Kategorie: Allgemein
15. Juli 2011
Die Europäische Kommission untersucht derzeit, ob zusätzliche Regelungen hinsichtlich der Meldepflicht bei Datenschutzverstößen notwendig sind.
Insbesondere Telekommunikationsanbietern und Internet Service Providern stehe eine große Menge an Kundendaten zur Verfügung, worunter regelmäßig auch die Bankverbindung falle.
Zwar verlangt die EG-Datenschutzrichtlinie bereits in ihrer derzeitigen Fassung eine Selbstanzeige gegenüber den Betroffenen und den jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörden, sobald personenbezogene Daten Dritten unrechtmäßig zur Kenntnis gelangen oder gestohlen werden.
Dessen ungeachtet hat Neelie Kroes, EU-Kommissarin für die „Digitale Agenda“, am Donnerstag bekannt gegeben, dass Sie eine öffentliche Konsultation angeregt hat, um festzustellen, ob konkretere Regelungen erforderlich sind. Insoweit plädierte sie für eine europaweit harmonisierte Lösung, die einerseits die Verbraucher schütze andererseits aber auch den Unternehmen einen einheitlichen Rechtsrahmen anstelle vieler nationaler Einzellösungen bieten soll.
Bereits im Mai hatte die EU-Justizkommissarin, Viviane Reding, vorgeschlagen, die Meldeverpflichtung u. a. auf die Bereiche „online banking“, „video games“ und „social media“ auszuweiten.
Die noch bis zum 9. September stattfindende Konsultation legt besonderes Augenmerk auf den Bereich Datensicherheit und die Fragen, innerhalb welcher Frist Betroffene im Falle einer Datenschutzverletzung zu informieren sind, welchen Inhalt die Benachrichtigung haben muss und welche Datenschutzverstöße diese Pflicht überhaupt auslösen sollen.
Das Verwaltungsgericht Hannover (VG Hannover) hat entschieden (Az. 10 A 5452/10), dass die von der Polizei Hannover durchgeführte Videoüberwachung mittels 70 fest installierter Kameras mit Aufzeichnungsmöglichkeit gegen die Vorgaben des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstoße. Die Videoüberwachung sei nur bezogen auf den fließenden Verkehr rechtmäßig. Bezogen auf den öffentlichen Raum sei sie unzulässig, da nicht eindeutig auf die Videoüberwachung hingewiesen werde. Die Aufklärung der Allgemeinheit durch Pressearbeit – u.a. durch die Möglichkeit, sich über das Internet über die Standorte der Kameras und deren Aktivierungsstatus zu informieren – reiche nicht aus um als zulässige offene Videoüberwachung angesehen zu werden. Der Betroffene müsse im öffentlichen Raum selbst erkennen können, ob der Bereich überwacht wird. Eine solche Erkennbarkeit fehle z.B. bei in großer Höhe an Hochhäusern installierten Kameras. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung könne nur derjenige wahrnehmen und sein Verhalten darauf ausrichten, der Kenntnis von der Überwachung habe.
Die mit dieser Sache befasste 10. Kammer des VG Hannover hat die Berufung gegen das Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
13. Juli 2011
Wie bereits berichtet, hat Microsoft offen zugegeben, auch in Europa gespeicherte Daten seines Dienstes Office 365 unter Umständen an US-Behörden weitergeben zu müssen.
Sogleich haben die deutschen Aufsichtsbehörden hierzu eine Reaktion gezeigt: Nach einer Meldung von heise online sieht Dr. Thilo Weichert vom Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig Holstein (ULD) in einer solchen Datenweitergabe aus dem EU-Gebiet heraus einen Widerspruch zum europäischem Datenschutzrecht. Ein drohender Zugriff von US-Behörden stelle die Vertraulichkeit der gespeicherten Daten infrage und entziehe bestehenden Verträgen zur Datenverarbeitung somit die Grundlage. Auf Grund dessen lasse sich sowohl ein Sonderkündigungsrecht ableiten als auch die Feststellung treffen, dass Microsoft als Anbieter von Cloud-Lösungen wie Office 365 und Windows-Azure für personenbezogene IT-Dienstleistungen ausscheide. Als Alternative käme ferner der Bezug von Office 365 über T-Systems infrage, da dieser Anbieter seinen Nutzern zusichert, dass die Daten ausschließlich auf “unter eigener Kontrolle stehenden” Servern gespeichert werden.
Dies zeigt einmal mehr, dass das Feld des Cloud Computing in Bezug auf Datenschutz rechtlich immer noch ein Minenfeld ist. (se)
Update:
Auch seitens der EU-Kommission liegt nunmehr eine Reaktion vor: Matthew Newman, der Pressessprecher der für Justiz-, Grundrechts- und Bürgerschaftsbelange zuständigen EU-Kommisarin Viviane Reding, hat sich gegenüber CHIP Online zu der Datenübermittlung in die USA im Rahmen des Patriot Acts geäußert. Nach seinem Verständnis muss sich dabei “jedwede Übertragung personenbezogener Daten in Drittstaaten (…) an die grundlegenden Prinzipien des Datenschutzes in der EU halten”. Wenn ein Drittland Zugriff auf Daten aus dem EU-Raum erlangen wolle, setze dies voraus, “die etablierten offiziellen Kommunikationswege zwischen öffentlichen Ämtern benutzen”.
Zur abschließenden Regelung des Problems hält Newman es für unerlässlich, “eine allumfassende Vereinbarung zwischen der EU und den USA über die gemeinsamen Datenschutz-Prinzipien zu treffen, um die personenbezogenen Daten, die ausgetauscht werden, im Kontext der Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung zu schützen.” (se)
Anlässlich des in der vergangenen Woche bekannt gewordene Hacking-Angriffs auf Server des Zolls, bei der Zugangsdaten und Passwörter des eingesetzten Zielverfolgungssystems ausgespäht und z.T. veröffentlicht wurden, forderte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Schaar nun die Erweiterung der für Unternehmen bestehenden Informationspflicht gemäß § 42a BDSG auch auf Bundesbehörden.
Schon seit dem 01.09.2009 sind nicht-öffentliche Stellen und Wettbewerbs-unternehmen des Bundes und der Länder dazu verpflichtet, die unrechtmäßige Kenntniserlangung von besonders sensiblen Daten der zuständigen Aufsichtsbehörde zu melden und die Betroffenen darüber in Kenntnis zu setzen. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hatte schon 2008 auf die Notwendigkeit von Informationspflichten für öffentliche Stellen bei Datenschutzverstößen hingewiesen. In diesem Frühjahr wurde eine entsprechende Regelung in das Berliner Datenschutzgesetz aufgenommen. “Der Bund sollte diesem guten Beispiel folgen”, forderte Schaar.
12. Juli 2011
Zehn große Medienverbände fordern in einem gemeinsamen Dokument (“Vorschläge der Rechteinhaber im Rahmen des Wirtschaftsdialogs für mehr Kooperation bei der Bekämpfung der Internetpiraterie im BMWi”), Vorratsdaten auch zur Ahndung von Internetpiraterie und Urheberrechtsverstößen verwenden zu dürfen. Es solle eine zeitlich ausreichende gesetzliche Speicherverpflichtung der Internetzugangsanbieter hinsichtlich der für die Beauskunftung von Inhabern bestimmter IP-Adressen erforderlichen Daten im Telekommunikationsgesetz aufgenommen werden. Daneben müsse dort aufgenommen werden, dass diese Daten zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums verwendet werden dürften. Das Bundesverfassungsgericht gibt indes einen restriktiven Einsatzrahmen der Vorratsdatenspeicherung vor und fordert für die Verwendung von Vorratsdaten den konkreten Verdacht einer schweren Straftat.
Markus Beckedahl, der Vorsitzende des Vereins Digitale Gesellschaft e. V., bezeichnete das Dokument in einer Presseerklärung als “Wunschzettel der Rechteverwertungswirtschaft”, welches die “Kriminalisierung von Nutzern” beabsichtige. Nach seiner Auffassung ignoriere die Branche, dass der verständliche Wunsch, Geld zu verdienen, hinter anderen Grundrechten wie dem Informationsgeheimnis und dem Datenschutz zurücktreten müsse.
8. Juli 2011
Einstimmig ist ein Gesetzesentwurf zur Änderung des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen verabschiedet worden, der die Einräumung vollständiger Unabhängigkeit des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vorsieht. Jegliche Aufsicht in Form von Fach- und Rechtsaufsicht soll im Rahmen der Datenschutzaufsicht im nicht-öffentlichen Bereich wegfallen. Außerdem verselbständigt sich der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit von dem Ministerium für Inneres und Kommunales als neue Landesbehörde und gewinnt damit die volle Verantwortung für seine Beschäftigte.
2. Juli 2011
Gordon Frazer, Managing Director bei Microsoft UK, räumte zum Start des Online-Office-Dienstes Office 365 ein, dass US-Behörden auch dann Zugriff auf Daten gewährt werden müsste, wenn diese physikalisch auf europäischen Servern gespeichert sind.
Auf Grundlage des USA Patriot Acts ist ein solcher Zugriff dann nicht auszuschließen, wenn eine Firma ihren Hauptsitz in den USA hat oder alle Anteile von einer US-Mutterfirma gehalten werden. Neben Microsoft sind auch sonstige Internetgrößen wie Amazon, Apple und Google betroffen. Dies wird auch durch die Aussage Frazers, dass weder Microsoft noch andere Firmen die Garantie geben könnten (, dass den US-Behörden kein Zugriff auf die Daten gewährt wird), deutlich.
Nach Möglichkeit würden die Kunden aber von einem solchen Zugriff unterrichtet. Die Einschränkung “nach Möglichkeit” ist notwendig, da bestimmte US-Behörden wie das FBI einen National Security Letter erlassen können, welcher es den betroffenen Stellen verbietet, Informationen über die Anfrage weiterzugeben (sogenannte Gag order).
Insgesamt wurde damit zum ersten Mal eine solche Zugriffsmöglichkeit explizit bestätigt. Unternehmen, die den rechtlichen Anforderungen des Datenschutzes beim Cloud-Computing Genüge tun wollen, kann somit vorerst nur geraten werden, ihre Daten einem europäischen Anbieter anzuvertrauen. (se)
30. Juni 2011
Das Landgericht Berlin hat beschlossen (LG Berlin, Beschl. V. 12.06.2011, Az.: 27 O 335/11), dass Google als Betreiber der Blogging-Plattform Blogger.com ab Kenntnis als Mitstörer haftet, wenn rechtswidrige Blog-Einträge Dritter nicht gelöscht oder gesperrt werden.
Ein Dritter richtete auf der Plattform Blogger.com ein Blog ein und veröffentlichte dort ehrverletzende und unwahre Äußerungen über den Kläger. Nachdem Google trotz Abmahnung des Klägers untätig blieb, ersuchte dieser gerichtliche Hilfe und erwirkte eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung der angegriffenen Äußerungen gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. §§ 185 ff. StGB, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.
29. Juni 2011
Die indische Regierung plant ein neues Gesetz, das erhebliche Sanktionen, darunter die Rücknahme von Lizenzen von Telekommunikationsanbietern, für illegales Abhören von Telefongesprächen und der Veröffentlichung entsprechender Gesprächsinhalte.
Der Gesetzesentwurf (Right to Privacy Bill) sieht ebenso vor, dass eine Behörde (Data Protection Authority of India, DPAI) die Einhaltung der Datenschutzvorschriften überwachen, Beschwerden über mutmaßliche Verletzungen von Datenschutzvorschriften entgegennehmen und in diesen Fällen ermitteln soll.
Während illegale Spionage oder das Abfangen von Informationen zu einer Gefängnisstrafe bis zu fünf Jahren und Geldstrafe von 100.000 INR (ca. 1.550 €) führen soll, sollen Personen, die bei der Verbreitung so erlangter Kommunikationsinhalte oder anderer persönlicher Informationen mitwirken mit einer Gefängnisstrafe bis zu drei Jahren und einer Geldstrafe bis zu 50.000 INR (ca. 770 €) bestraft werden können.
Das Gesetz soll auch die staatlichen Bediensteten nicht ausnehmen. Wird eine Gesetzesverletzung durch ein Ministerium begangen, so soll der Behördenleiter bestraft und haftbar gemacht werden können, außer er beweist, dass der Verstoß ohne sein Wissen erfolgte oder er alle erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen befolgt hat um eine solchen Tat zu verhindern.
Nachdem Indien den Datenschutz sehr lange Zeit kaum beachtet hat, ist festzustellen, dass sich das Datenschutzbewusstsein dort erheblich verstärkt hat und in letzter Zeit vergleichsweise viele Maßnahmen erfolgten oder zumindest diskutiert wurden.
Nach sechsmonatiger Laufzeit zieht die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) erste positive Zwischenbilanz zum anonymisierten Bewerbungsverfahren. Alle im Modellprojekt angewandten Methoden – die Nutzung eines standardisierten Bewerbungsformulars zum Download sowie als Online-Maske, das Blindschalten besonders sensibler Daten durch ein Online-System und das Übertragen von Bewerberdaten in eine Tabelle mit anschließendem Schwärzen – führten danach zu Neueinstellungen. Insgesamt waren 111 anonyme Bewerbungen von den rund 4.000 Bewerbungen, die während der Testphase bei den beteiligten fünf Unternehmen und drei öffentlichen Arbeitgebern zugegangen sind, erfolgreich.
Außerdem habe man von den Personalabteilungen positive Rückmeldungen erhalten. Das Fehlen des Namens, des Geschlechts, der Nationalität, des Geburtsorts, einer etwaigen Behinderung, des Geburtsdatums und des Familienstands im Rahmen des Bewerbungsverfahren habe zu keinen Problemen geführt, sondern vielmehr zu einer begrüßenswerten Fokussierung auf die Qualifikation. Auch Befragungen der beteiligten Bewerber ergaben, dass 45,3 % das anonyme Bewerbungsverfahren gegenüber dem herkömmlichen Bewerbungsverfahren bevorzugen.
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