht die LDI NRW den Ausschluss positiv getetester vom Präsensunterricht, durch den grundsätzlich auch ein Rückschluss auf das Testergebnis möglich wäre, als unumgänglich und mithin als datenschutzrechtlich hinnehmbar an.

3. Dokumentation der Testergebnisse

Schließlich müssen die Schulen die Testergebnisse nach § 1 Abs. 2 lit. e CoronaBetrVO erfassen und dokumentieren. Positive Testergebnisse müssen sie dem Gesundheitsamt übermitteln. Die Ergebnisse der durchgeführten Coronaselbsttests dürfen darüber hinaus nicht an Dritte übermittelt werden und müssen nach 14 Tagen vernichtet werden. Hinsichtlich der Vernichtung verweist die LDI NRW darauf, dass eine datenschutzkonforme Vernichtung erfolgen muss, d.h. in der Form, dass die Daten nicht wieder herstellbar sind, wofür sie ein bloßes Zerreißen von Listen und die Entsorgung über den Papiermüll als nicht ausreichend beschreibt. Auch eine Erforderlichkeit, die Testergebnisse zur Schülerakte zu nehmen, verneint die Landesbeauftragte. Sollte im Einzelfall eine Aufbewahrung für erforderlich gehalten werden, so verweist die LDI NRW darauf, dass dies nur in einem verschlossenen Umschlag, auf den nur ein eingeschränkter Personenkreis zur Aufgabenerfüllung der Schule Zugriff haben darf, erfolgen sollte. Auf dem Umschlag sei dann, so die LDI NRW, zu vermerken, wer wann und zu welchem Zweck auf das Testergebnis zugegriffen hat und wann es danach wieder im Umschlag verschlossen wurde.

BAG zum Auskunftsanspruch entlassener Arbeitnehmer

Mit Urteil vom 27.04.2021 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein entlassener Angestellter nicht vom früheren Arbeitgeber verlangen kann, eine Kopie seiner gesamten E-Mail-Kommunikation zur Verfügung gestellt zu bekommen (BAG, Urt. v. 27.4.2021, Az. 2 AZR 342/20). Der Kläger stützte sein Begehren auf Art. 15 Abs. 3 DSGVO.

Nach seiner Kündigung klagte der Wirtschaftsjurist auf Auskunft über die von ihm gespeicherten personenbezogenen Daten und forderte eine Kopie dieser Daten. Mit solchen Vorgehen versuchen Gekündigte nicht selten, in Kündigungsschutzprozessen Druck auf den Arbeitgeber auszuüben oder beispielsweise eine höhere Abfindung zu bekommen. Die Auskunft wurde ihm erteilt, wegen der Kopie des E-Mail-Verkehrs reichte der Gekündigte Klage ein. Bereits in der Vorinstanz beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen musste er eine teilweise Niederlage einstecken. Von seinen eigenen E-Mails könne er keine Kopie verlangen, da ihm diese schon bekannt seien.

Dem anschließend hat der 2. Senat des BAG dem “Recht auf Kopie” nun klare Grenzen gesetzt. Der Auskunftsanspruch muss vom Arbeitgeber erfüllt werden. Eine Kopie muss er allerdings nur dann überlassen, wenn die Unterlagen genau bezeichnet werden. Daran fehlte es auch vorliegend. Da der Kläger lediglich ein pauschales Verlangen vorbrachte, die E-Mails aber nicht konkret benannte, war der Klageantrag nicht nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt. In einem späteren Zwangsvollstreckungsverfahren sei sonst nicht klar, welche E-Mails der Arbeitgeber herausgeben müsse. In solchen Fällen, in denen die konkrete Bezeichnung nicht möglich ist, müsste der Anspruch im Wege einer Stufenklage nach § 254 ZPO verfolgt werden.

Durch diese Form der Klageabweisung hat es das BAG nun offengelassen, wie weit der materiell-rechtliche Anspruch auf Überlassung von Kopien tatsächlich reicht und ob E-Mails vom Anspruch aus Art. 15 Abs. 3 DSGVO überhaupt erfasst sind.

Kündigung wegen exzessiver Privatnutzung des Dienst-PC

16. April 2021

Nutzt ein Arbeitnehmer trotz Verbots der Privatnutzung seinen Dienst-PC während der Arbeitszeit, um damit umfangreich im Internet zu surfen oder private E-Mails zu verfassen, so kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Das hat das Landesarbeitsgericht Köln (LAG Köln) im Falle eines Arbeitnehmers entschieden, der an mehreren Tagen durchgehend und über Monate hinweg regelmäßig Website-Aufrufe und E-Mails zu privaten Zwecken tätigte.

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall stellte der Arbeitgeber, ein IT-Dienstleistungsunternehmen, dem Arbeitnehmer als Arbeitsmittel ein Laptop zur Verfügung. Im Hinblick auf die Nutzung dieses dienstlichen Laptops vereinbarten die Parteien als Anlage zum Arbeitsvertrag unter anderem, das Verbot der Nutzung für private Zwecke, insbesondere des Besuchs von Internetseiten zu privaten Zwecken. Weiter vereinbarten Sie, dass der Arbeitgeber die auf den Arbeitsmitteln befindlichen Daten aus Zwecken der Zuordnung zu geschäftlichen oder privaten Vorgängen überprüft und auswertet.

Trotz dieses Verbots nutzte der Arbeitnehmer das Laptop in ehrheblichem zeitlichen Umfang für private Angelegenheiten während seiner Arbeitszeit. So schrieb er diverse private E-Mails, surfte innerhalb eines Arbeitstages auf 205 Websites zu privaten Zwecken oder rief das E-Mail-Konto seiner privaten Firma insgesamt 559 Mal während seiner Arbeitszeit auf. Nachdem der Arbeitgeber dies bemerkte, kündigte er dem Arbeitnehmer fristlos aus wichtigtem Grund gem. § 626 Abs. 1 BGB, da er darin einen Arbeitszeitbetrug sah. Der Arbeitnehmer erhob dagegen Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht, das die Klage abwies. Auch die Berufung des Arbeitsnehmers vor dem LAG Köln hatte keinen Erfolg.

Das LAG Köln sah in dem Verhalten des Arbeitnehmers ebenfalls eine Pflichtverletzung und mithin einen Arbeitszeitbetrug des Arbeitnehmers, der eine fristlose Kündigung des Arbeitgebers rechtfertigte. Insbesondere war für das Gericht offensichtlich, dass der Arbeitnehmer, entgegen seiner Behauptung, zwischen den einzelnen Website-Aufrufen innerhalb eines Zeitraums von weniger als ein bis zwei Minuten, keine Arbeitsleistung erbringen konnte.

Verstoß gegen Datenschutzvorschriften

Auch einen Verstoß gegen Datenschutzvorschriften verneinte das Gericht. Der Arbeitnehmer hatte “massive Verstoße gegen den Datenschutz” gerügt.

Der Arbeitgeber konnte die Internetaktivität des Arbeitnehmers durch eine Auswertung der Browser-Verläufe sowie des Browser-Caches nachweisen. Vor diesem Hintergrund musste das Gericht prüfen, ob die Inhalte der E-Mails auf dem dienstlichen Laptop sowie die Einträge in den Log-Dateien des Internet-Browsers einem prozessualen Verwertungsverbot unterliegen, da sie z.B. rechtswidrig erlangt worden sind.

Dies verneinte das Gericht. Dazu stellte es fest, dass es sich bei den in den Log-Dateien der Internet-Browser auf dem Laptop des Arbeitnehmers erfolgenden Protokollierungen sowie bei denen im E-Mail-Programm gespeicherten E-Mails zwar um personenbezogene Daten i.S.d. Art. 4 Nr. 1 DSGVO handelt, die ohne eine rechtswirksame Einwilligung des Arbeitnehmers im Rahmen der Protokollierung der Internetzugriffsdaten verarbeitet wurden gem. Art. 4 Nr. 2 DSGVO. Eine Rechtsgrundlage für eine wirksame Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Arbeitnehmers sah das Gericht aber in § 26 Abs. 1 BDSG. Danach dürfen Beschäftigtendaten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden, wenn dies für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist. Dieses Erfordernis bejahte das Gericht. Seine Begründung stützte es darauf, dass die Protokollierung der Verlaufsdaten sowie die Speicherung der E-Mails im Rahmen der Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich waren, um die Einhaltung des Verbots der privaten Nutzung des Internets und der E-Mails überprüfen zu können, d.h. zu Zwecken der Missbrauchskontrolle.

Zusammenfassung

Bei einem Verstoß gegen das Verbot der privaten Internetnutzung können Log-Dateien des Arbeitnehmers zum Nachweis des Missbrauchs verarbeitet werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass die datenschutzrechtlichen Vorgaben von dem Arbeitgeber berücksichtigt werden und eine solche Verarbeitung nicht heimlich erfolgen sollte. Bei einem solchen Vorgang sollte daher zwingend eine entsprechende arbeits- sowie datenschutzrechtliche Expertise eingeholt werden.

Booking.com muss Strafe zahlen

6. April 2021

Weil Booking.com einen Datenschutzvorfall zu spät gemeldet hat, hat die niederländische Datenschutzbehörde Autoriteit Persoonsgegevens (AP) eine Strafe in Höhe von 475.000 Euro verhängt. Bereits 2019 konnten Hacker auf die Daten von über 4000 Kunden zugreifen, darunter auch Personalausweis- und Kreditkartendaten. Die Entscheidung zeigt, dass nicht nur die Verhinderung von Datenpannen höchste Priorität hat, sondern auch der konstruktive Umgang mit den Betroffenen und der Aufsichtsbehörde, wenn es doch einmal zur Datenpanne gekommen ist.

Über Mitarbeiterkonten mehrerer Hotels in den Vereinigten Arabischen Emiraten haben die Hacker Zugang zu den Daten bekommen. Dieser Zugang könnte durch “social-engineering”-Techniken (im negativen Kontext: das Ausnutzen einer Schwachstelle eines Menschen) oder Phishing erlangt worden sein. Daher sieht sich Booking.com nicht in der Verantwortung und stellt sich auf den Standpunkt, die Daten seien nicht über die eigene IT-Infrastruktur abgegriffen worden.

Die AP sieht hingegen Hinweise auf eine Mitverantwortung des Betreibers. Das große Problem für Booking.com ist jedoch, dass sie die Datenpanne erst nach 22 Tagen den betroffenen Kunden und nach 25 Tagen der Aufsichtsbehörde gemeldet haben. Nach Artikel 33 Abs. 1 DSGVO muss eine entsprechende Meldung aber binnen 72 Stunden nach Bekanntwerden beim Verantwortlichen erfolgen. Booking.com arbeitet nun an einer Verbesserung seiner internen Prozesse.

Freier Datenverkehr zwischen Südkorea und der EU

1. April 2021

EU-Justizkommissar Didier Reynders und der Vorsitzende der Kommission für den Schutz personenbezogener Daten Yoon Jong In haben den erfolgreichen Abschluss der Angemessenheitsgespräche bekannt gegeben. Die Gespräche begannen bereits 2017. Beim Thema Datenschutz herrsche ein hohes Maß an Übereinstimmung zwischen der EU und der Republik Korea. Beide Seiten einigten sich auf einige zusätzliche Garantien, um das Schutzniveau in Südkorea noch einmal zu stärken. Zuvor wurden im südkoreanischen Datenschutzgesetz entscheidende Änderungen beschlossen, u.a. eine Stärkung der Ermittlungs- und Durchsetzungsbefugnisse der PIPC, der unabhängigen Datenschutzbehörde der Republik Korea.

Bis es zum freien Datenfluss kommen kann, muss die EU-Kommission das Verfahren zur Annahme ihrer Angemessenheitsfeststellung einleiten. In diesem Verfahren muss der Europäische Datenschutzausschuss eine Stellungnahme abgeben und ein Ausschuss, der sich aus Vertretern der EU-Mitgliedstaaten zusammensetzt, zustimmen. Anschließend stellt sie die Angemessenheit fest.

Die EU-Kommission kann gemäß Art. 45 Abs. 3 DSGVO beschließen, dass ein Drittland ein “angemessenes Schutzniveau” bietet, also der Schutz personenbezogener Daten im Wesentlichen mit dem in der EU vergleichbar ist. Auf Grundlage dieser Angemessenheitsbeschlüsse dürfen personenbezogene Daten aus der EU in das Drittland übermittelt werden, ohne das weitere Schutzmaßnahmen ergriffen werden müssen. Südkorea wird das 13. Land sein, in das personenbezogene Daten auf der Grundlage eines Angemessenheitsbeschlusses übermittelt werden dürfen.

Facebook-Klage des Bundeskartellamts vor dem EuGH: von Düsseldorf nach Luxemburg

31. März 2021

Das Bundeskartellamt will das Datensammeln von Facebook einschränken. Dies sollten Richter vom Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf klären. Nun hat das OLG Düsseldorf im Rechtsstreit zwischen Facebook und dem Bundeskartellamt einige entscheidungserhebliche Fragen zum EU-Datenschutzrecht dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg zur Vorabentscheidung vorgelegt. 

Bisheriger Ablauf des Verfahrens

Das Bundeskartellamt hatte dem US-Internetkonzern im Jahr 2019 Beschränkungen für den Austausch von Daten auferlegt, worüber wir bereits berichteten. Die Behörde argumentierte: das Ausmaß, in dem Facebook Daten ohne Zustimmung der User sammelt und zwischen seinen Diensten teilt, stelle einen Missbrauch seiner Marktmacht dar. 

Die Behörde hatte dem Konzern untersagt, Nutzerdaten der Facebook-Töchter WhatsApp und Instagram sowie Webseiten anderer Anbieter mit den Facebook-Konten der Nutzer zu verknüpfen, sofern der Nutzer in diese Datenerhebung und Datenverwendung nicht zuvor nach den Bestimmungen der DSGVO eingewilligt hat. Und falls die User ihre Erlaubnis nicht geben, dürfe Facebook sie nicht von den Diensten ausschließen. Eine solche Entflechtung der Datenströme hätte weitreichende Folgen für Facebooks Geschäftsmodell.

Der Präsident des Bundeskartellamts hatte damals insbesondere die Zusammenführung der Daten von unterschiedlichen Plattformen (Facebook, WhatsApp und Instagram) kritisiert. Der Düsseldorfer Oberlandesrichter Jürgen Kühnen erklärte seinerseits, dass die Datennutzung durch Facebook nicht zu einem Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung führe. Wie wir bereits berichteten, folgte eine Berufungsklage des Kartellamts vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Der BGH teilte die Meinung der Bundeskartellbehörde.

Entscheidung im Hauptsacheverfahren

Nun befasste sich das Düsseldorfer Gericht im Hauptsacheverfahren erneut mit der Akte, um ein endgültiges Urteil zu verkünden. Die zentrale Frage lautet: Dürfen Wettbewerbshüter das Kartellrecht als Werkzeug benutzen, um den Datenschutz durchzusetzen – oder überschreiten sie damit ihre Kompetenz? Dabei kam das Gericht laut Pressemitteilung zu folgendem Ergebnis: „Ob Facebook seine marktbeherrschende Stellung als Anbieter auf dem Markt für soziale Netzwerke deshalb missbräuchlich ausnutzt, weil es die Daten seiner Nutzer unter Verstoß gegen die DSGVO erhebt und verwendet, kann ohne Anrufung des EuGH nicht entschieden werden.“ Das OLG kann somit nicht ohne das EU-Gericht entscheiden, ob der US-Internetkonzern seine marktbeherrschende Stellung ausnutzt, weil er Daten seiner Nutzer unter Verstoß gegen Regeln des Datenschutzes sammelt und verwendet. Denn zur Auslegung des europäischen Rechts sei der EuGH berufen.

Dabei bekräftigte Kühnen die frühere Beurteilung seines Gerichts. Das OLG wird in den kommenden Wochen eine formelle schriftliche Eingabe an den EuGH machen und den Fall offiziell übergeben.

Ausblick

Der EuGH soll entscheiden, ob der US-Internetkonzern eine marktbeherrschende Stellung ausnutzt, indem er Daten seiner Nutzer und Nutzerinnen unter Verstoß gegen Regeln des Datenschutzes sammelt und verwendet. Zu klären ist zudem, ob eine nationale Kartellbehörde DSGVO-Verstöße feststellen und dagegen vorgehen kann. Auch die Definition sensibler Daten soll genauer eingegrenzt werden. Bis zu einer Antwort wird das Verfahren am OLG ausgesetzt.

Kein Schadensersatzanspuch bei einer Datenübermittlung in ein Drittland vor dem Geltungsbeginn der DSGVO

Ein Verstoß gegen die Bestimmungen des 5. Kapitels der DSGVO (Art. 44 ff. DSGVO) liegt dann nicht vor, wenn personenbezogene Daten von Beschäftigten vor der Einführung der DSGVO am 25. Mai 2018 an eine Konzernmutter in ein Drittland (USA) übermittelt wurden. Auch ein Anspruch auf Schadensersatz gem. Art. 82 DSGVO im Zusammenhang mit der Datenübermittlung und weitergehenden Verarbeitung von personenbezogenen Daten an bzw. bei der Konzernmutter in den USA steht einem Beschäftigten nicht zu. Das hat das Landesarbeitsgericht (LArbG) Baden-Württemberg mit Urteil v. 25.02.2021, Az. 17 Sa 37/20 entschieden.

Wie wir bereits berichteten, stellt die Datenübermittlung in die USA seit dem Schrems-II-Urteil viele Unternehmen vor Herausforderungen. Eine Datenübermittlung in ein Drittland ist seitdem nur unter Einhaltung der in Kapitel 5 genannten Anforderungen der DSGVO zulässig, die in der Praxis aber nur selten vorliegen. Werden diese Anforderungen nicht eingehalten und erfolgt eine Datenübermittlung dennoch, liegt ein Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO vor.

Dieser Verstoß kann zu einem Recht auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO führen. Danach hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verantwortlichen. Nur wenn der Verantwortliche nachweist, dass er in keinerlei Hinsicht für den Umstand, durch den der Schaden eingetreten ist, verantwortlich ist, wird er von der Haftung befreit.

Sachverhalt

Einen solchen Schadensersatzanspruch hat der Kläger im vorliegenden Fall geltend gemacht. Diesen begründete er damit, dass er durch die im Jahr 2017 erfolgte Datenübermittlung seines Arbeitgebers an die Konzernmutter in den USA und wegen der dortigen Verarbeitung seiner Daten, einen immateriellen Schaden erlitten habe. Als Schaden machte er die Gefahr eines Missbrauchs der Daten durch die Ermittlungsbehörden in den USA oder andere Konzerngesellschaften bzw. einen Kontrollverlust geltend.

Die Entscheidung

Das Gericht erkannte in dem konreten Fall zwar an, dass solche Umstände grundsätzlich zur Begründung eines immateriellen Schadens im Sinne von Art. 82 DSGVO in Betracht kommen. Es verneinte eine Haftung des Arbeitgebers vorliegend jedoch, da es an einem konkreten Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO fehlte. Insbesondere erfordere Art. 82 DSGVO, dass der Schaden “wegen eines Verstoßes” gegen die DSGVO entstanden ist, d.h. einem Verordnungsverstoß zugeordnet werden könne (Kausalität). Einen solchen Anknüpfungspunkt für den Schaden konnte das Gericht vorliegend aber nicht feststellen, da die Datenübermittlung in die USA stattgefunden hat, als die DSGVO noch nicht in Geltung war.

DSGVO-Verstöße als österreichisches Geschäftsmodell?

29. März 2021

Die österreichische Datenschutzorganisation noyb hat Beschwerde gegen die Kreditauskunftei CRIF und den Adressverlag AZ Direct Österreich eingereicht. Der Vorwurf: Millionenfache Weitergabe personenbezogener Daten ohne rechtliche Grundlage.

Ein Betroffener hatte ein Auskunftsbegehren nach Art. 15 DSGVO an CRIF gestellt. Diese hatte neben Personenstammdaten auch veraltete Wohnadressen des Betroffenen gespeichert. Als Quelle für die erhobenen Daten hatte CRIF ausschließlich den Adressverlag AZ Direct Österreich angegeben, einer Tochterfirma der Bertelsmann Stiftung.

Die österreichische Datenschutzorganisation noyb legte Beschwerde gegen beide Unternehmen ein. Noyb wirft ihnen vor ohne rechtliche Grundlage personenbezogene Daten ausgetauscht zu haben. Außerdem fehle es an der Wahrnehmung der Informationspflichten seitens CRIF und AZ Direct. Der Informationsaustausch soll ohne Einwilligungen der Betroffenen stattgefunden haben. Auch fehle es laut noyb an einer etwaigen Zweckbindung der Datenweitergabe. Die im Gewerberegister als Adressverlag eingetragene AZ Direct GmbH dürfe als solche personenbezogene Daten lediglich zu Direktmarketingzwecken weitergeben. CRIF soll die Daten entgegen dieser rechtlichen Regelung zu Zwecken der Bonitätsprüfungen genutzt haben. Damit verstoßen CRIF und AZ Direct laut noyb gegen das datenschutzrechtliche Prinzip der Zweckbindung.

Der Fall soll laut noyb keinen Einzelfall darstellen. Schätzungsweise seien über Jahre Millionen von Datensätzen gesammelt worden. Sollte sich noyb mit der Beschwerde gegen CRIF und AZ Direct durchsetzen, drohen beiden Bußgelder in Millionenhöhe.

OVG Saarlouis: Daten aus E-Mail-Angaben dürfen Unternehmen nicht für Telefonwerbung verwenden

19. März 2021

Personenbezogene Daten, die Verbraucher in E-Mails angeben, dürfen von Unternehmen nicht für andere Werbezwecke genutzt werden. Das entschied das Oberverwaltungsgericht Saarlouis durch Beschluss vom 16.02.2021 (Az. 2 A 355/19) und bestätigte damit ein Urteil des Verwaltungsgerichts Saarlouis vom 29.10.2019 (Az. 1 K 732/19). Durch die Angabe einer Telefonnummer in einer E-Mail, willigt der Verbraucher nicht automatisch in Werbeanrufe ein. Nutzen Unternehmen die Telefonnummer für Werbeanrufe, liegt darin ein Verstoß gegen die DSGVO.

Hintergrund der Entscheidung:

Die Klägerin, ein Unternehmen, ist im Bereich der Versicherungsvermittlung, der Vermögensanlage sowie der Finanzierung tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit betrieb sie auch telefonische Werbetelefonate. Zwei Betroffene, die ebenfalls zu Werbezwecken von der Klägerin kontaktiert worden waren, beschwerten sich bei der zuständigen Datenschutzbehörde (Beklagten) darüber und gaben an, niemals eine Einwilligung in eine solche Werbeansprache erteilt zu haben. Die Datenschutzbehörde erließ nach Anhördung der Klägerin daraufhin eine Anordnung, in der sie die Klägerin zur Einstellung der Verarbeitung personenbezogener Daten für Werbezwecke nach Art. 58 Abs. 2 lit. f DSGVO sowie zur Löschung der Daten der betroffenen Personen nach Art. 58 Abs. 2 lit. g DSGVO aufforderte. Zur Begründung führte sie an, vorliegend seien Name, Adresse und Telefonnummer der Betroffenen als personenbezogene Daten gem. Art. 4 Nr. 1 DSGVO erhoben und letztere zu Zwecken des telefonischen Direktmarketings ohne Einwilligung der Betroffenen durch das Unternehmen verwendet worden.

Dagegen erhob das Unternehmen Klage und gab an, eine wirksame Einwilligung sei durch ein vollständig durchlaufendes Double-Opt-In-Verfahren eingeholt worden.

Double-Opt-In

Bei diesem Verfahren erklärt der Nutzer in einem ersten Schritt seine Zustimmung zur Aufnahme in eine Verteilerliste durch die einmalige Eingabe seiner E-Mail-Adresse (sog. Single/Einfaches-Opt-In). In einem zweiten Schritt erhält er eine sich anschließende Bestätigungs-E-Mail mit der Möglichkeit, die Anmeldung zu bestätigen. Erst mit dieser Bestätigung wird die Registrierung wirksam und das Double-Opt-In abgeschlossen.

Im konkreten Fall hätten die Betroffenen sich für ein Gewinnspiel eingetragen, woraufhin sie eine Bestätigungs-E-Mail erhielten, die diese auch bestätigten, so die Klägerin. Zum Beweis dafür wies sie eine entsprechende Online-Registrierung aus, in der eine E-Mail-Adresse und der Eingang einer Bestätigungsmail vermekt waren.

Die Betroffenen verneinten die Eintragung in einen solchen Verteiler und eine entsprechende Bestätigung.

Die Entscheidung der Gerichte

Das Verwaltungsgericht wies die Klage des Unternehmens ab, mit der Begründung, dass über das Double-Opt-In-Verfahren nur eine Einwilligung per E-Mail-Werbung generierbar sei, nicht aber auch für Telefonwerbung. Dies bestätigte das Oberverwaltungsgericht nun. Das Double-Opt-In Verfahren per E-Mail sei nicht zum Nachweis der Einwilligung in Telefonwerbung geeignet. Die Anforderungen an eine rechtmäßige Verarbeitung gem. Art. 6 Abs. 1 DSGVO erfüllte die Klägerin nicht. Nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO ist eine Verarbeitung nur dann rechtmäßig, wenn die betroffene Person ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben hat. Beruht die Verarbeitung auf einer Einwilligung, muss der Verantwortliche gem. Art. 7 Abs. 1 DSGVO nachweisen können, dass die betroffene Person in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt hat. Diese konkreten Nachweise konnte die Klägerin im vorliegenden Fall nicht erbringen. Auch ein Rückgriff auf das in Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO bezeichnete “berechtigte Interesse”, sei der Klägerin, so das OVG, verwehrt. Dies begründete es damit, dass die Bewertungsmaßstäbe des § 7 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), auch im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO berücksichtigt werden müssen. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist eine unzumutbare Belästigung stets anzunehmen bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber dem Verbraucher, ohne dessen vorherige ausdrückliche Enwilligung. Eine Berücksichtigung etwaiger “berechtigter Interessen” des Werbenden sei in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG aber nicht vorgesehen.

Fazit

Unternehmen dürfen Telefonnummern, die sie durch das Double-Opt-In-Verfahren per E-Mail erlangt haben, nicht für Werbeanrufe nutzen. Bei einem Verstoß gegen das UWG und der DSGVO drohen hohe Bußgelder.

Schadensersatz für vergessenes Online-Profil nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

1. März 2021

Übersieht ein Arbeitgeber bei der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, dass das Profil eines ehemaligen Arbeitnehmers weiterhin im Internet abrufbar ist, so liegt darin eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, die einen Schmerzensgeldanspruch des Arbeitnehmers rechtfertigt.

Das hat das Landesarbeitsgericht Köln mit Urteil vom 14.09.2020 (Az.: 2 Sa 358/20) entschieden, als es der Klägerin, die bei der Beklagten bis August 2018 als Professorin beschäftigt war, ein Schmerzensgeld von 300 Euro zusprach.

Die Beklagte speicherte im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses das Profil der Klägerin als PDF auf ihrer Homepage. 2015 stellte die Beklagte ihre Homepage auf HTML um. Dabei übersah sie, dass die isolierte PDF-Datei weiterhin im Internet abrufbar blieb. Mit der Folge, dass auch bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, als die Beklagte die Löschung des Profils der Klägerin nebst Foto vornahm, diese das PDF ebenfalls übersah.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Februar 2019 entdeckte die Klägerin dies, als sie ihren Namen googelte und das PDF unter den ersten zehn Treffern abrufbar war. Daraufhin verlangte sie von der Beklagten die Löschung des Profils sowie von Artikeln über ihre Forschungsvorhaben. Dem kam die Beklagte unverzüglich nach. Dennoch erhob die Klägerin Klage vor dem Arbeitsgericht Köln und verlangte von der Beklagten unter anderem ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000 Euro aus Art. 82 DSGVO wegen der unberechtigten Vorhaltung des PDF auf dem Server der Beklagten.

Erstinstanzlich hat das Arbeitsgericht Köln der Klägerin Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO in Höhe von 300 Euro zugesprochen, da es in der Vorhaltung des PDF eine Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin – und mithin einen immateriellen Schaden – sah. Dagegen legte die Klägerin Berufung ein. Das Landesarbeitsgericht Köln lehnte die Berufung der Klägerin ab. Dazu bestätigte es die Ausführungen der ersten Instanz nochmals:

Die Beklagte habe gegen Art. 17 DSGVO, das Recht auf Löschung, verstoßen. Danach hat die betroffene Person das Recht, von einem Verantwortlichen zu verlangen, dass die betreffenden personenbezogenen Daten unverzüglich gelöscht werden, sofern diese nicht mehr notwendig sind. Die Beklagte hätte daher nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Profil der Klägerin vollständig löschen müssen. Eine vollumfängliche Löschung nahm sie, wenn auch aus einem Versehen heraus, vorliegend aber nicht vor. Darin sah das Gericht einen Verstoß. Bei diesem handelte es sich laut Gericht auch nicht um ein Bagatelldelikt, da es für Dritte ohne Weiteres möglich war, durch Eingabe der entsprechenden Suchbegriffe die zu Unrecht nicht gelöschte Seite aufzurufen.

Der Höhe nach gaben beide Instanzen der Klage jedoch nicht vollumfänglich statt. Zwar soll die Verhängung eines Schadensersatzes abschreckende Wirkung haben, um zukünftige Verstöße zu vermeiden – zu berücksichtigen sei aber ebenfalls die Schwere der Beeinträchtigung. Eine solche Schwere, die ein Schmerzensgeld von 1.000 Euro rechtfertigt, konnten beide Instanzen nicht erkennen. Insbesondere verneinten sie eine Reputationsschädigung der Klägerin. Vielmehr waren die veröffentlichten Tatsachen über die Klägerein inhaltlich richtig. Zudem sei auch nicht erkennbar, dass für die Beklagte irgendein Mehrwert mit der kurzzeitigen Aufrechterhaltung der Sichtbarkeit des PDF verbunden war. Daher – und unter Berücksichtigung, dass es sich nur um ein Versehen der Beklagten handelte – sei im vorliegenden Fall ein Schmerzensgeld von 300 Euro angemessen.

Beim Ausscheiden von Mitarbeitern sollte unter Berücksichtigung des Art. 17 Abs. 1 DSGVO daher immer geprüft werden, ob die Voraussetzung für einen Löschanspruch bzw. für eine Löschpflicht durch den Arbeitgeber vorliegt. Dies dürfte bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses fast immer der Fall sein, da der primäre Zweck der Datenspeicherung bzw. -verarbeitung in Form des Beschäftigtenverhältnisses in diesem Fall nicht mehr besteht.

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