BDSG-Reform: Gesichtserkennung und Scoring
Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) soll erneuert werden. Hierfür fand am 24.06.2024 im Bundestag eine Anhörung statt. Im Rahmen der Diskussionen zur BDSG-Reform ging es vor allem um Überwachung mittels Gesichtserkennung und die Regeln zu Schufa-Scoring. Bemerkenswert war insbesondere die Forderung nach einem Verbot biometrischer Überwachung im öffentlichen Raum durch automatisierte Systeme.
Die Datenschutznovelle
Das BDSG von 2017 ist das deutsche Gesetz zur Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) der EU. Bereits im Februar hatte das Bundeskabinett hierfür einen Gesetzesentwurf zur Änderung des BDSG verabschiedet. Dieser resultierte aus einer Koalitionsvereinbarung, einer Evaluierung des BDSG und aus der neusten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Schufa-Scoring. Zuletzt hatte der Bundestag bereits entschieden, dass die Pflicht zu Bestellung eines Datenschutzbeauftragten bleiben soll.
Neue Möglichkeiten durch KI-Verordnung
Überraschend kam in der letzten Anhörung insbesondere die Diskussion über biometrische Überwachung auf, die zuvor nicht thematisiert worden war. Angestoßen hat dies möglicherweise die neue KI-Verordnung. Diese lässt in wenigen Ausnahmefällen, etwa zur Abwehr konkreter und gegenwärtiger terroristischer Bedrohungen, eine biometrische Massenüberwachung mittels KI zu. Regierungen haben jedoch über eine Öffnungsklausel die Möglichkeit biometrische Überwachung auf nationaler Ebene völlig zu verbieten. Hierzu hatten verschiedene Bürgerrechtsorganisationen die Bundesregierung bereits in einem offenen Brief aufgefordert. Insbesondere Matthias Marx vom Chaos Computer Club (CCC) und Simone Ruf von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) brachten das Thema nun in die Bundestagsdebatte ein.
Konsens gegen biometrische Überwachung
Bei der Anhörung sprachen sich Vertreter aus unterschiedlichen Bereichen nun für ein Verbot der biometrischen Überwachung aus. Marx meint, dass schon jetzt Polizeibehörden immer häufiger Überwachungstechnologien entwickeln und anwenden, teilweise sogar missbräuchlich und ohne Rechtsgrundlage. Außerdem kritisiert er, ähnlich wie die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) in ihrer Stellungnahme zur BDSG-Reform, dass es keine effektiven Zwangsmittel gegen Behörden gebe. Für ein Verbot der biometrischen Überwachung positionierte sich auch Eike Richter, Staatsrechtler an der Akademie der Polizei Hamburg. Dieses könnte sogar grundrechtlich geboten sein.
Meinungsverschiedenheiten bei Scoring-Regeln
Ein weiterer zentraler Punkt der Anhörung war die Regulierung der Datennutzung für Scoring-Modelle. Die Änderungen sollen dabei insbesondere die jüngste Entscheidung des EuGH umsetzen, laut der die aktuelle Kredit-Scoring-Praxis rechtswidrig ist. Die Bundesregierung plant nun, die Nutzung bestimmter Datenkategorien wie Wohnadresse, Name oder Social-Media-Informationen für das Scoring zu verbieten. Diese Maßnahmen sollen verhindern, dass Verbraucher anhand sensibler Daten ungerecht bewertet werden.
Laut Louisa Specht-Riemenschneider, der zukünftigen Bundesdatenschutzbeauftragten, handle es sich hierbei um einen „ausgewogenen Vorschlag“. Sie wies jedoch darauf hin, dass vergleichbare Regelungen auch für Zahlungsdienstleister wie Paypal und Klarna gelten müssten. Die könne man mittels einer Umsetzung von Art. 18 der Verbraucherschutzrichtlinie erreichen.
Meinhard Schröder, Staatsrechtler aus Passau, argumentierte hingegen, dass ein umfassendes Verbot konkreter Datenkategorien nicht von der DSGVO gedeckt sei. Auch Boris Paal, Rechtsprofessor aus München, warnte vor möglichen Rechtsunsicherheiten.
Fazit
Die Anhörung im Bundestag zur BDSG-Reform zeigt, die verschiedenen Ansichten zu Gesichtserkennung und Scoring. Während bezüglich des ersten Themas ein breiter Konsens für strengere Datenschutzregelungen besteht, existiert zu den Vorgaben an das Schufa-Scoring weiterhin eine umfassende Palette an Meinungen. Infolgedessen bleibt es spannend, wie das finale Gesetz ausgestaltet sein wird.